Die Staffeln, ja in ieder Sorte Gehn fast bis zur Unendlichkeit Die Staffeln der Vollkommenheit. Ja diese Art der Stuffen geht so weit, Daß die vollkommenste von einer untern Art Dem unvollkommensten von der, so ihr am nächsten Doch über ihr, fast gleich. Man merck hiebey, mit redlichem Gemüthe, Wie so unendlich reich Der Schöpfer an Gewalt und Weisheit, Huld und Güte! Da nicht nur, was man sieht, mit Thieren, welche leben, Verwunderlich erfüllt; So gar der Unterscheid Jn ihnen selbst, kann ja so sehr, Als ihre Zahl, die Lieb' und die Vollkommenheit Des grossen Schöpfers hoch erheben.
Hätt' Er von lebendigen Thieren Nicht mehr als eine Sort' zum Leben zugericht; So könnten ja die andern alle nicht Vermögend seyn, des Wesens Glück zu spüren. Den Zwischen-Stand, von einer Pflantzen an, Bis zu dem Menschen, füllt solch ungezehlte Zahl Von gantz verschiedenen Geschöpffen, welche man (Da sie sich allgemach, nicht auf einmahl Verbessern, und sich so gelind und sanft erhöhn; So daß kein Absatz fast zu mercken, zu verstehn) Nicht gnug besehn nicht gnug bewundern kann.
Es giebt ja Fische, welche fliegen, Und Vögel, die im Wasser liegen, Und denen ja so kaltes Blut,
Als
Neu-Jahrs-Gedicht.
Die Staffeln, ja in ieder Sorte Gehn faſt bis zur Unendlichkeit Die Staffeln der Vollkommenheit. Ja dieſe Art der Stuffen geht ſo weit, Daß die vollkommenſte von einer untern Art Dem unvollkommenſten von der, ſo ihr am naͤchſten Doch uͤber ihr, faſt gleich. Man merck hiebey, mit redlichem Gemuͤthe, Wie ſo unendlich reich Der Schoͤpfer an Gewalt und Weisheit, Huld und Guͤte! Da nicht nur, was man ſieht, mit Thieren, welche leben, Verwunderlich erfuͤllt; So gar der Unterſcheid Jn ihnen ſelbſt, kann ja ſo ſehr, Als ihre Zahl, die Lieb’ und die Vollkommenheit Des groſſen Schoͤpfers hoch erheben.
Haͤtt’ Er von lebendigen Thieren Nicht mehr als eine Sort’ zum Leben zugericht; So koͤnnten ja die andern alle nicht Vermoͤgend ſeyn, des Weſens Gluͤck zu ſpuͤren. Den Zwiſchen-Stand, von einer Pflantzen an, Bis zu dem Menſchen, fuͤllt ſolch ungezehlte Zahl Von gantz verſchiedenen Geſchoͤpffen, welche man (Da ſie ſich allgemach, nicht auf einmahl Verbeſſern, und ſich ſo gelind und ſanft erhoͤhn; So daß kein Abſatz faſt zu mercken, zu verſtehn) Nicht gnug beſehn nicht gnug bewundern kann.
Es giebt ja Fiſche, welche fliegen, Und Voͤgel, die im Waſſer liegen, Und denen ja ſo kaltes Blut,
Als
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Neu-Jahrs-Gedicht.
Die Staffeln, ja in ieder Sorte
Gehn faſt bis zur Unendlichkeit
Die Staffeln der Vollkommenheit.
Ja dieſe Art der Stuffen geht ſo weit,
Daß die vollkommenſte von einer untern Art
Dem unvollkommenſten von der, ſo ihr am naͤchſten
Doch uͤber ihr, faſt gleich.
Man merck hiebey, mit redlichem Gemuͤthe,
Wie ſo unendlich reich
Der Schoͤpfer an Gewalt und Weisheit, Huld und Guͤte!
Da nicht nur, was man ſieht, mit Thieren, welche leben,
Verwunderlich erfuͤllt; So gar der Unterſcheid
Jn ihnen ſelbſt, kann ja ſo ſehr,
Als ihre Zahl, die Lieb’ und die Vollkommenheit
Des groſſen Schoͤpfers hoch erheben.
Haͤtt’ Er von lebendigen Thieren
Nicht mehr als eine Sort’ zum Leben zugericht;
So koͤnnten ja die andern alle nicht
Vermoͤgend ſeyn, des Weſens Gluͤck zu ſpuͤren.
Den Zwiſchen-Stand, von einer Pflantzen an,
Bis zu dem Menſchen, fuͤllt ſolch ungezehlte Zahl
Von gantz verſchiedenen Geſchoͤpffen, welche man
(Da ſie ſich allgemach, nicht auf einmahl
Verbeſſern, und ſich ſo gelind und ſanft erhoͤhn;
So daß kein Abſatz faſt zu mercken, zu verſtehn)
Nicht gnug beſehn nicht gnug bewundern kann.
Es giebt ja Fiſche, welche fliegen,
Und Voͤgel, die im Waſſer liegen,
Und denen ja ſo kaltes Blut,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/510>, abgerufen am 31.10.2024.
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