Wie viel tausend Umständ', Ordnung und Bemühung braucht man nicht Zur Gesundheit blos allein! Wie so viele tausend Fälle reich zu werden, und zu seyn! Wie viel tausend zu dem Wolstand! wie viel zu beglück- ter Ehe! Wie viel tausend zur Befördrung, daß uns nichts im We- ge stehe, Welches mächtiger als wir! daß es wol von Statten gehe, Wenn wir, zu der unsrigen Nutz und Wolfahrt, uns be- mühn! Wie viel tausend Hindrungen müssen sich zu rechte ziehn, Eh' man alles, was man wünscht, was man braucht, was uns gefällt Erst erhält; Und, wenn wir, trotz aller Hindrung, alles dieses über- kommen, Wird es nicht in acht genommen, GOtt, als Geber, nicht gedanckt. Ja, man wendet alle Sachen, Die mit so viel Müh' erhalten, ja sein Ticht- und Trach- ten an, (Welch ein' unglückseel'ge Thorheit, die man nicht begreif- fen kann) Sich, an statt vergnügt und glücklich, unglückseelig selbst zu machen.
Be-
J
Ungluͤck im Gluͤck.
Ungluͤck im Gluͤck.
Wie viel tauſend Umſtaͤnd’, Ordnung und Bemuͤhung braucht man nicht Zur Geſundheit blos allein! Wie ſo viele tauſend Faͤlle reich zu werden, und zu ſeyn! Wie viel tauſend zu dem Wolſtand! wie viel zu begluͤck- ter Ehe! Wie viel tauſend zur Befoͤrdrung, daß uns nichts im We- ge ſtehe, Welches maͤchtiger als wir! daß es wol von Statten gehe, Wenn wir, zu der unſrigen Nutz und Wolfahrt, uns be- muͤhn! Wie viel tauſend Hindrungen muͤſſen ſich zu rechte ziehn, Eh’ man alles, was man wuͤnſcht, was man braucht, was uns gefaͤllt Erſt erhaͤlt; Und, wenn wir, trotz aller Hindrung, alles dieſes uͤber- kommen, Wird es nicht in acht genommen, GOtt, als Geber, nicht gedanckt. Ja, man wendet alle Sachen, Die mit ſo viel Muͤh’ erhalten, ja ſein Ticht- und Trach- ten an, (Welch ein’ ungluͤckſeel’ge Thorheit, die man nicht begreif- fen kann) Sich, an ſtatt vergnuͤgt und gluͤcklich, ungluͤckſeelig ſelbſt zu machen.
Be-
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Ungluͤck im Gluͤck.
Ungluͤck im Gluͤck.
Wie viel tauſend Umſtaͤnd’, Ordnung und Bemuͤhung
braucht man nicht
Zur Geſundheit blos allein!
Wie ſo viele tauſend Faͤlle reich zu werden, und zu ſeyn!
Wie viel tauſend zu dem Wolſtand! wie viel zu begluͤck-
ter Ehe!
Wie viel tauſend zur Befoͤrdrung, daß uns nichts im We-
ge ſtehe,
Welches maͤchtiger als wir! daß es wol von Statten gehe,
Wenn wir, zu der unſrigen Nutz und Wolfahrt, uns be-
muͤhn!
Wie viel tauſend Hindrungen muͤſſen ſich zu rechte ziehn,
Eh’ man alles, was man wuͤnſcht, was man braucht, was
uns gefaͤllt
Erſt erhaͤlt;
Und, wenn wir, trotz aller Hindrung, alles dieſes uͤber-
kommen,
Wird es nicht in acht genommen,
GOtt, als Geber, nicht gedanckt. Ja, man wendet alle
Sachen,
Die mit ſo viel Muͤh’ erhalten, ja ſein Ticht- und Trach-
ten an,
(Welch ein’ ungluͤckſeel’ge Thorheit, die man nicht begreif-
fen kann)
Sich, an ſtatt vergnuͤgt und gluͤcklich, ungluͤckſeelig ſelbſt
zu machen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/145>, abgerufen am 16.02.2025.
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