Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Hirten-Gedicht.
Und wer kan, ohne Freud' und inniges Bewegen,
Den uns vom Himmel selbst geschenckten Seegen
Hier annoch stehn, da binden, dorten mähn,
Hier in die Scheuern fahren sehn?
So sang ich dazumahl, als unverhoft ein Brief,
Von meinen wehrten Freund Durander,
Mir ungefehr zu Händen lief.
Jch faltet' ihn kaum aus einander
Als schnell ein Weisheit-Licht mir in die Augen fiel.
Es gab mir sein geschickter Kiel,
Was ihm, von seinem Herrn, dem teutschen Salom[o],
Dem Fürsten Günther, sonder gleichen,
An dessen Lob und Ruhm kein Ruhm vermag zu reichen,
An mich befohlen war gewesen,
Mit ungemeiner Lust zu lesen.
Wie ward mein Geist gerührt und meine Seele froh!
Wie inniglich ward ich ergötzet,
Als eben das, was ich mir vorgesetzet,
Von mir verlanget ward: ja nicht allein verlangt;
Es war ein weiser Plan, dem Schreiben angebogen,
Ein Abriß, den der Geift des Fürsten selbst gezogen,
Drin Andacht, Ordnung, Feur gantz unnachahmbar prangt.
"Gebenedeites Land! rief ich, von Lust gerührt,
"Jn welchem solch ein Fürst den Zepter führt,
"Der auf den Acker-Bau sein weises Auge lencket,
"Der auf des Land-Manns Werck, in güldnen Zim-
mern, dencket,

"Ja der so gar, mit Danck und Andacht angefüllt,
"Auf des allmächtigen Regierers aller Welt,
"Der durch den Acker-Bau die Thronen selbst erhält,
"Aus dessen Weisheit, Lieb' und Macht der Seegen qvillt,
"So
F 4
Hirten-Gedicht.
Und wer kan, ohne Freud’ und inniges Bewegen,
Den uns vom Himmel ſelbſt geſchenckten Seegen
Hier annoch ſtehn, da binden, dorten maͤhn,
Hier in die Scheuern fahren ſehn?
So ſang ich dazumahl, als unverhoft ein Brief,
Von meinen wehrten Freund Durander,
Mir ungefehr zu Haͤnden lief.
Jch faltet’ ihn kaum aus einander
Als ſchnell ein Weisheit-Licht mir in die Augen fiel.
Es gab mir ſein geſchickter Kiel,
Was ihm, von ſeinem Herrn, dem teutſchen Salom[o],
Dem Fuͤrſten Guͤnther, ſonder gleichen,
An deſſen Lob und Ruhm kein Ruhm vermag zu reichen,
An mich befohlen war geweſen,
Mit ungemeiner Luſt zu leſen.
Wie ward mein Geiſt geruͤhrt und meine Seele froh!
Wie inniglich ward ich ergoͤtzet,
Als eben das, was ich mir vorgeſetzet,
Von mir verlanget ward: ja nicht allein verlangt;
Es war ein weiſer Plan, dem Schreiben angebogen,
Ein Abriß, den der Geift des Fuͤrſten ſelbſt gezogen,
Drin Andacht, Ordnung, Feur gantz unnachahmbar prangt.
„Gebenedeites Land! rief ich, von Luſt geruͤhrt,
„Jn welchem ſolch ein Fuͤrſt den Zepter fuͤhrt,
„Der auf den Acker-Bau ſein weiſes Auge lencket,
„Der auf des Land-Manns Werck, in guͤldnen Zim-
mern, dencket,

„Ja der ſo gar, mit Danck und Andacht angefuͤllt,
„Auf des allmaͤchtigen Regierers aller Welt,
„Der durch den Acker-Bau die Thronen ſelbſt erhaͤlt,
„Aus deſſen Weisheit, Lieb’ und Macht der Seegen qvillt,
„So
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0103" n="87"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hirten-Gedicht.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Und wer kan, ohne Freud&#x2019; und inniges Bewegen,</l><lb/>
            <l>Den uns vom Himmel &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chenckten Seegen</l><lb/>
            <l>Hier annoch &#x017F;tehn, da binden, dorten ma&#x0364;hn,</l><lb/>
            <l>Hier in die Scheuern fahren &#x017F;ehn?</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>So &#x017F;ang ich dazumahl, als unverhoft ein Brief,</l><lb/>
            <l>Von meinen wehrten Freund <hi rendition="#fr">Durander,</hi></l><lb/>
            <l>Mir ungefehr zu Ha&#x0364;nden lief.</l><lb/>
            <l>Jch faltet&#x2019; ihn kaum aus einander</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;chnell ein Weisheit-Licht mir in die Augen fiel.</l><lb/>
            <l>Es gab mir &#x017F;ein ge&#x017F;chickter Kiel,</l><lb/>
            <l>Was ihm, von &#x017F;einem Herrn, dem teut&#x017F;chen Salom<supplied>o</supplied>,</l><lb/>
            <l>Dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten <hi rendition="#fr">Gu&#x0364;nther,</hi> &#x017F;onder gleichen,</l><lb/>
            <l>An de&#x017F;&#x017F;en Lob und Ruhm kein Ruhm vermag zu reichen,</l><lb/>
            <l>An mich befohlen war gewe&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Mit ungemeiner Lu&#x017F;t zu le&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Wie ward mein Gei&#x017F;t geru&#x0364;hrt und meine Seele froh!</l><lb/>
            <l>Wie inniglich ward ich ergo&#x0364;tzet,</l><lb/>
            <l>Als eben das, was ich mir vorge&#x017F;etzet,</l><lb/>
            <l>Von mir verlanget ward: ja nicht allein verlangt;</l><lb/>
            <l>Es war ein wei&#x017F;er Plan, dem Schreiben angebogen,</l><lb/>
            <l>Ein Abriß, den der Geift des Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t gezogen,</l><lb/>
            <l>Drin Andacht, Ordnung, Feur gantz unnachahmbar prangt.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>&#x201E;Gebenedeites Land! rief ich, von Lu&#x017F;t geru&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Jn welchem &#x017F;olch ein Fu&#x0364;r&#x017F;t den Zepter fu&#x0364;hrt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der auf den Acker-Bau &#x017F;ein wei&#x017F;es Auge lencket,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der auf des Land-Manns Werck, in gu&#x0364;ldnen Zim-<lb/><hi rendition="#et">mern, dencket,</hi></l><lb/>
            <l>&#x201E;Ja der &#x017F;o gar, mit Danck und Andacht angefu&#x0364;llt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Auf des allma&#x0364;chtigen Regierers aller Welt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der durch den Acker-Bau die Thronen &#x017F;elb&#x017F;t erha&#x0364;lt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Aus de&#x017F;&#x017F;en Weisheit, Lieb&#x2019; und Macht der Seegen qvillt,</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">F 4</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;So</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0103] Hirten-Gedicht. Und wer kan, ohne Freud’ und inniges Bewegen, Den uns vom Himmel ſelbſt geſchenckten Seegen Hier annoch ſtehn, da binden, dorten maͤhn, Hier in die Scheuern fahren ſehn? So ſang ich dazumahl, als unverhoft ein Brief, Von meinen wehrten Freund Durander, Mir ungefehr zu Haͤnden lief. Jch faltet’ ihn kaum aus einander Als ſchnell ein Weisheit-Licht mir in die Augen fiel. Es gab mir ſein geſchickter Kiel, Was ihm, von ſeinem Herrn, dem teutſchen Salomo, Dem Fuͤrſten Guͤnther, ſonder gleichen, An deſſen Lob und Ruhm kein Ruhm vermag zu reichen, An mich befohlen war geweſen, Mit ungemeiner Luſt zu leſen. Wie ward mein Geiſt geruͤhrt und meine Seele froh! Wie inniglich ward ich ergoͤtzet, Als eben das, was ich mir vorgeſetzet, Von mir verlanget ward: ja nicht allein verlangt; Es war ein weiſer Plan, dem Schreiben angebogen, Ein Abriß, den der Geift des Fuͤrſten ſelbſt gezogen, Drin Andacht, Ordnung, Feur gantz unnachahmbar prangt. „Gebenedeites Land! rief ich, von Luſt geruͤhrt, „Jn welchem ſolch ein Fuͤrſt den Zepter fuͤhrt, „Der auf den Acker-Bau ſein weiſes Auge lencket, „Der auf des Land-Manns Werck, in guͤldnen Zim- mern, dencket, „Ja der ſo gar, mit Danck und Andacht angefuͤllt, „Auf des allmaͤchtigen Regierers aller Welt, „Der durch den Acker-Bau die Thronen ſelbſt erhaͤlt, „Aus deſſen Weisheit, Lieb’ und Macht der Seegen qvillt, „So F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/103
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/103>, abgerufen am 21.11.2024.