Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Johannis-Beere.
Ersehn und finden kann?
Zumahl sie all an kleinen Stangen,
Jn andrer Ordnung noch, als wie die Trauben, hangen.
Ja, was noch mehr, man trift in ihnen an
An Farben, und Geschmack von süsser Säurlichkeit
Solch einen grossen Unterscheid,
Als man nicht leicht an andern Früchten findet;
Da mit der Röhte sich bey vielen weiß verbindet,
Da viele gäntzlich weiß, theils leibfarb, schwartz so gar.
Die alle nun bedeckt der grünen Blätter-Schaar.
Die ebenfals mit sondrer Zierlichkeit
Von Fingern der Natur formiret,
Und nett, wie Wein-Laub fast, gezieret.
Wie angenehm, wie lieblich, und wie schön
Die Frucht nun anzusehn;
So lieb- und nützlich ist der säurlich süsse Saft
Und sein' erquickende sanft kühlend' Eigenschaft,
Da sie nicht roh' allein,
Der Zungen angenehm, dem Blut erfrischend seyn;
Nein, da sie auch, in Zucker eingeleget,
So wol den Krancken, als Gesunden,
Zu laben zu ergetzen pfleget.
Welch eine Linderung wird nicht im Stein empfunden,
Durch ihre schwartze Frucht! Wenn uns das Wasser
schneidet,

Nicht minder in der Gicht und Winden auch
Jst heilsam, ist bewehrt und dienlich ihr Gebrauch.
Ach mögten wir denn doch, wenn wir dich sehn und essen,
Beliebte Frucht, in dir des Gebers Güt' ermessen
Und ihm in unsrer Lust zu dancken nicht vergessen!


Beym
K 2
Die Johannis-Beere.
Erſehn und finden kann?
Zumahl ſie all an kleinen Stangen,
Jn andrer Ordnung noch, als wie die Trauben, hangen.
Ja, was noch mehr, man trift in ihnen an
An Farben, und Geſchmack von ſuͤſſer Saͤurlichkeit
Solch einen groſſen Unterſcheid,
Als man nicht leicht an andern Fruͤchten findet;
Da mit der Roͤhte ſich bey vielen weiß verbindet,
Da viele gaͤntzlich weiß, theils leibfarb, ſchwartz ſo gar.
Die alle nun bedeckt der gruͤnen Blaͤtter-Schaar.
Die ebenfals mit ſondrer Zierlichkeit
Von Fingern der Natur formiret,
Und nett, wie Wein-Laub faſt, gezieret.
Wie angenehm, wie lieblich, und wie ſchoͤn
Die Frucht nun anzuſehn;
So lieb- und nuͤtzlich iſt der ſaͤurlich ſuͤſſe Saft
Und ſein’ erquickende ſanft kuͤhlend’ Eigenſchaft,
Da ſie nicht roh’ allein,
Der Zungen angenehm, dem Blut erfriſchend ſeyn;
Nein, da ſie auch, in Zucker eingeleget,
So wol den Krancken, als Geſunden,
Zu laben zu ergetzen pfleget.
Welch eine Linderung wird nicht im Stein empfunden,
Durch ihre ſchwartze Frucht! Wenn uns das Waſſer
ſchneidet,

Nicht minder in der Gicht und Winden auch
Jſt heilſam, iſt bewehrt und dienlich ihr Gebrauch.
Ach moͤgten wir denn doch, wenn wir dich ſehn und eſſen,
Beliebte Frucht, in dir des Gebers Guͤt’ ermeſſen
Und ihm in unſrer Luſt zu dancken nicht vergeſſen!


Beym
K 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0163" n="147"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Johannis-Beere.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="3">
            <l>Er&#x017F;ehn und finden kann?</l><lb/>
            <l>Zumahl &#x017F;ie all an kleinen Stangen,</l><lb/>
            <l>Jn andrer Ordnung noch, als wie die Trauben, hangen.</l><lb/>
            <l>Ja, was noch mehr, man trift in ihnen an</l><lb/>
            <l>An Farben, und Ge&#x017F;chmack von &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Sa&#x0364;urlichkeit</l><lb/>
            <l>Solch einen gro&#x017F;&#x017F;en Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
            <l>Als man nicht leicht an andern Fru&#x0364;chten findet;</l><lb/>
            <l>Da mit der Ro&#x0364;hte &#x017F;ich bey vielen weiß verbindet,</l><lb/>
            <l>Da viele ga&#x0364;ntzlich weiß, theils leibfarb, &#x017F;chwartz &#x017F;o gar.</l><lb/>
            <l>Die alle nun bedeckt der gru&#x0364;nen Bla&#x0364;tter-Schaar.</l><lb/>
            <l>Die ebenfals mit &#x017F;ondrer Zierlichkeit</l><lb/>
            <l>Von Fingern der Natur formiret,</l><lb/>
            <l>Und nett, wie Wein-Laub fa&#x017F;t, gezieret.</l><lb/>
            <l>Wie angenehm, wie lieblich, und wie &#x017F;cho&#x0364;n</l><lb/>
            <l>Die Frucht nun anzu&#x017F;ehn;</l><lb/>
            <l>So lieb- und nu&#x0364;tzlich i&#x017F;t der &#x017F;a&#x0364;urlich &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Saft</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ein&#x2019; erquickende &#x017F;anft ku&#x0364;hlend&#x2019; Eigen&#x017F;chaft,</l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie nicht roh&#x2019; allein,</l><lb/>
            <l>Der Zungen angenehm, dem Blut erfri&#x017F;chend &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Nein, da &#x017F;ie auch, in Zucker eingeleget,</l><lb/>
            <l>So wol den Krancken, als Ge&#x017F;unden,</l><lb/>
            <l>Zu laben zu ergetzen pfleget.</l><lb/>
            <l>Welch eine Linderung wird nicht im Stein empfunden,</l><lb/>
            <l>Durch ihre &#x017F;chwartze Frucht! Wenn uns das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chneidet,</hi></l><lb/>
            <l>Nicht minder in der Gicht und Winden auch</l><lb/>
            <l>J&#x017F;t heil&#x017F;am, i&#x017F;t bewehrt und dienlich ihr Gebrauch.</l><lb/>
            <l>Ach mo&#x0364;gten wir denn doch, wenn wir dich &#x017F;ehn und e&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
            <l>Beliebte Frucht, in dir des Gebers Gu&#x0364;t&#x2019; erme&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
            <l>Und ihm in un&#x017F;rer Lu&#x017F;t zu dancken nicht verge&#x017F;&#x017F;en!</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Beym</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[147/0163] Die Johannis-Beere. Erſehn und finden kann? Zumahl ſie all an kleinen Stangen, Jn andrer Ordnung noch, als wie die Trauben, hangen. Ja, was noch mehr, man trift in ihnen an An Farben, und Geſchmack von ſuͤſſer Saͤurlichkeit Solch einen groſſen Unterſcheid, Als man nicht leicht an andern Fruͤchten findet; Da mit der Roͤhte ſich bey vielen weiß verbindet, Da viele gaͤntzlich weiß, theils leibfarb, ſchwartz ſo gar. Die alle nun bedeckt der gruͤnen Blaͤtter-Schaar. Die ebenfals mit ſondrer Zierlichkeit Von Fingern der Natur formiret, Und nett, wie Wein-Laub faſt, gezieret. Wie angenehm, wie lieblich, und wie ſchoͤn Die Frucht nun anzuſehn; So lieb- und nuͤtzlich iſt der ſaͤurlich ſuͤſſe Saft Und ſein’ erquickende ſanft kuͤhlend’ Eigenſchaft, Da ſie nicht roh’ allein, Der Zungen angenehm, dem Blut erfriſchend ſeyn; Nein, da ſie auch, in Zucker eingeleget, So wol den Krancken, als Geſunden, Zu laben zu ergetzen pfleget. Welch eine Linderung wird nicht im Stein empfunden, Durch ihre ſchwartze Frucht! Wenn uns das Waſſer ſchneidet, Nicht minder in der Gicht und Winden auch Jſt heilſam, iſt bewehrt und dienlich ihr Gebrauch. Ach moͤgten wir denn doch, wenn wir dich ſehn und eſſen, Beliebte Frucht, in dir des Gebers Guͤt’ ermeſſen Und ihm in unſrer Luſt zu dancken nicht vergeſſen! Beym K 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/163
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/163>, abgerufen am 17.05.2024.