Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Der Lammes-Kopf. So scheint es billig, auch zu glauben, daß das, so die Naturformirt, So künstlich webt, so fleißig füget, so nett verschränckt, so herrlich ziert, Nicht sonder Witz, Verstand und dencken, ohn' Arbeit, Fleiß und uberlegen, Nur bloß von ungefehr geschehe. Ach nein! Die Vollen- kommenheit Der Cörper die der Menschen Arbeit, an Ordnung, Masse, Zierlichkeit Und Kunst, bey weitem übersteigt, erweiset, wenn wirs wol erwegen, Daß es nicht ungereimt zu dencken: Der Schöpfer hab' aus vielen Geistern, Die er in solcher Meng' erschaffen, verschiedene zu Bildungs- Meistern Allein erschaffen und geordnet; als daß man wollt' ein Un- gefehr, Das blind im Samen wircket, glauben, und nicht was wei- sers zugestehn. Mir kommt es wenigstens so vor, es stimme mit des Schöpfers Ehre Am allerbesten überein, wenn alles, was wir künstlichs sehn, Auch durch vernünftige Geschöpfe vernünftig zugerichtet wäre. Denn sollt' ein schönes Marmor-Bild, das lange doch so künstlich nicht, Wol von sich selbst entstehen können, wofern es nicht durch Menschen-Hand Und, üm noch deutlicher zu reden, durch Menschen Kunst und durch Verstand Nach Mass' und Schnur gehauen wäre, und nach der Regel zugericht? Jch
Der Lammes-Kopf. So ſcheint es billig, auch zu glauben, daß das, ſo die Naturformirt, So kuͤnſtlich webt, ſo fleißig fuͤget, ſo nett verſchraͤnckt, ſo herrlich ziert, Nicht ſonder Witz, Verſtand und dencken, ohn’ Arbeit, Fleiß und uberlegen, Nur bloß von ungefehr geſchehe. Ach nein! Die Vollen- kommenheit Der Coͤrper die der Menſchen Arbeit, an Ordnung, Maſſe, Zierlichkeit Und Kunſt, bey weitem uͤberſteigt, erweiſet, wenn wirs wol erwegen, Daß es nicht ungereimt zu dencken: Der Schoͤpfer hab’ aus vielen Geiſtern, Die er in ſolcher Meng’ erſchaffen, verſchiedene zu Bildungs- Meiſtern Allein erſchaffen und geordnet; als daß man wollt’ ein Un- gefehr, Das blind im Samen wircket, glauben, und nicht was wei- ſers zugeſtehn. Mir kommt es wenigſtens ſo vor, es ſtimme mit des Schoͤpfers Ehre Am allerbeſten uͤberein, wenn alles, was wir kuͤnſtlichs ſehn, Auch durch vernuͤnftige Geſchoͤpfe vernuͤnftig zugerichtet waͤre. Denn ſollt’ ein ſchoͤnes Marmor-Bild, das lange doch ſo kuͤnſtlich nicht, Wol von ſich ſelbſt entſtehen koͤnnen, wofern es nicht durch Menſchen-Hand Und, uͤm noch deutlicher zu reden, durch Menſchen Kunſt und durch Verſtand Nach Maſſ’ und Schnur gehauen waͤre, und nach der Regel zugericht? Jch
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Der Lammes-Kopf.
So ſcheint es billig, auch zu glauben, daß das, ſo die Natur
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So kuͤnſtlich webt, ſo fleißig fuͤget, ſo nett verſchraͤnckt, ſo
herrlich ziert,
Nicht ſonder Witz, Verſtand und dencken, ohn’ Arbeit, Fleiß
und uberlegen,
Nur bloß von ungefehr geſchehe. Ach nein! Die Vollen-
kommenheit
Der Coͤrper die der Menſchen Arbeit, an Ordnung, Maſſe,
Zierlichkeit
Und Kunſt, bey weitem uͤberſteigt, erweiſet, wenn wirs wol
erwegen,
Daß es nicht ungereimt zu dencken: Der Schoͤpfer hab’ aus
vielen Geiſtern,
Die er in ſolcher Meng’ erſchaffen, verſchiedene zu Bildungs-
Meiſtern
Allein erſchaffen und geordnet; als daß man wollt’ ein Un-
gefehr,
Das blind im Samen wircket, glauben, und nicht was wei-
ſers zugeſtehn.
Mir kommt es wenigſtens ſo vor, es ſtimme mit des
Schoͤpfers Ehre
Am allerbeſten uͤberein, wenn alles, was wir kuͤnſtlichs ſehn,
Auch durch vernuͤnftige Geſchoͤpfe vernuͤnftig zugerichtet
waͤre.
Denn ſollt’ ein ſchoͤnes Marmor-Bild, das lange doch ſo
kuͤnſtlich nicht,
Wol von ſich ſelbſt entſtehen koͤnnen, wofern es nicht durch
Menſchen-Hand
Und, uͤm noch deutlicher zu reden, durch Menſchen Kunſt und
durch Verſtand
Nach Maſſ’ und Schnur gehauen waͤre, und nach der Regel
zugericht?
Jch
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