Mit Augen der Vernunft betrachten: So müssen wir je mehr und mehr, Zu unsers Gottes Ruhm und Ehr, Es als ein wirkliches beträchtlichs Wunder achten.
Es ist wahrhaftig dieses Wunder, so bloß für uns gewirkt wird, werth, Daß man, in frölicher Betrachtung, auch darin unsern Schöp- fer ehrt. Wer würde doch der nahen Sonnen, und der geraden Stra- len Brennen, Ohn ein fast gänzliches Verschmachten, das nicht erträglich, dulden können! Wenn nun, von uns erbaute Häuser, uns zwar in solchen Zei- ten nützen: So sieht man, sonder Müh und Kosten, und besser noch, die Bäum uns schützen.
Der dicht belaubten Wälder Wipfel sind nicht nur grün, sind nicht nur schön; Sie sind als aufgeführte Dächer, uns zu beschirmen, anzusehn. Es ist derselben dunkle Frucht, der kühle Schatten, anders nichts, Als eine Milderung der Hitze, als eine Linderung des Lichts, Den Gott, in schwühler Sommerszeit, Zu unsrer Kühlung, Lust, Vergnügung, Bequemlichkeit und Nutzbarkeit, Zugleich zusamt der Blätter Pracht, Mit ihnen gleichsam wachsen läßt. O angenehme grüne Nacht, Wie lieblich läßt sichs in dir ruhn! wie sanfte läßt sichs in dir schlafen!
So
Schatten.
Mit Augen der Vernunft betrachten: So muͤſſen wir je mehr und mehr, Zu unſers Gottes Ruhm und Ehr, Es als ein wirkliches betraͤchtlichs Wunder achten.
Es iſt wahrhaftig dieſes Wunder, ſo bloß fuͤr uns gewirkt wird, werth, Daß man, in froͤlicher Betrachtung, auch darin unſern Schoͤp- fer ehrt. Wer wuͤrde doch der nahen Sonnen, und der geraden Stra- len Brennen, Ohn ein faſt gaͤnzliches Verſchmachten, das nicht ertraͤglich, dulden koͤnnen! Wenn nun, von uns erbaute Haͤuſer, uns zwar in ſolchen Zei- ten nuͤtzen: So ſieht man, ſonder Muͤh und Koſten, und beſſer noch, die Baͤum uns ſchuͤtzen.
Der dicht belaubten Waͤlder Wipfel ſind nicht nur gruͤn, ſind nicht nur ſchoͤn; Sie ſind als aufgefuͤhrte Daͤcher, uns zu beſchirmen, anzuſehn. Es iſt derſelben dunkle Frucht, der kuͤhle Schatten, anders nichts, Als eine Milderung der Hitze, als eine Linderung des Lichts, Den Gott, in ſchwuͤhler Sommerszeit, Zu unſrer Kuͤhlung, Luſt, Vergnuͤgung, Bequemlichkeit und Nutzbarkeit, Zugleich zuſamt der Blaͤtter Pracht, Mit ihnen gleichſam wachſen laͤßt. O angenehme gruͤne Nacht, Wie lieblich laͤßt ſichs in dir ruhn! wie ſanfte laͤßt ſichs in dir ſchlafen!
So
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="58"><l><pbfacs="#f0130"n="106"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Schatten.</hi></fw><lb/>
Mit Augen der Vernunft betrachten:</l><lb/><l>So muͤſſen wir je mehr und mehr,</l><lb/><l>Zu unſers Gottes Ruhm und Ehr,</l><lb/><l>Es als ein wirkliches betraͤchtlichs Wunder achten.</l></lg><lb/><lgn="59"><l>Es iſt wahrhaftig dieſes Wunder, ſo bloß fuͤr uns gewirkt<lb/><hirendition="#et">wird, werth,</hi></l><lb/><l>Daß man, in froͤlicher Betrachtung, auch darin unſern Schoͤp-<lb/><hirendition="#et">fer ehrt.</hi></l><lb/><l>Wer wuͤrde doch der nahen Sonnen, und der geraden Stra-<lb/><hirendition="#et">len Brennen,</hi></l><lb/><l>Ohn ein faſt gaͤnzliches Verſchmachten, das nicht ertraͤglich,<lb/><hirendition="#et">dulden koͤnnen!</hi></l><lb/><l>Wenn nun, von uns erbaute Haͤuſer, uns zwar in ſolchen Zei-<lb/><hirendition="#et">ten nuͤtzen:</hi></l><lb/><l>So ſieht man, ſonder Muͤh und Koſten, und beſſer noch, die<lb/><hirendition="#et">Baͤum uns ſchuͤtzen.</hi></l></lg><lb/><lgn="60"><l>Der dicht belaubten Waͤlder Wipfel ſind nicht nur gruͤn,<lb/><hirendition="#et">ſind nicht nur ſchoͤn;</hi></l><lb/><l>Sie ſind als aufgefuͤhrte Daͤcher, uns zu beſchirmen, anzuſehn.</l><lb/><l>Es iſt derſelben dunkle Frucht, der kuͤhle Schatten, anders<lb/><hirendition="#et">nichts,</hi></l><lb/><l>Als eine Milderung der Hitze, als eine Linderung des Lichts,</l><lb/><l>Den Gott, in ſchwuͤhler Sommerszeit,</l><lb/><l>Zu unſrer Kuͤhlung, Luſt, Vergnuͤgung, Bequemlichkeit und<lb/><hirendition="#et">Nutzbarkeit,</hi></l><lb/><l>Zugleich zuſamt der Blaͤtter Pracht,</l><lb/><l>Mit ihnen gleichſam wachſen laͤßt. O angenehme gruͤne<lb/><hirendition="#et">Nacht,</hi></l><lb/><l>Wie lieblich laͤßt ſichs in dir ruhn! wie ſanfte laͤßt ſichs in dir<lb/><hirendition="#et">ſchlafen!</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">So</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[106/0130]
Schatten.
Mit Augen der Vernunft betrachten:
So muͤſſen wir je mehr und mehr,
Zu unſers Gottes Ruhm und Ehr,
Es als ein wirkliches betraͤchtlichs Wunder achten.
Es iſt wahrhaftig dieſes Wunder, ſo bloß fuͤr uns gewirkt
wird, werth,
Daß man, in froͤlicher Betrachtung, auch darin unſern Schoͤp-
fer ehrt.
Wer wuͤrde doch der nahen Sonnen, und der geraden Stra-
len Brennen,
Ohn ein faſt gaͤnzliches Verſchmachten, das nicht ertraͤglich,
dulden koͤnnen!
Wenn nun, von uns erbaute Haͤuſer, uns zwar in ſolchen Zei-
ten nuͤtzen:
So ſieht man, ſonder Muͤh und Koſten, und beſſer noch, die
Baͤum uns ſchuͤtzen.
Der dicht belaubten Waͤlder Wipfel ſind nicht nur gruͤn,
ſind nicht nur ſchoͤn;
Sie ſind als aufgefuͤhrte Daͤcher, uns zu beſchirmen, anzuſehn.
Es iſt derſelben dunkle Frucht, der kuͤhle Schatten, anders
nichts,
Als eine Milderung der Hitze, als eine Linderung des Lichts,
Den Gott, in ſchwuͤhler Sommerszeit,
Zu unſrer Kuͤhlung, Luſt, Vergnuͤgung, Bequemlichkeit und
Nutzbarkeit,
Zugleich zuſamt der Blaͤtter Pracht,
Mit ihnen gleichſam wachſen laͤßt. O angenehme gruͤne
Nacht,
Wie lieblich laͤßt ſichs in dir ruhn! wie ſanfte laͤßt ſichs in dir
ſchlafen!
So
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/130>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.