Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Trost in Traurigkeit.
Trost in Traurigkeit.
Jst etwan euer Geist beschweret und betrübet;
So nehmet diesen Raht von einem an,
Der aus Erfahrung sprechen kann,
Daß er in Wiedrigkeit besondre Lindrung giebet.
Schliesst ein paar Augenblick die Augen-Lieder zu.
Durch die Veränderung wird das Gemüth,
Ob es sich gleich nicht gantz der Traurigkeit entzieht,
Jn welcher es zu tieff versencket,
Doch etwas von dem Weg der Schwermuth abgelencket,
Und kommt aufs wenigste zum Anfang einer Ruh.
Hebt dann mit Langsamkeit die Augen wieder auf;
So werden, sonderlich bey hellem Sonnen-Schein,
Die Vorwürff der bestrahlten Erden
(Die wir, wie herrlich sie gleich waren, und wie schön,

Doch, durch den Mißbrauch unsrer Sinnen,
Und durch Gewohnheit blind, vorhin nicht angesehn)
Uns recht zu Freuden-Quellen werden:
Da sie, indem sie uns durchs Aug' ins Hertze dringen,
Zugleich ein lieblichs Gnaden-Bild
Von dem, der sie gemacht, der alle Ding erfüllt,
Von ihrem Schöpfer, mit sich bringen.
Dieß kann nun ohne Trost und Freude nicht geschehn,
Weil die Erinnerung, den Schöpfer nah zu sehn,
Uns
Troſt in Traurigkeit.
Troſt in Traurigkeit.
Jſt etwan euer Geiſt beſchweret und betruͤbet;
So nehmet dieſen Raht von einem an,
Der aus Erfahrung ſprechen kann,
Daß er in Wiedrigkeit beſondre Lindrung giebet.
Schlieſſt ein paar Augenblick die Augen-Lieder zu.
Durch die Veraͤnderung wird das Gemuͤth,
Ob es ſich gleich nicht gantz der Traurigkeit entzieht,
Jn welcher es zu tieff verſencket,
Doch etwas von dem Weg der Schwermuth abgelencket,
Und kommt aufs wenigſte zum Anfang einer Ruh.
Hebt dann mit Langſamkeit die Augen wieder auf;
So werden, ſonderlich bey hellem Sonnen-Schein,
Die Vorwuͤrff der beſtrahlten Erden
(Die wir, wie herrlich ſie gleich waren, und wie ſchoͤn,

Doch, durch den Mißbrauch unſrer Sinnen,
Und durch Gewohnheit blind, vorhin nicht angeſehn)
Uns recht zu Freuden-Quellen werden:
Da ſie, indem ſie uns durchs Aug’ ins Hertze dringen,
Zugleich ein lieblichs Gnaden-Bild
Von dem, der ſie gemacht, der alle Ding erfuͤllt,
Von ihrem Schoͤpfer, mit ſich bringen.
Dieß kann nun ohne Troſt und Freude nicht geſchehn,
Weil die Erinnerung, den Schoͤpfer nah zu ſehn,
Uns
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0367" n="335"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Tro&#x017F;t in Traurigkeit.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Tro&#x017F;t in Traurigkeit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>&#x017F;t etwan euer Gei&#x017F;t be&#x017F;chweret und betru&#x0364;bet;</l><lb/>
              <l>So nehmet die&#x017F;en Raht von einem an,</l><lb/>
              <l>Der aus Erfahrung &#x017F;prechen kann,</l><lb/>
              <l>Daß er in Wiedrigkeit be&#x017F;ondre Lindrung giebet.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Schlie&#x017F;&#x017F;t ein paar Augenblick die Augen-Lieder zu.</l><lb/>
              <l>Durch die <hi rendition="#fr">Vera&#x0364;nderung</hi> wird das Gemu&#x0364;th,</l><lb/>
              <l>Ob es &#x017F;ich gleich nicht gantz der Traurigkeit entzieht,</l><lb/>
              <l>Jn welcher es zu tieff ver&#x017F;encket,</l><lb/>
              <l>Doch etwas von dem Weg der Schwermuth abgelencket,</l><lb/>
              <l>Und kommt aufs wenig&#x017F;te zum Anfang einer Ruh.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Hebt dann mit Lang&#x017F;amkeit die Augen wieder auf;</l><lb/>
              <l>So werden, &#x017F;onderlich bey hellem Sonnen-Schein,</l><lb/>
              <l>Die Vorwu&#x0364;rff der be&#x017F;trahlten Erden<lb/>
(Die wir, wie herrlich &#x017F;ie gleich waren, und wie &#x017F;cho&#x0364;n,</l><lb/>
              <l>Doch, durch den Mißbrauch un&#x017F;rer Sinnen,</l><lb/>
              <l>Und durch Gewohnheit blind, vorhin nicht ange&#x017F;ehn)</l><lb/>
              <l>Uns recht zu Freuden-Quellen werden:</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;ie, indem &#x017F;ie uns durchs Aug&#x2019; ins Hertze dringen,</l><lb/>
              <l>Zugleich ein lieblichs Gnaden-Bild</l><lb/>
              <l>Von dem, der &#x017F;ie gemacht, der alle Ding erfu&#x0364;llt,</l><lb/>
              <l>Von ihrem Scho&#x0364;pfer, mit &#x017F;ich bringen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Dieß kann nun ohne Tro&#x017F;t und Freude nicht ge&#x017F;chehn,</l><lb/>
              <l>Weil die Erinnerung, den Scho&#x0364;pfer nah zu &#x017F;ehn,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Uns</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0367] Troſt in Traurigkeit. Troſt in Traurigkeit. Jſt etwan euer Geiſt beſchweret und betruͤbet; So nehmet dieſen Raht von einem an, Der aus Erfahrung ſprechen kann, Daß er in Wiedrigkeit beſondre Lindrung giebet. Schlieſſt ein paar Augenblick die Augen-Lieder zu. Durch die Veraͤnderung wird das Gemuͤth, Ob es ſich gleich nicht gantz der Traurigkeit entzieht, Jn welcher es zu tieff verſencket, Doch etwas von dem Weg der Schwermuth abgelencket, Und kommt aufs wenigſte zum Anfang einer Ruh. Hebt dann mit Langſamkeit die Augen wieder auf; So werden, ſonderlich bey hellem Sonnen-Schein, Die Vorwuͤrff der beſtrahlten Erden (Die wir, wie herrlich ſie gleich waren, und wie ſchoͤn, Doch, durch den Mißbrauch unſrer Sinnen, Und durch Gewohnheit blind, vorhin nicht angeſehn) Uns recht zu Freuden-Quellen werden: Da ſie, indem ſie uns durchs Aug’ ins Hertze dringen, Zugleich ein lieblichs Gnaden-Bild Von dem, der ſie gemacht, der alle Ding erfuͤllt, Von ihrem Schoͤpfer, mit ſich bringen. Dieß kann nun ohne Troſt und Freude nicht geſchehn, Weil die Erinnerung, den Schoͤpfer nah zu ſehn, Uns

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/367
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/367>, abgerufen am 22.11.2024.