Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
Das beste Theil.
Das beste Theil.
Als Gottlieb jüngst zween Freunden, auf dem Garten,
Zwo Hyacinthen, voll gefüllter Glocken, gab;
Nahm er gar bald an ihrer Handlung ab,
Wie ihr Gemüth und Sinn so unterschiedner Arten.
Aurander nahme sie mit trägen Händen hin,
Und steckte sie, nicht lang' hernach,
Jndem er von vermehrten Renten sprach,
Zerdrücket und geknickt in seine Tasche. Jener
Beraldo warff den Blick, so bald er sie genommen,

Auf seine Bluhm', und rieff: Ach! kann wol etwas schöner,
Als diese Bluhme, seyn!
Welch einen reinen Silber-Schein,
Welch eine liebliche Figur
Hat, von den Fingern der Natur,
Dieß holde Kind des Frühlings überkommen!
Wie klar ist dieses Weiß! wie gläutzend! auch die Haut
Der schönsten Schönen auf der Welt
Verlieret, wenn man sie bey diesem Schimmer hält,
Und eine bey der andern schaut,
Den Preis, und scheint beschmutzt. Die röthlich weisse
Gluht,

Die, in dem innersten, der Bluhme kleine Höle
Mit süsser Röthe füllt, füllt meine frohe Seele,
Mit ihrem holden Reitz. Jch fühle zarte Flammen
Aus dieser röthlichen und weissen Klarheit stammen.
Es scheint der Bluhmen reiner Schein
Ein Sinn-Bild einer reinen Seele,
Worin ein Feur der Liebe glüht, zu seyn.
Jch
C 5
Das beſte Theil.
Das beſte Theil.
Als Gottlieb juͤngſt zween Freunden, auf dem Garten,
Zwo Hyacinthen, voll gefuͤllter Glocken, gab;
Nahm er gar bald an ihrer Handlung ab,
Wie ihr Gemuͤth und Sinn ſo unterſchiedner Arten.
Aurander nahme ſie mit traͤgen Haͤnden hin,
Und ſteckte ſie, nicht lang’ hernach,
Jndem er von vermehrten Renten ſprach,
Zerdruͤcket und geknickt in ſeine Taſche. Jener
Beraldo warff den Blick, ſo bald er ſie genommen,

Auf ſeine Bluhm’, und rieff: Ach! kann wol etwas ſchoͤner,
Als dieſe Bluhme, ſeyn!
Welch einen reinen Silber-Schein,
Welch eine liebliche Figur
Hat, von den Fingern der Natur,
Dieß holde Kind des Fruͤhlings uͤberkommen!
Wie klar iſt dieſes Weiß! wie glaͤutzend! auch die Haut
Der ſchoͤnſten Schoͤnen auf der Welt
Verlieret, wenn man ſie bey dieſem Schimmer haͤlt,
Und eine bey der andern ſchaut,
Den Preis, und ſcheint beſchmutzt. Die roͤthlich weiſſe
Gluht,

Die, in dem innerſten, der Bluhme kleine Hoͤle
Mit ſuͤſſer Roͤthe fuͤllt, fuͤllt meine frohe Seele,
Mit ihrem holden Reitz. Jch fuͤhle zarte Flammen
Aus dieſer roͤthlichen und weiſſen Klarheit ſtammen.
Es ſcheint der Bluhmen reiner Schein
Ein Sinn-Bild einer reinen Seele,
Worin ein Feur der Liebe gluͤht, zu ſeyn.
Jch
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0073" n="41"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das be&#x017F;te Theil.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#b">Das be&#x017F;te Theil.</hi> </head><lb/>
            <lg n="1">
              <l><hi rendition="#in">A</hi>ls Gottlieb ju&#x0364;ng&#x017F;t zween Freunden, auf dem Garten,</l><lb/>
              <l>Zwo Hyacinthen, voll gefu&#x0364;llter Glocken, gab;</l><lb/>
              <l>Nahm er gar bald an ihrer Handlung ab,</l><lb/>
              <l>Wie ihr Gemu&#x0364;th und Sinn &#x017F;o unter&#x017F;chiedner Arten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l><hi rendition="#aq">Aurander</hi> nahme &#x017F;ie mit tra&#x0364;gen Ha&#x0364;nden hin,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;teckte &#x017F;ie, nicht lang&#x2019; hernach,</l><lb/>
              <l>Jndem er von vermehrten Renten &#x017F;prach,</l><lb/>
              <l>Zerdru&#x0364;cket und geknickt in &#x017F;eine Ta&#x017F;che. Jener<lb/><hi rendition="#aq">Beraldo</hi> warff den Blick, &#x017F;o bald er &#x017F;ie genommen,</l><lb/>
              <l>Auf &#x017F;eine Bluhm&#x2019;, und rieff: Ach! kann wol etwas &#x017F;cho&#x0364;ner,</l><lb/>
              <l>Als die&#x017F;e Bluhme, &#x017F;eyn!</l><lb/>
              <l>Welch einen reinen Silber-Schein,</l><lb/>
              <l>Welch eine liebliche Figur</l><lb/>
              <l>Hat, von den Fingern der Natur,</l><lb/>
              <l>Dieß holde Kind des Fru&#x0364;hlings u&#x0364;berkommen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wie klar i&#x017F;t die&#x017F;es Weiß! wie gla&#x0364;utzend! auch die Haut</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Scho&#x0364;nen auf der Welt</l><lb/>
              <l>Verlieret, wenn man &#x017F;ie bey die&#x017F;em Schimmer ha&#x0364;lt,</l><lb/>
              <l>Und eine bey der andern &#x017F;chaut,</l><lb/>
              <l>Den Preis, und &#x017F;cheint be&#x017F;chmutzt. Die ro&#x0364;thlich wei&#x017F;&#x017F;e<lb/><hi rendition="#et">Gluht,</hi></l><lb/>
              <l>Die, in dem inner&#x017F;ten, der Bluhme kleine Ho&#x0364;le</l><lb/>
              <l>Mit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Ro&#x0364;the fu&#x0364;llt, fu&#x0364;llt meine frohe Seele,</l><lb/>
              <l>Mit ihrem holden Reitz. Jch fu&#x0364;hle zarte Flammen</l><lb/>
              <l>Aus die&#x017F;er ro&#x0364;thlichen und wei&#x017F;&#x017F;en Klarheit &#x017F;tammen.</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;cheint der Bluhmen reiner Schein</l><lb/>
              <l>Ein Sinn-Bild einer reinen Seele,</l><lb/>
              <l>Worin ein Feur der Liebe glu&#x0364;ht, zu &#x017F;eyn.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/></l>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0073] Das beſte Theil. Das beſte Theil. Als Gottlieb juͤngſt zween Freunden, auf dem Garten, Zwo Hyacinthen, voll gefuͤllter Glocken, gab; Nahm er gar bald an ihrer Handlung ab, Wie ihr Gemuͤth und Sinn ſo unterſchiedner Arten. Aurander nahme ſie mit traͤgen Haͤnden hin, Und ſteckte ſie, nicht lang’ hernach, Jndem er von vermehrten Renten ſprach, Zerdruͤcket und geknickt in ſeine Taſche. Jener Beraldo warff den Blick, ſo bald er ſie genommen, Auf ſeine Bluhm’, und rieff: Ach! kann wol etwas ſchoͤner, Als dieſe Bluhme, ſeyn! Welch einen reinen Silber-Schein, Welch eine liebliche Figur Hat, von den Fingern der Natur, Dieß holde Kind des Fruͤhlings uͤberkommen! Wie klar iſt dieſes Weiß! wie glaͤutzend! auch die Haut Der ſchoͤnſten Schoͤnen auf der Welt Verlieret, wenn man ſie bey dieſem Schimmer haͤlt, Und eine bey der andern ſchaut, Den Preis, und ſcheint beſchmutzt. Die roͤthlich weiſſe Gluht, Die, in dem innerſten, der Bluhme kleine Hoͤle Mit ſuͤſſer Roͤthe fuͤllt, fuͤllt meine frohe Seele, Mit ihrem holden Reitz. Jch fuͤhle zarte Flammen Aus dieſer roͤthlichen und weiſſen Klarheit ſtammen. Es ſcheint der Bluhmen reiner Schein Ein Sinn-Bild einer reinen Seele, Worin ein Feur der Liebe gluͤht, zu ſeyn. Jch C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/73
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 4. 2. Aufl. Hamburg, 1735, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen04_1735/73>, abgerufen am 24.11.2024.