Nichts bemerket, nichts empfunden, nichts gefühlet, nichts geschaut. Ausser, was sie, da sie bloß, durch Geberden, Red und Schriften, Weiter, als sie selber reicht, vor Veränderung kann stiften, Als wodurch sie sich, mit andern, und mit ihr auch andre Seelen, Bleiben sie gleich all in Körpern, doch geschickt sind, zu ver- mählen. Denn, wie wir schon einst erwiesen, läßt uns die Erfah- rung lernen, Daß sich selber die Gedanken nie aus unserm Kopf entfernen.
Fällt dir dieses schwer zu fassen: fällt mir der Beweis nicht schwer, Und die Probe wird dirs zeigen. Schicke der Gedanken Heer Nach der Africaner Küsten; ruf sie widerum zurück; Laß sie, weil sie dort gewesen, dir doch eigentlich erzählen, Was sie dort gesehen haben. Dieß kann ihnen ja nicht fehlen, Und doch fehlen sie gewiß. Was sie einst davon gelesen, Oder was von solchem Ort etwan einst erzählt gewesen, Sagen sie dir; anders nichts. Zeigt nun dieß nicht klärlich an, Daß die Seel aus ihrem Körper nimmer sich begeben kann?
Sie verbleibet allezeit in des Körpers engen Schranken, Und hat alles, nebst den Sinnen, dem Gedächtniß bloß zu danken, Wenn sie so geschwinde scheint. Doch es rufet mich die Mücke Noch zu einer Ueberlegung, eh ich weiter geh, zurücke.
Wie ist ihres Stachels Spitze, und die Stelle doch so klein, Wo sie mich verletzt und stach! Hiebey fällt mir billig ein:
Wie
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Die Muͤcke.
Nichts bemerket, nichts empfunden, nichts gefuͤhlet, nichts geſchaut. Auſſer, was ſie, da ſie bloß, durch Geberden, Red und Schriften, Weiter, als ſie ſelber reicht, vor Veraͤnderung kann ſtiften, Als wodurch ſie ſich, mit andern, und mit ihr auch andre Seelen, Bleiben ſie gleich all in Koͤrpern, doch geſchickt ſind, zu ver- maͤhlen. Denn, wie wir ſchon einſt erwieſen, laͤßt uns die Erfah- rung lernen, Daß ſich ſelber die Gedanken nie aus unſerm Kopf entfernen.
Faͤllt dir dieſes ſchwer zu faſſen: faͤllt mir der Beweis nicht ſchwer, Und die Probe wird dirs zeigen. Schicke der Gedanken Heer Nach der Africaner Kuͤſten; ruf ſie widerum zuruͤck; Laß ſie, weil ſie dort geweſen, dir doch eigentlich erzaͤhlen, Was ſie dort geſehen haben. Dieß kann ihnen ja nicht fehlen, Und doch fehlen ſie gewiß. Was ſie einſt davon geleſen, Oder was von ſolchem Ort etwan einſt erzaͤhlt geweſen, Sagen ſie dir; anders nichts. Zeigt nun dieß nicht klaͤrlich an, Daß die Seel aus ihrem Koͤrper nimmer ſich begeben kann?
Sie verbleibet allezeit in des Koͤrpers engen Schranken, Und hat alles, nebſt den Sinnen, dem Gedaͤchtniß bloß zu danken, Wenn ſie ſo geſchwinde ſcheint. Doch es rufet mich die Muͤcke Noch zu einer Ueberlegung, eh ich weiter geh, zuruͤcke.
Wie iſt ihres Stachels Spitze, und die Stelle doch ſo klein, Wo ſie mich verletzt und ſtach! Hiebey faͤllt mir billig ein:
Wie
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Die Muͤcke.
Nichts bemerket, nichts empfunden, nichts gefuͤhlet, nichts
geſchaut.
Auſſer, was ſie, da ſie bloß, durch Geberden, Red und
Schriften,
Weiter, als ſie ſelber reicht, vor Veraͤnderung kann ſtiften,
Als wodurch ſie ſich, mit andern, und mit ihr auch andre
Seelen,
Bleiben ſie gleich all in Koͤrpern, doch geſchickt ſind, zu ver-
maͤhlen.
Denn, wie wir ſchon einſt erwieſen, laͤßt uns die Erfah-
rung lernen,
Daß ſich ſelber die Gedanken nie aus unſerm Kopf entfernen.
Faͤllt dir dieſes ſchwer zu faſſen: faͤllt mir der Beweis nicht
ſchwer,
Und die Probe wird dirs zeigen. Schicke der Gedanken Heer
Nach der Africaner Kuͤſten; ruf ſie widerum zuruͤck;
Laß ſie, weil ſie dort geweſen, dir doch eigentlich erzaͤhlen,
Was ſie dort geſehen haben. Dieß kann ihnen ja nicht
fehlen,
Und doch fehlen ſie gewiß. Was ſie einſt davon geleſen,
Oder was von ſolchem Ort etwan einſt erzaͤhlt geweſen,
Sagen ſie dir; anders nichts. Zeigt nun dieß nicht klaͤrlich an,
Daß die Seel aus ihrem Koͤrper nimmer ſich begeben kann?
Sie verbleibet allezeit in des Koͤrpers engen Schranken,
Und hat alles, nebſt den Sinnen, dem Gedaͤchtniß bloß zu danken,
Wenn ſie ſo geſchwinde ſcheint. Doch es rufet mich die Muͤcke
Noch zu einer Ueberlegung, eh ich weiter geh, zuruͤcke.
Wie iſt ihres Stachels Spitze, und die Stelle doch ſo klein,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/155>, abgerufen am 21.11.2024.
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