War, nebst dem grünen Laub, auch Wunder-schön Die Pracht von Lilien-Convallien zu sehn. Jch stutzt', als ich daselbst auf einem Grunde Von Schnee und Eis, der Bluhmen bunte Pracht, Trotz scharffer Kälte strenger Macht, So gar durch ihren Feind annoch erhoben, funde: Und ich zugleich den Winter und den Lentzen, Jn fast nicht unterschiednen Grentzen, Jn weiss-und buntem Schimmer gläntzen, Und gleichsam auf einmahl zugleich durch Africa, Zumahl es eben an-zu schneyen fieng, Und ein schnell Flocken-Heer wild durch einander gieng; Jn Rova Zembla sah.
Hiedurch ward ich, wie billig, sehr gerührt. Und, wie uns das Geschöpf mit Recht zum Schöpfer leitet, Zum grossen Schöpfer auch geführet.
Jch wandte mich zu Dem, der alles zubereitet, Und stellte mir, Bey diesem, Lentz und Frost vereinenden, Gesicht, Sein Wesen, welches nirgend nicht, Jn der Allgegenwart, mir für.
O unümschräncktes All! rieff ich, von Ehr-Furcht heiß, Vor dessen Angesicht sich auf der Welt So Süd-Lands Glut, als Nordens Eis, Beständig gegenwärtig stellt! Der, wie das Feld sich hier mit Schnee beziehet, Ein anders dort in schwülen Strahlen glühet,
Wie
Bluhmen im Winter.
War, nebſt dem gruͤnen Laub, auch Wunder-ſchoͤn Die Pracht von Lilien-Convallien zu ſehn. Jch ſtutzt’, als ich daſelbſt auf einem Grunde Von Schnee und Eis, der Bluhmen bunte Pracht, Trotz ſcharffer Kaͤlte ſtrenger Macht, So gar durch ihren Feind annoch erhoben, funde: Und ich zugleich den Winter und den Lentzen, Jn faſt nicht unterſchiednen Grentzen, Jn weiſſ-und buntem Schimmer glaͤntzen, Und gleichſam auf einmahl zugleich durch Africa, Zumahl es eben an-zu ſchneyen fieng, Und ein ſchnell Flocken-Heer wild durch einander gieng; Jn Rova Zembla ſah.
Hiedurch ward ich, wie billig, ſehr geruͤhrt. Und, wie uns das Geſchoͤpf mit Recht zum Schoͤpfer leitet, Zum groſſen Schoͤpfer auch gefuͤhret.
Jch wandte mich zu Dem, der alles zubereitet, Und ſtellte mir, Bey dieſem, Lentz und Froſt vereinenden, Geſicht, Sein Weſen, welches nirgend nicht, Jn der Allgegenwart, mir fuͤr.
O unuͤmſchraͤncktes All! rieff ich, von Ehr-Furcht heiß, Vor deſſen Angeſicht ſich auf der Welt So Suͤd-Lands Glut, als Nordens Eis, Beſtaͤndig gegenwaͤrtig ſtellt! Der, wie das Feld ſich hier mit Schnee beziehet, Ein anders dort in ſchwuͤlen Strahlen gluͤhet,
Wie
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Bluhmen im Winter.
War, nebſt dem gruͤnen Laub, auch Wunder-ſchoͤn
Die Pracht von Lilien-Convallien zu ſehn.
Jch ſtutzt’, als ich daſelbſt auf einem Grunde
Von Schnee und Eis, der Bluhmen bunte Pracht,
Trotz ſcharffer Kaͤlte ſtrenger Macht,
So gar durch ihren Feind annoch erhoben, funde:
Und ich zugleich den Winter und den Lentzen,
Jn faſt nicht unterſchiednen Grentzen,
Jn weiſſ-und buntem Schimmer glaͤntzen,
Und gleichſam auf einmahl zugleich durch Africa,
Zumahl es eben an-zu ſchneyen fieng,
Und ein ſchnell Flocken-Heer wild durch einander gieng;
Jn Rova Zembla ſah.
Hiedurch ward ich, wie billig, ſehr geruͤhrt.
Und, wie uns das Geſchoͤpf mit Recht zum Schoͤpfer leitet,
Zum groſſen Schoͤpfer auch gefuͤhret.
Jch wandte mich zu Dem, der alles zubereitet,
Und ſtellte mir,
Bey dieſem, Lentz und Froſt vereinenden, Geſicht,
Sein Weſen, welches nirgend nicht,
Jn der Allgegenwart, mir fuͤr.
O unuͤmſchraͤncktes All! rieff ich, von Ehr-Furcht
heiß,
Vor deſſen Angeſicht ſich auf der Welt
So Suͤd-Lands Glut, als Nordens Eis,
Beſtaͤndig gegenwaͤrtig ſtellt!
Der, wie das Feld ſich hier mit Schnee beziehet,
Ein anders dort in ſchwuͤlen Strahlen gluͤhet,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/460>, abgerufen am 31.10.2024.
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