Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.Himmels-Spiegel. Himmels-Spiegel. Jn einer stillen Nacht, als, leer von Dunst und Duft,Die duncklen zwar doch klaren Schatten Den obern Theil der Welt und untern Theil der Lust Erfüllet und verhüllet hatten, Befand ich mich, an sanfter Anmuth reich, An einem grossen Garten-Teich. Desselben Fluth, Die, durch der Winde Ruh, in sanfter Stille ruht, War einem glatten Spiegel gleich. Man kunte sie zwar selbst, für Dunckelheit, nicht sehn; Allein, Man sahe wunderschön Das blaue Firmament voll Sterne, sonder Zahl, Jm Wiederschein, Und zwar so hell, so rein, so klar, Daß zwischen der Copie und dem Original Fast gar kein Unterscheid, an Glantz und Schimmer, war. Es kam mir vor (da wir sonst insgemein So wol mit Blick, als Geist, nicht weiter gehn Und nur den halben Theil des hohen Himmels sehn, Jndem wir von der dichten Erden, Den Himmel überall zu sehn, behindert werden) Als wenn ich hier des Himmels gantze Ründe Mir deutlich vorgestellet fünde. Mich deucht, ich seh' in ungemessner Ferne, So über mir, als unter mir, Jn funckelnder und Flammen-reicher Zier, Ein' ungezehlte Anzahl Sterne. Jrrt nun mein Auge gleich; so irren die Gedancken Jedoch deswegen nicht. Jch
Himmels-Spiegel. Himmels-Spiegel. Jn einer ſtillen Nacht, als, leer von Dunſt und Duft,Die duncklen zwar doch klaren Schatten Den obern Theil der Welt und untern Theil der Luſt Erfuͤllet und verhuͤllet hatten, Befand ich mich, an ſanfter Anmuth reich, An einem groſſen Garten-Teich. Deſſelben Fluth, Die, durch der Winde Ruh, in ſanfter Stille ruht, War einem glatten Spiegel gleich. Man kunte ſie zwar ſelbſt, fuͤr Dunckelheit, nicht ſehn; Allein, Man ſahe wunderſchoͤn Das blaue Firmament voll Sterne, ſonder Zahl, Jm Wiederſchein, Und zwar ſo hell, ſo rein, ſo klar, Daß zwiſchen der Copie und dem Original Faſt gar kein Unterſcheid, an Glantz und Schimmer, war. Es kam mir vor (da wir ſonſt insgemein So wol mit Blick, als Geiſt, nicht weiter gehn Und nur den halben Theil des hohen Himmels ſehn, Jndem wir von der dichten Erden, Den Himmel uͤberall zu ſehn, behindert werden) Als wenn ich hier des Himmels gantze Ruͤnde Mir deutlich vorgeſtellet fuͤnde. Mich deucht, ich ſeh’ in ungemeſſner Ferne, So uͤber mir, als unter mir, Jn funckelnder und Flammen-reicher Zier, Ein’ ungezehlte Anzahl Sterne. Jrrt nun mein Auge gleich; ſo irren die Gedancken Jedoch deswegen nicht. Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0143" n="127"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Himmels-Spiegel.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b">Himmels-Spiegel.</hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">J</hi>n einer ſtillen Nacht, als, leer von Dunſt und Duft,</l><lb/> <l>Die duncklen zwar doch klaren Schatten</l><lb/> <l>Den obern Theil der Welt und untern Theil der Luſt</l><lb/> <l>Erfuͤllet und verhuͤllet hatten,</l><lb/> <l>Befand ich mich, an ſanfter Anmuth reich,</l><lb/> <l>An einem groſſen Garten-Teich.</l><lb/> <l>Deſſelben Fluth,</l><lb/> <l>Die, durch der Winde Ruh, in ſanfter Stille ruht,</l><lb/> <l>War einem glatten Spiegel gleich.</l><lb/> <l>Man kunte ſie zwar ſelbſt, fuͤr Dunckelheit, nicht ſehn;</l><lb/> <l>Allein,</l><lb/> <l>Man ſahe wunderſchoͤn</l><lb/> <l>Das blaue Firmament voll Sterne, ſonder Zahl,</l><lb/> <l>Jm Wiederſchein,</l><lb/> <l>Und zwar ſo hell, ſo rein, ſo klar,</l><lb/> <l>Daß zwiſchen der Copie und dem Original</l><lb/> <l>Faſt gar kein Unterſcheid, an Glantz und Schimmer, war.</l><lb/> <l>Es kam mir vor (da wir ſonſt insgemein</l><lb/> <l>So wol mit Blick, als Geiſt, nicht weiter gehn</l><lb/> <l>Und nur den halben Theil des hohen Himmels ſehn,</l><lb/> <l>Jndem wir von der dichten Erden,</l><lb/> <l>Den Himmel uͤberall zu ſehn, behindert werden)</l><lb/> <l>Als wenn ich hier des Himmels gantze Ruͤnde</l><lb/> <l>Mir deutlich vorgeſtellet fuͤnde.</l><lb/> <l>Mich deucht, ich ſeh’ in ungemeſſner Ferne,</l><lb/> <l>So uͤber mir, als unter mir,</l><lb/> <l>Jn funckelnder und Flammen-reicher Zier,</l><lb/> <l>Ein’ ungezehlte Anzahl Sterne.</l><lb/> <l>Jrrt nun mein Auge gleich; ſo irren die Gedancken</l><lb/> <l>Jedoch deswegen nicht.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [127/0143]
Himmels-Spiegel.
Himmels-Spiegel.
Jn einer ſtillen Nacht, als, leer von Dunſt und Duft,
Die duncklen zwar doch klaren Schatten
Den obern Theil der Welt und untern Theil der Luſt
Erfuͤllet und verhuͤllet hatten,
Befand ich mich, an ſanfter Anmuth reich,
An einem groſſen Garten-Teich.
Deſſelben Fluth,
Die, durch der Winde Ruh, in ſanfter Stille ruht,
War einem glatten Spiegel gleich.
Man kunte ſie zwar ſelbſt, fuͤr Dunckelheit, nicht ſehn;
Allein,
Man ſahe wunderſchoͤn
Das blaue Firmament voll Sterne, ſonder Zahl,
Jm Wiederſchein,
Und zwar ſo hell, ſo rein, ſo klar,
Daß zwiſchen der Copie und dem Original
Faſt gar kein Unterſcheid, an Glantz und Schimmer, war.
Es kam mir vor (da wir ſonſt insgemein
So wol mit Blick, als Geiſt, nicht weiter gehn
Und nur den halben Theil des hohen Himmels ſehn,
Jndem wir von der dichten Erden,
Den Himmel uͤberall zu ſehn, behindert werden)
Als wenn ich hier des Himmels gantze Ruͤnde
Mir deutlich vorgeſtellet fuͤnde.
Mich deucht, ich ſeh’ in ungemeſſner Ferne,
So uͤber mir, als unter mir,
Jn funckelnder und Flammen-reicher Zier,
Ein’ ungezehlte Anzahl Sterne.
Jrrt nun mein Auge gleich; ſo irren die Gedancken
Jedoch deswegen nicht.
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |