Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.Das Vergangene, beym Jahres-Wechsel etc. Das Vergangene, bey dem 1729. Jahres-Wechsel, betrachtet. Es hat der Erden-Kreis den Lauff nun abermahl, Der uns vom Sonnen-Licht entfernete, geendet: Er hat sich allbereit, GOTT sey gedanckt! gewendet, Von Nordens Frost und Nacht, zum Licht- und Lebens- Strahl. Je mehr dieß Wunder-Werck nun zu bewundern wehrt, Je mehr es den Begriff von GOttes Allmacht mehrt, Je grösser Heil dadurch der Menschheit wiederfährt, Je mehr denn auch dafür dem Schöpfer Danck gehört; Je minder, leider! wird von uns darauf geachtet; Je weniger wird es, zu GOttes Ruhm, betrachtet; So gar, daß kein Geschöpf, auch kein Vernunft-los Thier. Am schwartzen Undancks-Greul so schuldig ist, als wir. Warüm? es weiß es nicht. Wir wissen Zeit und Stunde, Wir rechnen die Minut', und kennen die Seeunde, Wann die so heilsame Veränderung geschicht. Doch, diesem ungeacht, bestreben wir uns nicht, Der allgewaltigen, liebreichen, weisen Krafft, Die, im erhalten selbst, noch unaufhörlich schafft, Nur den geringsten Dienst, nur den geringsten Danck, Für dieses Wunder-Werck zu leisten und zu bringen. Wann hört man, Jhm dafür ein Lob- und Danck-Lied singen? Sprich, liebster Leser, nicht: Ja! ja! ich finde wol, Daß man auch ietzt, wie sonst, dem Schöpfer dancken soll Für Ee 2
Das Vergangene, beym Jahres-Wechſel ꝛc. Das Vergangene, bey dem 1729. Jahres-Wechſel, betrachtet. Es hat der Erden-Kreis den Lauff nun abermahl, Der uns vom Sonnen-Licht entfernete, geendet: Er hat ſich allbereit, GOTT ſey gedanckt! gewendet, Von Nordens Froſt und Nacht, zum Licht- und Lebens- Strahl. Je mehr dieß Wunder-Werck nun zu bewundern wehrt, Je mehr es den Begriff von GOttes Allmacht mehrt, Je groͤſſer Heil dadurch der Menſchheit wiederfaͤhrt, Je mehr denn auch dafuͤr dem Schoͤpfer Danck gehoͤrt; Je minder, leider! wird von uns darauf geachtet; Je weniger wird es, zu GOttes Ruhm, betrachtet; So gar, daß kein Geſchoͤpf, auch kein Vernunft-los Thier. Am ſchwartzen Undancks-Greul ſo ſchuldig iſt, als wir. Waruͤm? es weiß es nicht. Wir wiſſen Zeit und Stunde, Wir rechnen die Minut’, und kennen die Seeunde, Wann die ſo heilſame Veraͤnderung geſchicht. Doch, dieſem ungeacht, beſtreben wir uns nicht, Der allgewaltigen, liebreichen, weiſen Krafft, Die, im erhalten ſelbſt, noch unaufhoͤrlich ſchafft, Nur den geringſten Dienſt, nur den geringſten Danck, Fuͤr dieſes Wunder-Werck zu leiſten und zu bringen. Wann hoͤrt man, Jhm dafuͤr ein Lob- und Danck-Lied ſingen? Sprich, liebſter Leſer, nicht: Ja! ja! ich finde wol, Daß man auch ietzt, wie ſonſt, dem Schoͤpfer dancken ſoll Fuͤr Ee 2
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Das Vergangene, beym Jahres-Wechſel ꝛc.
Das Vergangene,
bey dem 1729. Jahres-Wechſel,
betrachtet.
Es hat der Erden-Kreis den Lauff nun abermahl,
Der uns vom Sonnen-Licht entfernete, geendet:
Er hat ſich allbereit, GOTT ſey gedanckt! gewendet,
Von Nordens Froſt und Nacht, zum Licht- und Lebens-
Strahl.
Je mehr dieß Wunder-Werck nun zu bewundern wehrt,
Je mehr es den Begriff von GOttes Allmacht mehrt,
Je groͤſſer Heil dadurch der Menſchheit wiederfaͤhrt,
Je mehr denn auch dafuͤr dem Schoͤpfer Danck gehoͤrt;
Je minder, leider! wird von uns darauf geachtet;
Je weniger wird es, zu GOttes Ruhm, betrachtet;
So gar, daß kein Geſchoͤpf, auch kein Vernunft-los Thier.
Am ſchwartzen Undancks-Greul ſo ſchuldig iſt, als wir.
Waruͤm? es weiß es nicht. Wir wiſſen Zeit und Stunde,
Wir rechnen die Minut’, und kennen die Seeunde,
Wann die ſo heilſame Veraͤnderung geſchicht.
Doch, dieſem ungeacht, beſtreben wir uns nicht,
Der allgewaltigen, liebreichen, weiſen Krafft,
Die, im erhalten ſelbſt, noch unaufhoͤrlich ſchafft,
Nur den geringſten Dienſt, nur den geringſten Danck,
Fuͤr dieſes Wunder-Werck zu leiſten und zu bringen.
Wann hoͤrt man, Jhm dafuͤr ein Lob- und Danck-Lied
ſingen?
Sprich, liebſter Leſer, nicht: Ja! ja! ich finde wol,
Daß man auch ietzt, wie ſonſt, dem Schoͤpfer dancken ſoll
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