Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Hirten-Gedicht. "Wer siehet ohne Lust und inniges Vergnügen, "Die weisse Heerd' im grün- und tieffen Grase liegen! "Man siehet öfters blos ihr wiederkauend Haupt, "Jndem der Ueberrest von Kräutern gantz belaubt. "Wer siehet ohne Lust, aus glatter Kühe Zitzen, "Jn Eimern, die beschäumt, die Milch in Strahlen spritzen? Du hast recht, sprach Segenfeld, und ich stimme dei- nem Singen, Von der Treflichkeit und Anmuth der so edlen Schäfferey, Daß sie von dem Land-Vergnügen fast das Allerschönste sey, Gleichfals bey. Dennoch ließ ich ebenfals auch ein Liedgen jüngst erklingen, Des nicht minder wahren Jnhalts, daß der Land-und Acker- Bau Mich nicht weniger ergetzt und recht inniglich vergnüget, Als in welchem Nutz und Lust, gleichfals sich zusammen füget, Und worinn ich voller Anmuth tausendfache Wunder schau. Neulich setzt ich mich und sahe früh, nach wolgenossner Ruh, Meiner Leute Säh'n und Pflügen, mit vergnügten Blicken, zu: So daß ich, dadurch gerührt, Feder und Papier ließ bringen, Um mit recht erfreuter Seelen, den, daus alle Ding' ent- springen, Den, durch dessen holde Liebe, Macht und Weisheit, Huld und Gunst, Nun das menschliche Geschlecht zu so Seegen-reicher Kunst Blos allein gelanget ist, zu erheben, zu besingen. Jch
Hirten-Gedicht. „Wer ſiehet ohne Luſt und inniges Vergnuͤgen, „Die weiſſe Heerd’ im gruͤn- und tieffen Graſe liegen! „Man ſiehet oͤfters blos ihr wiederkauend Haupt, „Jndem der Ueberreſt von Kraͤutern gantz belaubt. „Wer ſiehet ohne Luſt, aus glatter Kuͤhe Zitzen, „Jn Eimern, die beſchaͤumt, die Milch in Strahlen ſpritzen? Du haſt recht, ſprach Segenfeld, und ich ſtimme dei- nem Singen, Von der Treflichkeit und Anmuth der ſo edlen Schaͤfferey, Daß ſie von dem Land-Vergnuͤgen faſt das Allerſchoͤnſte ſey, Gleichfals bey. Dennoch ließ ich ebenfals auch ein Liedgen juͤngſt erklingen, Des nicht minder wahren Jnhalts, daß der Land-und Acker- Bau Mich nicht weniger ergetzt und recht inniglich vergnuͤget, Als in welchem Nutz und Luſt, gleichfals ſich zuſammen fuͤget, Und worinn ich voller Anmuth tauſendfache Wunder ſchau. Neulich ſetzt ich mich und ſahe fruͤh, nach wolgenoſſner Ruh, Meiner Leute Saͤh’n und Pfluͤgen, mit vergnuͤgten Blicken, zu: So daß ich, dadurch geruͤhrt, Feder und Papier ließ bringen, Um mit recht erfreuter Seelen, den, daus alle Ding’ ent- ſpringen, Den, durch deſſen holde Liebe, Macht und Weisheit, Huld und Gunſt, Nun das menſchliche Geſchlecht zu ſo Seegen-reicher Kunſt Blos allein gelanget iſt, zu erheben, zu beſingen. Jch
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Hirten-Gedicht.
„Wer ſiehet ohne Luſt und inniges Vergnuͤgen,
„Die weiſſe Heerd’ im gruͤn- und tieffen Graſe liegen!
„Man ſiehet oͤfters blos ihr wiederkauend Haupt,
„Jndem der Ueberreſt von Kraͤutern gantz belaubt.
„Wer ſiehet ohne Luſt, aus glatter Kuͤhe Zitzen,
„Jn Eimern, die beſchaͤumt, die Milch in Strahlen
ſpritzen?
Du haſt recht, ſprach Segenfeld, und ich ſtimme dei-
nem Singen,
Von der Treflichkeit und Anmuth der ſo edlen Schaͤfferey,
Daß ſie von dem Land-Vergnuͤgen faſt das Allerſchoͤnſte
ſey,
Gleichfals bey.
Dennoch ließ ich ebenfals auch ein Liedgen juͤngſt erklingen,
Des nicht minder wahren Jnhalts, daß der Land-und Acker-
Bau
Mich nicht weniger ergetzt und recht inniglich vergnuͤget,
Als in welchem Nutz und Luſt, gleichfals ſich zuſammen
fuͤget,
Und worinn ich voller Anmuth tauſendfache Wunder ſchau.
Neulich ſetzt ich mich und ſahe fruͤh, nach wolgenoſſner Ruh,
Meiner Leute Saͤh’n und Pfluͤgen, mit vergnuͤgten Blicken,
zu:
So daß ich, dadurch geruͤhrt, Feder und Papier ließ bringen,
Um mit recht erfreuter Seelen, den, daus alle Ding’ ent-
ſpringen,
Den, durch deſſen holde Liebe, Macht und Weisheit, Huld
und Gunſt,
Nun das menſchliche Geſchlecht zu ſo Seegen-reicher Kunſt
Blos allein gelanget iſt, zu erheben, zu beſingen.
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