Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.des Blanckenburgischen Marmors. "Bey einem frohen Feur, befreit vom Neid und zancken."Bald schreibt mein reger Kiel, "Bald sing' ich, bald erklingt mein Saiten-Spiel. "Und, wenn, voll Ehr-Suchts-Dunst, sich schleichende Ge- dancken "Von neuen etwan meine Sinnen "Zu füllen unterstehn; treibt die Erinnerung, "Die mich zur Vorsicht bringt, dieselben schnell von hin- nen. "Pracht, Hoheit, Titel, Geld, Ruhm, Reichthum, Ehre, Würde! "Was seid ihr eigentlich? "Daß eurentwegen sich "Die Menschen so zerfoltern? Eine Bürde, "Die, ohn Ergetzen, drückt; ein überzuckert Gifft, "Ein' unbeständge Lust, ein daurhaft Unvergnügen. "Jch fieng auch ehmahls an vermessentlich, "Wie Jcarns, empor zu fliegen. "Jetzt aber sitz ich hier, und lache mich, "Sammt meiner Thorheit aus." Ja, fieng Silvander an, Beraldo, du hast recht: wie wol hast du gedacht! Wie glücklich ist, der es so weit gebracht! Wie glücklich ist, der also dencken kann! Er fand darauf annoch an einem andern Orte, Auf einem Zettul, diese Worte: "Der Hof ist wie ein Bau von Marmor aufgeführt; "Da viele Höflinge sehr hart, doch sehr polirt. Er lachte, Wie er auf die Vergleichung dachte. Drauf
des Blanckenburgiſchen Marmors. „Bey einem frohen Feur, befreit vom Neid und zancken.„Bald ſchreibt mein reger Kiel, „Bald ſing’ ich, bald erklingt mein Saiten-Spiel. „Und, wenn, voll Ehr-Suchts-Dunſt, ſich ſchleichende Ge- dancken „Von neuen etwan meine Sinnen „Zu fuͤllen unterſtehn; treibt die Erinnerung, „Die mich zur Vorſicht bringt, dieſelben ſchnell von hin- nen. „Pracht, Hoheit, Titel, Geld, Ruhm, Reichthum, Ehre, Wuͤrde! „Was ſeid ihr eigentlich? „Daß eurentwegen ſich „Die Menſchen ſo zerfoltern? Eine Buͤrde, „Die, ohn Ergetzen, druͤckt; ein uͤberzuckert Gifft, „Ein’ unbeſtaͤndge Luſt, ein daurhaft Unvergnuͤgen. „Jch fieng auch ehmahls an vermeſſentlich, „Wie Jcarns, empor zu fliegen. „Jetzt aber ſitz ich hier, und lache mich, „Sam̄t meiner Thorheit aus.„ Ja, fieng Silvander an, Beraldo, du haſt recht: wie wol haſt du gedacht! Wie gluͤcklich iſt, der es ſo weit gebracht! Wie gluͤcklich iſt, der alſo dencken kann! Er fand darauf annoch an einem andern Orte, Auf einem Zettul, dieſe Worte: „Der Hof iſt wie ein Bau von Marmor aufgefuͤhrt; „Da viele Hoͤflinge ſehr hart, doch ſehr polirt. Er lachte, Wie er auf die Vergleichung dachte. Drauf
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des Blanckenburgiſchen Marmors.
„Bey einem frohen Feur, befreit vom Neid und zancken.
„Bald ſchreibt mein reger Kiel,
„Bald ſing’ ich, bald erklingt mein Saiten-Spiel.
„Und, wenn, voll Ehr-Suchts-Dunſt, ſich ſchleichende Ge-
dancken
„Von neuen etwan meine Sinnen
„Zu fuͤllen unterſtehn; treibt die Erinnerung,
„Die mich zur Vorſicht bringt, dieſelben ſchnell von hin-
nen.
„Pracht, Hoheit, Titel, Geld, Ruhm, Reichthum, Ehre,
Wuͤrde!
„Was ſeid ihr eigentlich?
„Daß eurentwegen ſich
„Die Menſchen ſo zerfoltern? Eine Buͤrde,
„Die, ohn Ergetzen, druͤckt; ein uͤberzuckert Gifft,
„Ein’ unbeſtaͤndge Luſt, ein daurhaft Unvergnuͤgen.
„Jch fieng auch ehmahls an vermeſſentlich,
„Wie Jcarns, empor zu fliegen.
„Jetzt aber ſitz ich hier, und lache mich,
„Sam̄t meiner Thorheit aus.„ Ja, fieng Silvander
an,
Beraldo, du haſt recht: wie wol haſt du gedacht!
Wie gluͤcklich iſt, der es ſo weit gebracht!
Wie gluͤcklich iſt, der alſo dencken kann!
Er fand darauf annoch an einem andern Orte,
Auf einem Zettul, dieſe Worte:
„Der Hof iſt wie ein Bau von Marmor aufgefuͤhrt;
„Da viele Hoͤflinge ſehr hart, doch ſehr polirt.
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