Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Noch andere Herbst-Gedancken. Noch andere Herbst-Gedancken. Es kühlete nunmehr der Herbst die Tage schon, Als ich, zur Abend-Zeit, im Garten hin und her Jm hellen Mond-Schein gieng; da ich von ungefehr Den Glantz der herrlichsten Jllumination, Die ie ein Mensch gesehn, erblickt. Jch sah zuerst von meinem Zimmer, Die Fenster angestrahlt und herrlich ausgeschmückt. Der mehr als Silber-weisse Schimmer Vom vollen Mond, der funckelnd rückwärts fiel, War meiner frohen Augen Ziel. Absonderlich, da bey so heiterm Wetter, Durch einen Wein-Stock, dessen Blätter Die Scheiben fast bedecket hatten, Das Licht noch eins so hell, durch untermischte Schatten, Gläntzt, blitzt' und funckelte. Wie ich nun also stand, Und diesen reinen Glantz recht Wunder-würdig fand; Setzt' iemand ungefehr ein brennend Licht Jm Zimmer vor das Fenster nieder. O welch ein Wunder-Glantz traff meiner Augen Lieder, Und fiel nicht nur in mein Gesicht, Fiel in die Seele selbst hinein! Des hellen Lichts fast güldner Schein Drang in das bunte Laub der Neben, Das, durch den kühlen Herbst, und fenchte Wittrung, eben Sein bis daher so lieblich Grün, So gelb als Gold, so roth, als ein Rubin, Ge- Z 4
Noch andere Herbſt-Gedancken. Noch andere Herbſt-Gedancken. Es kuͤhlete nunmehr der Herbſt die Tage ſchon, Als ich, zur Abend-Zeit, im Garten hin und her Jm hellen Mond-Schein gieng; da ich von ungefehr Den Glantz der herrlichſten Jllumination, Die ie ein Menſch geſehn, erblickt. Jch ſah zuerſt von meinem Zimmer, Die Fenſter angeſtrahlt und herrlich ausgeſchmuͤckt. Der mehr als Silber-weiſſe Schimmer Vom vollen Mond, der funckelnd ruͤckwaͤrts fiel, War meiner frohen Augen Ziel. Abſonderlich, da bey ſo heiterm Wetter, Durch einen Wein-Stock, deſſen Blaͤtter Die Scheiben faſt bedecket hatten, Das Licht noch eins ſo hell, durch untermiſchte Schatten, Glaͤntzt, blitzt’ und funckelte. Wie ich nun alſo ſtand, Und dieſen reinen Glantz recht Wunder-wuͤrdig fand; Setzt’ iemand ungefehr ein brennend Licht Jm Zimmer vor das Fenſter nieder. O welch ein Wunder-Glantz traff meiner Augen Lieder, Und fiel nicht nur in mein Geſicht, Fiel in die Seele ſelbſt hinein! Des hellen Lichts faſt guͤldner Schein Drang in das bunte Laub der Neben, Das, durch den kuͤhlen Herbſt, und fenchte Wittrung, eben Sein bis daher ſo lieblich Gruͤn, So gelb als Gold, ſo roth, als ein Rubin, Ge- Z 4
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Noch andere Herbſt-Gedancken.
Noch andere Herbſt-Gedancken.
Es kuͤhlete nunmehr der Herbſt die Tage ſchon,
Als ich, zur Abend-Zeit, im Garten hin und her
Jm hellen Mond-Schein gieng; da ich von ungefehr
Den Glantz der herrlichſten Jllumination,
Die ie ein Menſch geſehn, erblickt.
Jch ſah zuerſt von meinem Zimmer,
Die Fenſter angeſtrahlt und herrlich ausgeſchmuͤckt.
Der mehr als Silber-weiſſe Schimmer
Vom vollen Mond, der funckelnd ruͤckwaͤrts fiel,
War meiner frohen Augen Ziel.
Abſonderlich, da bey ſo heiterm Wetter,
Durch einen Wein-Stock, deſſen Blaͤtter
Die Scheiben faſt bedecket hatten,
Das Licht noch eins ſo hell, durch untermiſchte Schatten,
Glaͤntzt, blitzt’ und funckelte. Wie ich nun alſo ſtand,
Und dieſen reinen Glantz recht Wunder-wuͤrdig fand;
Setzt’ iemand ungefehr ein brennend Licht
Jm Zimmer vor das Fenſter nieder.
O welch ein Wunder-Glantz traff meiner Augen Lieder,
Und fiel nicht nur in mein Geſicht,
Fiel in die Seele ſelbſt hinein!
Des hellen Lichts faſt guͤldner Schein
Drang in das bunte Laub der Neben,
Das, durch den kuͤhlen Herbſt, und fenchte Wittrung, eben
Sein bis daher ſo lieblich Gruͤn,
So gelb als Gold, ſo roth, als ein Rubin,
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