Es steckt in Stämmen eine Kraft, Was besseres hervorzubringen, Doch, in Ermangelung von Saft, Kann ihm die Arbeit nicht gelingen; Woraus von Farb und von Figur Denn nichts, als Misgeburten nur, Verworrene Gewächs, entspringen. Er schiene gar sich nicht zu schämen, Hieraus auf andre Dinge mehr Noch ferneren Beweis zu nehmen.
Allein, mein lieber P - - hör: Hat sich der Bäume Nahrungssaft, Der sie zum Wachsthum nährlich tränket, Und ihre sich vermehrnde Kraft Dem Stamm von selbst sich eingesenket? Kann es von ungefähr geschehn, Daß Blätter, Blüht und Frucht entstehn?
Wenn nun, so wie du scheinst zu wollen, Auch gleich was anders kommen sollen, Und etwan aus der trocknen Rinde, Aus Mangel, nichts, als Mooß, entstünde: So sieht man doch, da dessen Zier, Die nicht nur unser Aug ergetzt, Und uns oft in Verwundrung setzt, Nein, auch so gar den Stamm beschützet, Und auch in Arzeneyen nützet, Daß sich die Mühe nicht verlier; Vielmehr, daß die Natur geschäfftig, Und auch, wenn sie geschwächt, doch kräftig, Zu viel - und unterschiednen Dingen, Was nützliches hervorzubringen,
Und
Das dauerhafte Gruͤn.
Es ſteckt in Staͤmmen eine Kraft, Was beſſeres hervorzubringen, Doch, in Ermangelung von Saft, Kann ihm die Arbeit nicht gelingen; Woraus von Farb und von Figur Denn nichts, als Misgeburten nur, Verworrene Gewaͤchs, entſpringen. Er ſchiene gar ſich nicht zu ſchaͤmen, Hieraus auf andre Dinge mehr Noch ferneren Beweis zu nehmen.
Allein, mein lieber P - - hoͤr: Hat ſich der Baͤume Nahrungsſaft, Der ſie zum Wachsthum naͤhrlich traͤnket, Und ihre ſich vermehrnde Kraft Dem Stamm von ſelbſt ſich eingeſenket? Kann es von ungefaͤhr geſchehn, Daß Blaͤtter, Bluͤht und Frucht entſtehn?
Wenn nun, ſo wie du ſcheinſt zu wollen, Auch gleich was anders kommen ſollen, Und etwan aus der trocknen Rinde, Aus Mangel, nichts, als Mooß, entſtuͤnde: So ſieht man doch, da deſſen Zier, Die nicht nur unſer Aug ergetzt, Und uns oft in Verwundrung ſetzt, Nein, auch ſo gar den Stamm beſchuͤtzet, Und auch in Arzeneyen nuͤtzet, Daß ſich die Muͤhe nicht verlier; Vielmehr, daß die Natur geſchaͤfftig, Und auch, wenn ſie geſchwaͤcht, doch kraͤftig, Zu viel - und unterſchiednen Dingen, Was nuͤtzliches hervorzubringen,
Und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0218"n="194"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das dauerhafte Gruͤn.</hi></fw><lb/><lgn="37"><l>Es ſteckt in Staͤmmen eine Kraft,</l><lb/><l>Was beſſeres hervorzubringen,</l><lb/><l>Doch, in Ermangelung von Saft,</l><lb/><l>Kann ihm die Arbeit nicht gelingen;</l><lb/><l>Woraus von Farb und von Figur</l><lb/><l>Denn nichts, als Misgeburten nur,</l><lb/><l>Verworrene Gewaͤchs, entſpringen.</l><lb/><l>Er ſchiene gar ſich nicht zu ſchaͤmen,</l><lb/><l>Hieraus auf andre Dinge mehr</l><lb/><l>Noch ferneren Beweis zu nehmen.</l></lg><lb/><lgn="38"><l>Allein, mein lieber P - - hoͤr:</l><lb/><l>Hat ſich der Baͤume Nahrungsſaft,</l><lb/><l>Der ſie zum Wachsthum naͤhrlich traͤnket,</l><lb/><l>Und ihre ſich vermehrnde Kraft</l><lb/><l>Dem Stamm von ſelbſt ſich eingeſenket?</l><lb/><l>Kann es von ungefaͤhr geſchehn,</l><lb/><l>Daß Blaͤtter, Bluͤht und Frucht entſtehn?</l></lg><lb/><lgn="39"><l>Wenn nun, ſo wie du ſcheinſt zu wollen,</l><lb/><l>Auch gleich was anders kommen ſollen,</l><lb/><l>Und etwan aus der trocknen Rinde,</l><lb/><l>Aus Mangel, nichts, als Mooß, entſtuͤnde:</l><lb/><l>So ſieht man doch, da deſſen Zier,</l><lb/><l>Die nicht nur unſer Aug ergetzt,</l><lb/><l>Und uns oft in Verwundrung ſetzt,</l><lb/><l>Nein, auch ſo gar den Stamm beſchuͤtzet,</l><lb/><l>Und auch in Arzeneyen nuͤtzet,</l><lb/><l>Daß ſich die Muͤhe nicht verlier;</l><lb/><l>Vielmehr, daß die Natur geſchaͤfftig,</l><lb/><l>Und auch, wenn ſie geſchwaͤcht, doch kraͤftig,</l><lb/><l>Zu viel - und unterſchiednen Dingen,</l><lb/><l>Was nuͤtzliches hervorzubringen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Und</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[194/0218]
Das dauerhafte Gruͤn.
Es ſteckt in Staͤmmen eine Kraft,
Was beſſeres hervorzubringen,
Doch, in Ermangelung von Saft,
Kann ihm die Arbeit nicht gelingen;
Woraus von Farb und von Figur
Denn nichts, als Misgeburten nur,
Verworrene Gewaͤchs, entſpringen.
Er ſchiene gar ſich nicht zu ſchaͤmen,
Hieraus auf andre Dinge mehr
Noch ferneren Beweis zu nehmen.
Allein, mein lieber P - - hoͤr:
Hat ſich der Baͤume Nahrungsſaft,
Der ſie zum Wachsthum naͤhrlich traͤnket,
Und ihre ſich vermehrnde Kraft
Dem Stamm von ſelbſt ſich eingeſenket?
Kann es von ungefaͤhr geſchehn,
Daß Blaͤtter, Bluͤht und Frucht entſtehn?
Wenn nun, ſo wie du ſcheinſt zu wollen,
Auch gleich was anders kommen ſollen,
Und etwan aus der trocknen Rinde,
Aus Mangel, nichts, als Mooß, entſtuͤnde:
So ſieht man doch, da deſſen Zier,
Die nicht nur unſer Aug ergetzt,
Und uns oft in Verwundrung ſetzt,
Nein, auch ſo gar den Stamm beſchuͤtzet,
Und auch in Arzeneyen nuͤtzet,
Daß ſich die Muͤhe nicht verlier;
Vielmehr, daß die Natur geſchaͤfftig,
Und auch, wenn ſie geſchwaͤcht, doch kraͤftig,
Zu viel - und unterſchiednen Dingen,
Was nuͤtzliches hervorzubringen,
Und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/218>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.