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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

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Neu-Jahrs-Gedicht.

Als wie den Bürgern kalter Fluth,
Jn ihren Adern wallt.

Noch giebt es eine Art von Thieren, die halb Thiere,
Und halb auch Vögel sind. Jst vieler Aufenthalt
Nicht in der Fluth zugleich und auf dem Lande?
Das Meer-Kalb lebet ja im Meer und auf dem Strande:
Wie viele nähern sich, an Sinn und an Verstande,
Den Menschen selber fast!
Jndem ich nun des Schöpfers Lieb' und Macht,
Jn dieser Wunder-Leiter Länge,
Und ihrer Sprossen grosse Menge,
Die von uns abwärts führt, betracht;
Werd' ich aufs neu (o Wunder) sehr gerühret
Durch eine Leiter, die ich seh,
Daß sie mich noch weit höher in die Höh,
Als jene niederwärts mich führte, führet.
O GOTT! was wird mein Geist alhier
Für eine neue Welt gewahr,
Wohin sich meine Seele schwinget!
Was stellt sich mir für eine Schaar
Von geistigen Geschöpfen für,
Die ins unendliche mich bringet!
Jch dencke nicht, wie ich zuvor gedacht:
Jch fühl und seh', auf eine neue Weise,
O HERR der Schaaren, Dir zum Preise,
Ein würdigs Meister-Stück von Deiner Wunder-Macht.
Es stimmt mit GOttes Lieb' und Weisheit überein
Unendlich, überall, zu seyn.
Und

Neu-Jahrs-Gedicht.

Als wie den Buͤrgern kalter Fluth,
Jn ihren Adern wallt.

Noch giebt es eine Art von Thieren, die halb Thiere,
Und halb auch Voͤgel ſind. Jſt vieler Aufenthalt
Nicht in der Fluth zugleich und auf dem Lande?
Das Meer-Kalb lebet ja im Meer und auf dem Strande:
Wie viele naͤhern ſich, an Sinn und an Verſtande,
Den Menſchen ſelber faſt!
Jndem ich nun des Schoͤpfers Lieb’ und Macht,
Jn dieſer Wunder-Leiter Laͤnge,
Und ihrer Sproſſen groſſe Menge,
Die von uns abwaͤrts fuͤhrt, betracht;
Werd’ ich aufs neu (o Wunder) ſehr geruͤhret
Durch eine Leiter, die ich ſeh,
Daß ſie mich noch weit hoͤher in die Hoͤh,
Als jene niederwaͤrts mich fuͤhrte, fuͤhret.
O GOTT! was wird mein Geiſt alhier
Fuͤr eine neue Welt gewahr,
Wohin ſich meine Seele ſchwinget!
Was ſtellt ſich mir fuͤr eine Schaar
Von geiſtigen Geſchoͤpfen fuͤr,
Die ins unendliche mich bringet!
Jch dencke nicht, wie ich zuvor gedacht:
Jch fuͤhl und ſeh’, auf eine neue Weiſe,
O HERR der Schaaren, Dir zum Preiſe,
Ein wuͤrdigs Meiſter-Stuͤck von Deiner Wunder-Macht.
Es ſtimmt mit GOttes Lieb’ und Weisheit uͤberein
Unendlich, uͤberall, zu ſeyn.
Und
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[479/0511] Neu-Jahrs-Gedicht. Als wie den Buͤrgern kalter Fluth, Jn ihren Adern wallt. Noch giebt es eine Art von Thieren, die halb Thiere, Und halb auch Voͤgel ſind. Jſt vieler Aufenthalt Nicht in der Fluth zugleich und auf dem Lande? Das Meer-Kalb lebet ja im Meer und auf dem Strande: Wie viele naͤhern ſich, an Sinn und an Verſtande, Den Menſchen ſelber faſt! Jndem ich nun des Schoͤpfers Lieb’ und Macht, Jn dieſer Wunder-Leiter Laͤnge, Und ihrer Sproſſen groſſe Menge, Die von uns abwaͤrts fuͤhrt, betracht; Werd’ ich aufs neu (o Wunder) ſehr geruͤhret Durch eine Leiter, die ich ſeh, Daß ſie mich noch weit hoͤher in die Hoͤh, Als jene niederwaͤrts mich fuͤhrte, fuͤhret. O GOTT! was wird mein Geiſt alhier Fuͤr eine neue Welt gewahr, Wohin ſich meine Seele ſchwinget! Was ſtellt ſich mir fuͤr eine Schaar Von geiſtigen Geſchoͤpfen fuͤr, Die ins unendliche mich bringet! Jch dencke nicht, wie ich zuvor gedacht: Jch fuͤhl und ſeh’, auf eine neue Weiſe, O HERR der Schaaren, Dir zum Preiſe, Ein wuͤrdigs Meiſter-Stuͤck von Deiner Wunder-Macht. Es ſtimmt mit GOttes Lieb’ und Weisheit uͤberein Unendlich, uͤberall, zu ſeyn. Und

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/511>, abgerufen am 01.11.2024.