Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.[Abbildung]
Betrachtung des Himmels. Wenn, von Leidenschaft gereinigt, mein erheiter- tes Gemüth Jn die gleichfals reine Tieffe, des entwölckten Himmels sieht; Treff' ich solch ein rein Vergnügen, in der reinen Klar- heit an, Das ich halb entzückt zwar fühlen, aber nicht beschreiben kann. Dieser unumschränckte Raum, dieses weite Himmels-Feld, Das in Boden-loser Tieffe, ungezehlte Welt' enthält, Jst, in seiner weiten Grösse, eine rechte Seelen-Weide, Und umgiebt, durchdringt, erfüllet meinen Geist mit heil- ger Freude. Durch den Blick scheint sich mein Geist, gantz erstaunt, an allen Seiten, Jn die Höhe, in die Weite, voll Vergnügen auszubreiten, Und auch in den gantz entlegnen, unerforschten Abgrunds- Gründen, Eben so, wie in der Nähe, GOTT zu suchen und zu fin- den. Das, aus Licht und ferner Tieffe, wunder-schön formirte Blau, Welches ich mit Lust und Ehrfurcht, und fast bangen Freu- den schau, Zei- A 2
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Betrachtung des Himmels. Wenn, von Leidenſchaft gereinigt, mein erheiter- tes Gemuͤth Jn die gleichfals reine Tieffe, des entwoͤlckten Himmels ſieht; Treff’ ich ſolch ein rein Vergnuͤgen, in der reinen Klar- heit an, Das ich halb entzuͤckt zwar fuͤhlen, aber nicht beſchreiben kann. Dieſer unumſchraͤnckte Raum, dieſes weite Himmels-Feld, Das in Boden-loſer Tieffe, ungezehlte Welt’ enthaͤlt, Jſt, in ſeiner weiten Groͤſſe, eine rechte Seelen-Weide, Und umgiebt, durchdringt, erfuͤllet meinen Geiſt mit heil- ger Freude. Durch den Blick ſcheint ſich mein Geiſt, gantz erſtaunt, an allen Seiten, Jn die Hoͤhe, in die Weite, voll Vergnuͤgen auszubreiten, Und auch in den gantz entlegnen, unerforſchten Abgrunds- Gruͤnden, Eben ſo, wie in der Naͤhe, GOTT zu ſuchen und zu fin- den. Das, aus Licht und ferner Tieffe, wunder-ſchoͤn formirte Blau, Welches ich mit Luſt und Ehrfurcht, und faſt bangen Freu- den ſchau, Zei- A 2
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Betrachtung des Himmels.
Wenn, von Leidenſchaft gereinigt, mein erheiter-
tes Gemuͤth
Jn die gleichfals reine Tieffe, des entwoͤlckten
Himmels ſieht;
Treff’ ich ſolch ein rein Vergnuͤgen, in der reinen Klar-
heit an,
Das ich halb entzuͤckt zwar fuͤhlen, aber nicht beſchreiben
kann.
Dieſer unumſchraͤnckte Raum, dieſes weite Himmels-Feld,
Das in Boden-loſer Tieffe, ungezehlte Welt’ enthaͤlt,
Jſt, in ſeiner weiten Groͤſſe, eine rechte Seelen-Weide,
Und umgiebt, durchdringt, erfuͤllet meinen Geiſt mit heil-
ger Freude.
Durch den Blick ſcheint ſich mein Geiſt, gantz erſtaunt, an
allen Seiten,
Jn die Hoͤhe, in die Weite, voll Vergnuͤgen auszubreiten,
Und auch in den gantz entlegnen, unerforſchten Abgrunds-
Gruͤnden,
Eben ſo, wie in der Naͤhe, GOTT zu ſuchen und zu fin-
den.
Das, aus Licht und ferner Tieffe, wunder-ſchoͤn formirte
Blau,
Welches ich mit Luſt und Ehrfurcht, und faſt bangen Freu-
den ſchau,
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