Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Gedancken. Wie lebhaft, angenehm und niedlich Jst das Gewühl der Hüner! wie verschiedlich Jst ihre Farb' und Form! wie fröhlich ihr Geschrey! Wie ämsig all ihr Thun! wie kräfftig wohnt der Hahn Bald der, bald jener Hennen bey! Jst er nicht gleichsam angethan Mit einem Helm, mit Spornen an den Beinen? Wie muthig sträubt er sich, wann etwan ein Compan Mit seiner Weiber Schaar sich suchet zu vereinen! Da er die Flügel schlägt, und sich zum Kampfe rüstet. Die Welschen Hüner ebenfalls Sind schön, sind trefflich schön. Man seh' den Hals Vom Welschen Hahn nur an, wann er erhitzt sich brüstet. Wie feurig ist das roth, wie ist sein Kropf so bläulich, Wie ist sein Zorn, der in den Augen flammt, Zugleich so lächerlich und gräulich! Die Federn sind, als wie ein schwartzer Sammt, An welchem wir ein Weiß an allen Ecken, Als wären sie mit Silber eingefasst, Nicht ohn' Verwunderung entdecken. Wie artig ist das schnatternde Gethön Der Gäns' und Enten anzuhören, Und ihre Bildung anzusehn! Die uns nicht ohn Erbauung lehren, Wie alle Glieder sonderbar, Um sich nach ihrer Art zu nähren, Vom Schöpfer weislich zugericht. Nicht minder giebt der muntern Tauben Schaar, Wenn sie bald gehen, und bald fliegen, So
Gedancken. Wie lebhaft, angenehm und niedlich Jſt das Gewuͤhl der Huͤner! wie verſchiedlich Jſt ihre Farb’ und Form! wie froͤhlich ihr Geſchrey! Wie aͤmſig all ihr Thun! wie kraͤfftig wohnt der Hahn Bald der, bald jener Hennen bey! Jſt er nicht gleichſam angethan Mit einem Helm, mit Spornen an den Beinen? Wie muthig ſtraͤubt er ſich, wann etwan ein Compan Mit ſeiner Weiber Schaar ſich ſuchet zu vereinen! Da er die Fluͤgel ſchlaͤgt, und ſich zum Kampfe ruͤſtet. Die Welſchen Huͤner ebenfalls Sind ſchoͤn, ſind trefflich ſchoͤn. Man ſeh’ den Hals Vom Welſchen Hahn nur an, wann er erhitzt ſich bruͤſtet. Wie feurig iſt das roth, wie iſt ſein Kropf ſo blaͤulich, Wie iſt ſein Zorn, der in den Augen flammt, Zugleich ſo laͤcherlich und graͤulich! Die Federn ſind, als wie ein ſchwartzer Sammt, An welchem wir ein Weiß an allen Ecken, Als waͤren ſie mit Silber eingefaſſt, Nicht ohn’ Verwunderung entdecken. Wie artig iſt das ſchnatternde Gethoͤn Der Gaͤnſ’ und Enten anzuhoͤren, Und ihre Bildung anzuſehn! Die uns nicht ohn Erbauung lehren, Wie alle Glieder ſonderbar, Um ſich nach ihrer Art zu naͤhren, Vom Schoͤpfer weislich zugericht. Nicht minder giebt der muntern Tauben Schaar, Wenn ſie bald gehen, und bald fliegen, So
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Gedancken.
Wie lebhaft, angenehm und niedlich
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Jſt ihre Farb’ und Form! wie froͤhlich ihr Geſchrey!
Wie aͤmſig all ihr Thun! wie kraͤfftig wohnt der Hahn
Bald der, bald jener Hennen bey!
Jſt er nicht gleichſam angethan
Mit einem Helm, mit Spornen an den Beinen?
Wie muthig ſtraͤubt er ſich, wann etwan ein Compan
Mit ſeiner Weiber Schaar ſich ſuchet zu vereinen!
Da er die Fluͤgel ſchlaͤgt, und ſich zum Kampfe ruͤſtet.
Die Welſchen Huͤner ebenfalls
Sind ſchoͤn, ſind trefflich ſchoͤn. Man ſeh’ den Hals
Vom Welſchen Hahn nur an, wann er erhitzt ſich bruͤſtet.
Wie feurig iſt das roth, wie iſt ſein Kropf ſo blaͤulich,
Wie iſt ſein Zorn, der in den Augen flammt,
Zugleich ſo laͤcherlich und graͤulich!
Die Federn ſind, als wie ein ſchwartzer Sammt,
An welchem wir ein Weiß an allen Ecken,
Als waͤren ſie mit Silber eingefaſſt,
Nicht ohn’ Verwunderung entdecken.
Wie artig iſt das ſchnatternde Gethoͤn
Der Gaͤnſ’ und Enten anzuhoͤren,
Und ihre Bildung anzuſehn!
Die uns nicht ohn Erbauung lehren,
Wie alle Glieder ſonderbar,
Um ſich nach ihrer Art zu naͤhren,
Vom Schoͤpfer weislich zugericht.
Nicht minder giebt der muntern Tauben Schaar,
Wenn ſie bald gehen, und bald fliegen,
So
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