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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Die Hirsche.
Sieher man, in weichem Graß, ein, dem Schein nach, lebend Bild;
Ein, mit seinem zarten Kälbchen, wiederkauendes Stück Wild,
Das, in seiner jungen Einfalt, dieß, mit ernster Vorsicht, liegen.
Des behaarten feisten Spiesserts rasch und muntre Flüchtigkeit
Zeigen die benervten Schenkel. Wer bewundert nicht, in ihnen,
Da das Urbild und der Abdruck uns zur Lust und Nahrung
dienen,

Unsers Schöpfers schöne Werke, und der Kunst Vollkommenheit?
No. 2.
Halb in frisch-und kühlem Schatten, halb in schwülem Son-
nenschein,

Unter Blätter-reichen Bäumen, zwischen Kräuter-reichen Hügeln,
Sieht man einen edlen Hirsch, hier im klaren Bach sich spiegeln,
So natürlich, daß der Schein selbst ein Urbild scheint zu seyn.
Jst gleich seine Stellung still; Läßt uns doch sein rasches Wesen
Seine schüchterne Natur, aus fast regen Zügen, lesen.
Seht! es rühren sich die Ohren. Schaut! die Augen sehn
mich an.

Hört! ob man nicht eigentlich das Geraschel hören kann,
Des von ihm zertretnen Schilfs. Edler Ridinger, dein Geist,
Welcher uns des Schöpfers Macht, in der Körper Schönheit,
weist,

Zeiget, welche Kraft, zu bilden, Gott den Geistern eingesenket,
Und zugleich, wie groß das Maaß, welches dir von Jhm ge-
schenket.
No. 3.
Welch Rascheln unterbricht der Stille so lang hier ungestör-
ten Sitz?

Es rauschen Büsch, es krachen Sträucher. Was fliegt daher, als
wie ein Blitz?

Es
O 5
Die Hirſche.
Sieher man, in weichem Graß, ein, dem Schein nach, lebend Bild;
Ein, mit ſeinem zarten Kaͤlbchen, wiederkauendes Stuͤck Wild,
Das, in ſeiner jungen Einfalt, dieß, mit ernſter Vorſicht, liegen.
Des behaarten feiſten Spieſſerts raſch und muntre Fluͤchtigkeit
Zeigen die benervten Schenkel. Wer bewundert nicht, in ihnen,
Da das Urbild und der Abdruck uns zur Luſt und Nahrung
dienen,

Unſers Schoͤpfers ſchoͤne Werke, und der Kunſt Vollkommenheit?
No. 2.
Halb in friſch-und kuͤhlem Schatten, halb in ſchwuͤlem Son-
nenſchein,

Unter Blaͤtter-reichen Baͤumen, zwiſchen Kraͤuter-reichen Huͤgeln,
Sieht man einen edlen Hirſch, hier im klaren Bach ſich ſpiegeln,
So natuͤrlich, daß der Schein ſelbſt ein Urbild ſcheint zu ſeyn.
Jſt gleich ſeine Stellung ſtill; Laͤßt uns doch ſein raſches Weſen
Seine ſchuͤchterne Natur, aus faſt regen Zuͤgen, leſen.
Seht! es ruͤhren ſich die Ohren. Schaut! die Augen ſehn
mich an.

Hoͤrt! ob man nicht eigentlich das Geraſchel hoͤren kann,
Des von ihm zertretnen Schilfs. Edler Ridinger, dein Geiſt,
Welcher uns des Schoͤpfers Macht, in der Koͤrper Schoͤnheit,
weiſt,

Zeiget, welche Kraft, zu bilden, Gott den Geiſtern eingeſenket,
Und zugleich, wie groß das Maaß, welches dir von Jhm ge-
ſchenket.
No. 3.
Welch Raſcheln unterbricht der Stille ſo lang hier ungeſtoͤr-
ten Sitz?

Es rauſchen Buͤſch, es krachen Straͤucher. Was fliegt daher, als
wie ein Blitz?

Es
O 5
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[217/0241] Die Hirſche. Sieher man, in weichem Graß, ein, dem Schein nach, lebend Bild; Ein, mit ſeinem zarten Kaͤlbchen, wiederkauendes Stuͤck Wild, Das, in ſeiner jungen Einfalt, dieß, mit ernſter Vorſicht, liegen. Des behaarten feiſten Spieſſerts raſch und muntre Fluͤchtigkeit Zeigen die benervten Schenkel. Wer bewundert nicht, in ihnen, Da das Urbild und der Abdruck uns zur Luſt und Nahrung dienen, Unſers Schoͤpfers ſchoͤne Werke, und der Kunſt Vollkommenheit? No. 2. Halb in friſch-und kuͤhlem Schatten, halb in ſchwuͤlem Son- nenſchein, Unter Blaͤtter-reichen Baͤumen, zwiſchen Kraͤuter-reichen Huͤgeln, Sieht man einen edlen Hirſch, hier im klaren Bach ſich ſpiegeln, So natuͤrlich, daß der Schein ſelbſt ein Urbild ſcheint zu ſeyn. Jſt gleich ſeine Stellung ſtill; Laͤßt uns doch ſein raſches Weſen Seine ſchuͤchterne Natur, aus faſt regen Zuͤgen, leſen. Seht! es ruͤhren ſich die Ohren. Schaut! die Augen ſehn mich an. Hoͤrt! ob man nicht eigentlich das Geraſchel hoͤren kann, Des von ihm zertretnen Schilfs. Edler Ridinger, dein Geiſt, Welcher uns des Schoͤpfers Macht, in der Koͤrper Schoͤnheit, weiſt, Zeiget, welche Kraft, zu bilden, Gott den Geiſtern eingeſenket, Und zugleich, wie groß das Maaß, welches dir von Jhm ge- ſchenket. No. 3. Welch Raſcheln unterbricht der Stille ſo lang hier ungeſtoͤr- ten Sitz? Es rauſchen Buͤſch, es krachen Straͤucher. Was fliegt daher, als wie ein Blitz? Es O 5

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/241>, abgerufen am 23.11.2024.