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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

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Betrachtung des Himmels.
Zeiget mir ein aus der Gottheit hergeflossnes Sonnen-
Licht;

Und die Tieff' ohn End' und Gräntzen sieht mein forscheu-
des Gesicht

Als ein würdigs Reich des Schöpffers, das unendlich son-
der Schrancken,

Wo, in alle Ewigkeit, mensch- und englischen gedancken
Kein Bezirck, kein Ziel, noch Ende zu ersinnen, möglich
fällt,

Mit erstauntem Blicken an. Diese grosse Sternen-Welt,
So viel Millionen Sonnen, sind die Proben seiner Liebe,
Seiner Weisheit, seiner Macht. Denn was sonst, als
Liebe, triebe

Sein in sich schon seeligs Wesen, Creaturen, aus dem
Nichts,

Zum Gebrauch so vieler Güter, zum Genuß des schönen
Lichts,

Ja zur Seeligkeit zu schaffen?
GOttheit, deren ewigs Wesen heilig, seelig, herr-
lich, wahr,

Unerforschlich, weis', allmächtig, liebreich und unwan-
delbar!

Laß mich von dem hellen Himmel nie die Strahlen-reichen
Höhen,

Ohn' an deine Lieb' und Macht frölich zu gedencken, sehen!
Biß mein Geist, nach dieser Erde, von der ewgen Sonnen
Schein

Wird, unmittelbar bestrahlet, ewiglich erleuchtet seyn.


Frühe
Betrachtung des Himmels.
Zeiget mir ein aus der Gottheit hergefloſſnes Sonnen-
Licht;

Und die Tieff’ ohn End’ und Graͤntzen ſieht mein forſcheu-
des Geſicht

Als ein wuͤrdigs Reich des Schoͤpffers, das unendlich ſon-
der Schrancken,

Wo, in alle Ewigkeit, menſch- und engliſchen gedancken
Kein Bezirck, kein Ziel, noch Ende zu erſinnen, moͤglich
faͤllt,

Mit erſtauntem Blicken an. Dieſe groſſe Sternen-Welt,
So viel Millionen Sonnen, ſind die Proben ſeiner Liebe,
Seiner Weisheit, ſeiner Macht. Denn was ſonſt, als
Liebe, triebe

Sein in ſich ſchon ſeeligs Weſen, Creaturen, aus dem
Nichts,

Zum Gebrauch ſo vieler Guͤter, zum Genuß des ſchoͤnen
Lichts,

Ja zur Seeligkeit zu ſchaffen?
GOttheit, deren ewigs Weſen heilig, ſeelig, herr-
lich, wahr,

Unerforſchlich, weiſ’, allmaͤchtig, liebreich und unwan-
delbar!

Laß mich von dem hellen Himmel nie die Strahlen-reichen
Hoͤhen,

Ohn’ an deine Lieb’ und Macht froͤlich zu gedencken, ſehen!
Biß mein Geiſt, nach dieſer Erde, von der ewgen Sonnen
Schein

Wird, unmittelbar beſtrahlet, ewiglich erleuchtet ſeyn.


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[4/0020] Betrachtung des Himmels. Zeiget mir ein aus der Gottheit hergefloſſnes Sonnen- Licht; Und die Tieff’ ohn End’ und Graͤntzen ſieht mein forſcheu- des Geſicht Als ein wuͤrdigs Reich des Schoͤpffers, das unendlich ſon- der Schrancken, Wo, in alle Ewigkeit, menſch- und engliſchen gedancken Kein Bezirck, kein Ziel, noch Ende zu erſinnen, moͤglich faͤllt, Mit erſtauntem Blicken an. Dieſe groſſe Sternen-Welt, So viel Millionen Sonnen, ſind die Proben ſeiner Liebe, Seiner Weisheit, ſeiner Macht. Denn was ſonſt, als Liebe, triebe Sein in ſich ſchon ſeeligs Weſen, Creaturen, aus dem Nichts, Zum Gebrauch ſo vieler Guͤter, zum Genuß des ſchoͤnen Lichts, Ja zur Seeligkeit zu ſchaffen? GOttheit, deren ewigs Weſen heilig, ſeelig, herr- lich, wahr, Unerforſchlich, weiſ’, allmaͤchtig, liebreich und unwan- delbar! Laß mich von dem hellen Himmel nie die Strahlen-reichen Hoͤhen, Ohn’ an deine Lieb’ und Macht froͤlich zu gedencken, ſehen! Biß mein Geiſt, nach dieſer Erde, von der ewgen Sonnen Schein Wird, unmittelbar beſtrahlet, ewiglich erleuchtet ſeyn. Fruͤhe

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/20>, abgerufen am 30.04.2024.