Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

des Tockayer-Weins.
Diesen meinen feuchten Schatz. Wie, nach einer dürren
Zeit,

Wenn ein lau- und sanfter Regen das versengte Gras er-
quicket,

Sich so Schaaf als Hirten freuen; Also ward Beraldo
Seele,

Durch des grossen Günthers Beyfall seiner Lieder, fast
entzücket:

Folgt' auch gleich Duranders Schritten mit besondrer
Munterkeit,

Weniger aus Neu-Begier, oder seinen Durst zu stillen,
Als des grossen Hirten Wollen desto schneller zu erfüllen,
Seiner Schuldigkeit gemäß, ob es ihm gleich gar nicht leicht,
Sondern voller Schwierigkeit, und fast ja so schwehr be-
deucht,

Von dem König aller Weine etwas würdigs vorzutragen,
Als vom Auszug aller Fürsten, Günthers Ruhme, gnug zu
sagen.

Unter Weges sahen sie, wie der Hirten muntre Schaar
Hier mit melcken, dort mit scheren ihrer Heerden ämsig war,
Da saß einer, der den Nahmen Phillis, mit verschränckten
Zügen,

Jn ein junges Bäumchen schnitte. Dort satzt' einer einen
Crantz,

Den er alleweil gebunden, mit vereinigtem Vergnügen,
Seiner holden Doris auf. Jener sucht', in einem Tantz,
Stärcke, Fertigkeit und Liebe seiner Silvia zu zeigen,
Welche, gleichfalls leicht von Füssen, Seladon zu fliehen
schien,

Doch nur, üm mit grösserm Eifer Seladon ihr nach zu ziehn.
Celimandern hörten sie flöten; Selimantes geigen.
An
Y 4

des Tockayer-Weins.
Dieſen meinen feuchten Schatz. Wie, nach einer duͤrren
Zeit,

Wenn ein lau- und ſanfter Regen das verſengte Gras er-
quicket,

Sich ſo Schaaf als Hirten freuen; Alſo ward Beraldo
Seele,

Durch des groſſen Guͤnthers Beyfall ſeiner Lieder, faſt
entzuͤcket:

Folgt’ auch gleich Duranders Schritten mit beſondrer
Munterkeit,

Weniger aus Neu-Begier, oder ſeinen Durſt zu ſtillen,
Als des groſſen Hirten Wollen deſto ſchneller zu erfuͤllen,
Seiner Schuldigkeit gemaͤß, ob es ihm gleich gar nicht leicht,
Sondern voller Schwierigkeit, und faſt ja ſo ſchwehr be-
deucht,

Von dem Koͤnig aller Weine etwas wuͤrdigs vorzutragen,
Als vom Auszug aller Fuͤrſten, Guͤnthers Ruhme, gnug zu
ſagen.

Unter Weges ſahen ſie, wie der Hirten muntre Schaar
Hier mit melcken, dort mit ſcheren ihrer Heerden aͤmſig war,
Da ſaß einer, der den Nahmen Phillis, mit verſchraͤnckten
Zuͤgen,

Jn ein junges Baͤumchen ſchnitte. Dort ſatzt’ einer einen
Crantz,

Den er alleweil gebunden, mit vereinigtem Vergnuͤgen,
Seiner holden Doris auf. Jener ſucht’, in einem Tantz,
Staͤrcke, Fertigkeit und Liebe ſeiner Silvia zu zeigen,
Welche, gleichfalls leicht von Fuͤſſen, Seladon zu fliehen
ſchien,

Doch nur, uͤm mit groͤſſerm Eifer Seladon ihr nach zu ziehn.
Celimandern hoͤrten ſie floͤten; Selimantes geigen.
An
Y 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="7">
              <pb facs="#f0375" n="343"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">des Tockayer-Weins.</hi> </fw><lb/>
              <l>Die&#x017F;en meinen feuchten Schatz. Wie, nach einer du&#x0364;rren<lb/><hi rendition="#et">Zeit,</hi></l><lb/>
              <l>Wenn ein lau- und &#x017F;anfter Regen das ver&#x017F;engte Gras er-<lb/><hi rendition="#et">quicket,</hi></l><lb/>
              <l>Sich &#x017F;o Schaaf als Hirten freuen; Al&#x017F;o ward <hi rendition="#fr">Beraldo</hi><lb/><hi rendition="#et">Seele,</hi></l><lb/>
              <l>Durch des gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Gu&#x0364;nthers</hi> Beyfall &#x017F;einer Lieder, fa&#x017F;t<lb/><hi rendition="#et">entzu&#x0364;cket:</hi></l><lb/>
              <l>Folgt&#x2019; auch gleich <hi rendition="#fr">Duranders</hi> Schritten mit be&#x017F;ondrer<lb/><hi rendition="#et">Munterkeit,</hi></l><lb/>
              <l>Weniger aus Neu-Begier, oder &#x017F;einen Dur&#x017F;t zu &#x017F;tillen,</l><lb/>
              <l>Als des gro&#x017F;&#x017F;en Hirten Wollen de&#x017F;to &#x017F;chneller zu erfu&#x0364;llen,</l><lb/>
              <l>Seiner Schuldigkeit gema&#x0364;ß, ob es ihm gleich gar nicht leicht,</l><lb/>
              <l>Sondern voller Schwierigkeit, und fa&#x017F;t ja &#x017F;o &#x017F;chwehr be-<lb/><hi rendition="#et">deucht,</hi></l><lb/>
              <l>Von dem Ko&#x0364;nig aller Weine etwas wu&#x0364;rdigs vorzutragen,</l><lb/>
              <l>Als vom Auszug aller Fu&#x0364;r&#x017F;ten, <hi rendition="#fr">Gu&#x0364;nthers</hi> Ruhme, gnug zu<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;agen.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <lg n="8">
              <l>Unter Weges &#x017F;ahen &#x017F;ie, wie der Hirten muntre Schaar</l><lb/>
              <l>Hier mit melcken, dort mit &#x017F;cheren ihrer Heerden a&#x0364;m&#x017F;ig war,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;aß einer, der den Nahmen Phillis, mit ver&#x017F;chra&#x0364;nckten<lb/><hi rendition="#et">Zu&#x0364;gen,</hi></l><lb/>
              <l>Jn ein junges Ba&#x0364;umchen &#x017F;chnitte. Dort &#x017F;atzt&#x2019; einer einen<lb/><hi rendition="#et">Crantz,</hi></l><lb/>
              <l>Den er alleweil gebunden, mit vereinigtem Vergnu&#x0364;gen,</l><lb/>
              <l>Seiner holden Doris auf. Jener &#x017F;ucht&#x2019;, in einem Tantz,</l><lb/>
              <l>Sta&#x0364;rcke, Fertigkeit und Liebe &#x017F;einer Silvia zu zeigen,</l><lb/>
              <l>Welche, gleichfalls leicht von Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Seladon zu fliehen<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chien,</hi></l><lb/>
              <l>Doch nur, u&#x0364;m mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm Eifer Seladon ihr nach zu ziehn.</l><lb/>
              <l>Celimandern ho&#x0364;rten &#x017F;ie flo&#x0364;ten; Selimantes geigen.</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Y 4</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">An</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0375] des Tockayer-Weins. Dieſen meinen feuchten Schatz. Wie, nach einer duͤrren Zeit, Wenn ein lau- und ſanfter Regen das verſengte Gras er- quicket, Sich ſo Schaaf als Hirten freuen; Alſo ward Beraldo Seele, Durch des groſſen Guͤnthers Beyfall ſeiner Lieder, faſt entzuͤcket: Folgt’ auch gleich Duranders Schritten mit beſondrer Munterkeit, Weniger aus Neu-Begier, oder ſeinen Durſt zu ſtillen, Als des groſſen Hirten Wollen deſto ſchneller zu erfuͤllen, Seiner Schuldigkeit gemaͤß, ob es ihm gleich gar nicht leicht, Sondern voller Schwierigkeit, und faſt ja ſo ſchwehr be- deucht, Von dem Koͤnig aller Weine etwas wuͤrdigs vorzutragen, Als vom Auszug aller Fuͤrſten, Guͤnthers Ruhme, gnug zu ſagen. Unter Weges ſahen ſie, wie der Hirten muntre Schaar Hier mit melcken, dort mit ſcheren ihrer Heerden aͤmſig war, Da ſaß einer, der den Nahmen Phillis, mit verſchraͤnckten Zuͤgen, Jn ein junges Baͤumchen ſchnitte. Dort ſatzt’ einer einen Crantz, Den er alleweil gebunden, mit vereinigtem Vergnuͤgen, Seiner holden Doris auf. Jener ſucht’, in einem Tantz, Staͤrcke, Fertigkeit und Liebe ſeiner Silvia zu zeigen, Welche, gleichfalls leicht von Fuͤſſen, Seladon zu fliehen ſchien, Doch nur, uͤm mit groͤſſerm Eifer Seladon ihr nach zu ziehn. Celimandern hoͤrten ſie floͤten; Selimantes geigen. An Y 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/375
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/375>, abgerufen am 22.11.2024.