Und ich, so viel mir möglich war, der Menscheu Seelen Eigen- schaft, Mit allen angespannten Kräften, und ihren schnellen Geist erwegte: So fand ich, wenn ich recht ihr Wesen, samt ihrer Absicht, überlegte, Nach langem Denken, anders nichts, als sie sey eine rege Kraft, Zu diesem Endzweck bloß erschaffen, um in des Schöpfers Wunderwerken, Sein' Allmacht, Seine weise Liebe, mit Lust und Andacht, zu bemerken.
Wie aber, dacht ich, kömmt es dann, daß, da sie sonst so schnell, so rege, Jn allem ihren Thun und Lassen; sie doch zu diesem Werk so träge? So dacht ich, als ich hinter mir ein Rascheln in dem Busch vermerkte, Das sich, nach einer kurzen Zeit, mir nähert und sich stets ver- stärkte. Gleich sah ich, aus dem dicken Strauch, des Jägers muntern Spürhund dringen, Und mit gesenkter Stirn und Schnauze, geschäfftig rennen, tra- ben, springen, Mit einem eifrigen Bemühn, durch Hecken, Brüch und Pfü- tzen laufen, Sich ämsig wenden, kriechen, suchen, geschwind und unauf- hörlich schnaufen.
Jch dachte lieber Gott! wie ämsig, mit welcher feurigen Begier, Mit welchem ungehemmten Trieb und Fleiß, gebrauchet die- ses Thier Die rege Kraft, so die Natur, zu suchen, ihm hat eingepräget! Da wir hingegen unsern Geist, mit allen Kräften, die er heget,
Jn
Gedanken bey einer froͤlichen Geſellſchaft.
Und ich, ſo viel mir moͤglich war, der Menſcheu Seelen Eigen- ſchaft, Mit allen angeſpannten Kraͤften, und ihren ſchnellen Geiſt erwegte: So fand ich, wenn ich recht ihr Weſen, ſamt ihrer Abſicht, uͤberlegte, Nach langem Denken, anders nichts, als ſie ſey eine rege Kraft, Zu dieſem Endzweck bloß erſchaffen, um in des Schoͤpfers Wunderwerken, Sein’ Allmacht, Seine weiſe Liebe, mit Luſt und Andacht, zu bemerken.
Wie aber, dacht ich, koͤmmt es dann, daß, da ſie ſonſt ſo ſchnell, ſo rege, Jn allem ihren Thun und Laſſen; ſie doch zu dieſem Werk ſo traͤge? So dacht ich, als ich hinter mir ein Raſcheln in dem Buſch vermerkte, Das ſich, nach einer kurzen Zeit, mir naͤhert und ſich ſtets ver- ſtaͤrkte. Gleich ſah ich, aus dem dicken Strauch, des Jaͤgers muntern Spuͤrhund dringen, Und mit geſenkter Stirn und Schnauze, geſchaͤfftig rennen, tra- ben, ſpringen, Mit einem eifrigen Bemuͤhn, durch Hecken, Bruͤch und Pfuͤ- tzen laufen, Sich aͤmſig wenden, kriechen, ſuchen, geſchwind und unauf- hoͤrlich ſchnaufen.
Jch dachte lieber Gott! wie aͤmſig, mit welcher feurigen Begier, Mit welchem ungehemmten Trieb und Fleiß, gebrauchet die- ſes Thier Die rege Kraft, ſo die Natur, zu ſuchen, ihm hat eingepraͤget! Da wir hingegen unſern Geiſt, mit allen Kraͤften, die er heget,
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Gedanken bey einer froͤlichen Geſellſchaft.
Und ich, ſo viel mir moͤglich war, der Menſcheu Seelen Eigen-
ſchaft,
Mit allen angeſpannten Kraͤften, und ihren ſchnellen Geiſt
erwegte:
So fand ich, wenn ich recht ihr Weſen, ſamt ihrer Abſicht,
uͤberlegte,
Nach langem Denken, anders nichts, als ſie ſey eine rege Kraft,
Zu dieſem Endzweck bloß erſchaffen, um in des Schoͤpfers
Wunderwerken,
Sein’ Allmacht, Seine weiſe Liebe, mit Luſt und Andacht, zu
bemerken.
Wie aber, dacht ich, koͤmmt es dann, daß, da ſie ſonſt ſo ſchnell,
ſo rege,
Jn allem ihren Thun und Laſſen; ſie doch zu dieſem Werk
ſo traͤge?
So dacht ich, als ich hinter mir ein Raſcheln in dem Buſch
vermerkte,
Das ſich, nach einer kurzen Zeit, mir naͤhert und ſich ſtets ver-
ſtaͤrkte.
Gleich ſah ich, aus dem dicken Strauch, des Jaͤgers muntern
Spuͤrhund dringen,
Und mit geſenkter Stirn und Schnauze, geſchaͤfftig rennen, tra-
ben, ſpringen,
Mit einem eifrigen Bemuͤhn, durch Hecken, Bruͤch und Pfuͤ-
tzen laufen,
Sich aͤmſig wenden, kriechen, ſuchen, geſchwind und unauf-
hoͤrlich ſchnaufen.
Jch dachte lieber Gott! wie aͤmſig, mit welcher feurigen Begier,
Mit welchem ungehemmten Trieb und Fleiß, gebrauchet die-
ſes Thier
Die rege Kraft, ſo die Natur, zu ſuchen, ihm hat eingepraͤget!
Da wir hingegen unſern Geiſt, mit allen Kraͤften, die er heget,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/162>, abgerufen am 24.11.2024.
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