Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite
Mannigfaltigkeit
So stellet meine Seele mir
Dennoch, zu unsers Schöpfers Ehre,
Die Unerschöpflichkeit der Aenderungen für,
Und hoff' ich, daß, durch diese Lehre,
Bey andern, wie bey mir, sein Ruhm sich stets verehre.
Nun deucht mich, lieber Mensch, daß ich dich sprechen
höre:

"Jch weiß nicht wie ich GOtt auf solche Weise ehre,
"Man hat mich's nicht gelehrt; wie muß ich's machen?
Wir müssen unsern Geist bey den erblickten Sachen
Jn einen solchen Stand bemühet seyn zu setzen,
Daß wir den Schöpfer hoch, in dem Geschöpfe, schätzen;
Wir müssen deßfals erstlich finden,
Wie sehr es nöthig sey, das Dencken
Mit unsern Sinnen zu verbinden.
Wir mögen unsern Sinn, worauf wir wollen, lencken;
Es mögen Feld und Wald, Sand, Blumen, Holtz und
Stein,

Gebäude, Thiere, Graß, Metall, ein schnell Geflügel,
Ein Regen-Wurm, ein Fisch, das Meer, ein Thal, ein
Hügel,

Ein Bach, das Firmament, ein Mensch, gesehen seyn;
So stimmet alles doch hierin stets überein:
Es ist ein Göttlich Werck, es ist von ihm entstanden,
Ein jedes lehret uns, es sey ein GOtt vorhanden!
GOtt zeiget seine Macht durch alles, was man sieht,
Wem aber zeigt er sich, wenn wir nicht das Gemüth
Mit unsrer Sinnen Kraft verbinden,
Und, daß der Schöpfer wehrt, daß man ihn ehre, finden.
"Mir
Mannigfaltigkeit
So ſtellet meine Seele mir
Dennoch, zu unſers Schoͤpfers Ehre,
Die Unerſchoͤpflichkeit der Aenderungen fuͤr,
Und hoff’ ich, daß, durch dieſe Lehre,
Bey andern, wie bey mir, ſein Ruhm ſich ſtets verehre.
Nun deucht mich, lieber Menſch, daß ich dich ſprechen
hoͤre:

„Jch weiß nicht wie ich GOtt auf ſolche Weiſe ehre,
„Man hat mich’s nicht gelehrt; wie muß ich’s machen?
Wir muͤſſen unſern Geiſt bey den erblickten Sachen
Jn einen ſolchen Stand bemuͤhet ſeyn zu ſetzen,
Daß wir den Schoͤpfer hoch, in dem Geſchoͤpfe, ſchaͤtzen;
Wir muͤſſen deßfals erſtlich finden,
Wie ſehr es noͤthig ſey, das Dencken
Mit unſern Sinnen zu verbinden.
Wir moͤgen unſern Sinn, worauf wir wollen, lencken;
Es moͤgen Feld und Wald, Sand, Blumen, Holtz und
Stein,

Gebaͤude, Thiere, Graß, Metall, ein ſchnell Gefluͤgel,
Ein Regen-Wurm, ein Fiſch, das Meer, ein Thal, ein
Huͤgel,

Ein Bach, das Firmament, ein Menſch, geſehen ſeyn;
So ſtimmet alles doch hierin ſtets uͤberein:
Es iſt ein Goͤttlich Werck, es iſt von ihm entſtanden,
Ein jedes lehret uns, es ſey ein GOtt vorhanden!
GOtt zeiget ſeine Macht durch alles, was man ſieht,
Wem aber zeigt er ſich, wenn wir nicht das Gemuͤth
Mit unſrer Sinnen Kraft verbinden,
Und, daß der Schoͤpfer wehrt, daß man ihn ehre, finden.
„Mir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0212" n="196"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Mannigfaltigkeit</hi> </fw><lb/>
          <lg n="3">
            <l>So &#x017F;tellet meine Seele mir</l><lb/>
            <l>Dennoch, zu un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers Ehre,</l><lb/>
            <l>Die Uner&#x017F;cho&#x0364;pflichkeit der Aenderungen fu&#x0364;r,</l><lb/>
            <l>Und hoff&#x2019; ich, daß, durch die&#x017F;e Lehre,</l><lb/>
            <l>Bey andern, wie bey mir, &#x017F;ein Ruhm &#x017F;ich &#x017F;tets verehre.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="4">
            <l>Nun deucht mich, lieber Men&#x017F;ch, daß ich dich &#x017F;prechen<lb/><hi rendition="#et">ho&#x0364;re:</hi></l><lb/>
            <l>&#x201E;Jch weiß nicht wie ich GOtt auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e ehre,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Man hat mich&#x2019;s nicht gelehrt; wie muß ich&#x2019;s machen?</l><lb/>
            <l>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en un&#x017F;ern Gei&#x017F;t bey den erblickten Sachen</l><lb/>
            <l>Jn einen &#x017F;olchen Stand bemu&#x0364;het &#x017F;eyn zu &#x017F;etzen,</l><lb/>
            <l>Daß wir den Scho&#x0364;pfer hoch, in dem Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe, &#x017F;cha&#x0364;tzen;</l><lb/>
            <l>Wir mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en deßfals er&#x017F;tlich finden,</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ehr es no&#x0364;thig &#x017F;ey, das Dencken</l><lb/>
            <l>Mit un&#x017F;ern Sinnen zu verbinden.</l><lb/>
            <l>Wir mo&#x0364;gen un&#x017F;ern Sinn, worauf wir wollen, lencken;</l><lb/>
            <l>Es mo&#x0364;gen Feld und Wald, Sand, Blumen, Holtz und<lb/><hi rendition="#et">Stein,</hi></l><lb/>
            <l>Geba&#x0364;ude, Thiere, Graß, Metall, ein &#x017F;chnell Geflu&#x0364;gel,</l><lb/>
            <l>Ein Regen-Wurm, ein Fi&#x017F;ch, das Meer, ein Thal, ein<lb/><hi rendition="#et">Hu&#x0364;gel,</hi></l><lb/>
            <l>Ein Bach, das Firmament, ein Men&#x017F;ch, ge&#x017F;ehen &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>So &#x017F;timmet alles doch hierin &#x017F;tets u&#x0364;berein:</l><lb/>
            <l>Es i&#x017F;t ein Go&#x0364;ttlich Werck, es i&#x017F;t von ihm ent&#x017F;tanden,</l><lb/>
            <l>Ein jedes lehret uns, es &#x017F;ey ein GOtt vorhanden!</l><lb/>
            <l>GOtt zeiget &#x017F;eine Macht durch alles, was man &#x017F;ieht,</l><lb/>
            <l>Wem aber zeigt er &#x017F;ich, wenn wir nicht das Gemu&#x0364;th</l><lb/>
            <l>Mit un&#x017F;rer Sinnen Kraft verbinden,</l><lb/>
            <l>Und, daß der Scho&#x0364;pfer wehrt, daß man ihn ehre, finden.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">&#x201E;Mir</hi> </fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0212] Mannigfaltigkeit So ſtellet meine Seele mir Dennoch, zu unſers Schoͤpfers Ehre, Die Unerſchoͤpflichkeit der Aenderungen fuͤr, Und hoff’ ich, daß, durch dieſe Lehre, Bey andern, wie bey mir, ſein Ruhm ſich ſtets verehre. Nun deucht mich, lieber Menſch, daß ich dich ſprechen hoͤre: „Jch weiß nicht wie ich GOtt auf ſolche Weiſe ehre, „Man hat mich’s nicht gelehrt; wie muß ich’s machen? Wir muͤſſen unſern Geiſt bey den erblickten Sachen Jn einen ſolchen Stand bemuͤhet ſeyn zu ſetzen, Daß wir den Schoͤpfer hoch, in dem Geſchoͤpfe, ſchaͤtzen; Wir muͤſſen deßfals erſtlich finden, Wie ſehr es noͤthig ſey, das Dencken Mit unſern Sinnen zu verbinden. Wir moͤgen unſern Sinn, worauf wir wollen, lencken; Es moͤgen Feld und Wald, Sand, Blumen, Holtz und Stein, Gebaͤude, Thiere, Graß, Metall, ein ſchnell Gefluͤgel, Ein Regen-Wurm, ein Fiſch, das Meer, ein Thal, ein Huͤgel, Ein Bach, das Firmament, ein Menſch, geſehen ſeyn; So ſtimmet alles doch hierin ſtets uͤberein: Es iſt ein Goͤttlich Werck, es iſt von ihm entſtanden, Ein jedes lehret uns, es ſey ein GOtt vorhanden! GOtt zeiget ſeine Macht durch alles, was man ſieht, Wem aber zeigt er ſich, wenn wir nicht das Gemuͤth Mit unſrer Sinnen Kraft verbinden, Und, daß der Schoͤpfer wehrt, daß man ihn ehre, finden. „Mir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/212
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 5. Hamburg, 1736, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen05_1736/212>, abgerufen am 25.11.2024.