Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Der lehrende Vogel.
Jch trug an sein so freundlich Wesen, und sein vertrauli-
ches Betragen,

Ein' ihm gewogne Gegen-Neigung, und recht ein inniges Be-
hagen.

Hierüber fielen mir nun einst die tröstlichen Gedanken bey:
Daß dieses Thierchens liebreich Wesen uns ein erbauend Bey-
spiel sey.

Da wir, in uns, durch ein Vertrauen zu uns, ein' Art von
Anmuth spüren;

Wie sollt ein kindliches Vertrauen nicht den, der uns erschaf-
fen, rühren.
Wo etwas an der Menschen Seele dem ewgen Vater kann
gefallen,

Muß es ein gänzliches Vertrauen, (indem man dadurch ihm
allein,

Sich gleichsam in die Arme wirft; ihn über alles schätzet) seyn.
Dieß ist ein ihm gefällig Opfer, das sein erbarmend Herz,
vor allen,

Was wir ihm geben können, rührt. Lieb, Andacht, Demuth,
Zuversicht,

Sind unsrer Seelen beste Kräfte, wodurch sein Vaterherze bricht.
Mich deucht, ich seh, in seinem Wesen, die Tiefen seiner Liebe
wallen:

Er sehnet sich, uns wohl zu thun. Wir dürfen uns nur ihm
ergeben;

Wodurch wir, neben seiner Liebe, auch seine weise Macht erheben.
So hat denn heut ein Vögelein, durch sein Betragen, uns
gelehrt:

Es sey der beste Gottesdienst, wenn wir auf seine Güte bauen,
Und daß man Gott, im kindlichen und zuversichtlichen Vertrauen,
Am allersichersten gefällt, am allerwürdigsten verehrt.
Jch
Der lehrende Vogel.
Jch trug an ſein ſo freundlich Weſen, und ſein vertrauli-
ches Betragen,

Ein’ ihm gewogne Gegen-Neigung, und recht ein inniges Be-
hagen.

Hieruͤber fielen mir nun einſt die troͤſtlichen Gedanken bey:
Daß dieſes Thierchens liebreich Weſen uns ein erbauend Bey-
ſpiel ſey.

Da wir, in uns, durch ein Vertrauen zu uns, ein’ Art von
Anmuth ſpuͤren;

Wie ſollt ein kindliches Vertrauen nicht den, der uns erſchaf-
fen, ruͤhren.
Wo etwas an der Menſchen Seele dem ewgen Vater kann
gefallen,

Muß es ein gaͤnzliches Vertrauen, (indem man dadurch ihm
allein,

Sich gleichſam in die Arme wirft; ihn uͤber alles ſchaͤtzet) ſeyn.
Dieß iſt ein ihm gefaͤllig Opfer, das ſein erbarmend Herz,
vor allen,

Was wir ihm geben koͤnnen, ruͤhrt. Lieb, Andacht, Demuth,
Zuverſicht,

Sind unſrer Seelen beſte Kraͤfte, wodurch ſein Vaterherze bricht.
Mich deucht, ich ſeh, in ſeinem Weſen, die Tiefen ſeiner Liebe
wallen:

Er ſehnet ſich, uns wohl zu thun. Wir duͤrfen uns nur ihm
ergeben;

Wodurch wir, neben ſeiner Liebe, auch ſeine weiſe Macht erheben.
So hat denn heut ein Voͤgelein, durch ſein Betragen, uns
gelehrt:

Es ſey der beſte Gottesdienſt, wenn wir auf ſeine Guͤte bauen,
Und daß man Gott, im kindlichen und zuverſichtlichen Vertrauen,
Am allerſicherſten gefaͤllt, am allerwuͤrdigſten verehrt.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0278" n="254"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der lehrende Vogel.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Jch trug an &#x017F;ein &#x017F;o freundlich We&#x017F;en, und &#x017F;ein vertrauli-<lb/><hi rendition="#et">ches Betragen,</hi></l><lb/>
            <l>Ein&#x2019; ihm gewogne Gegen-Neigung, und recht ein inniges Be-<lb/><hi rendition="#et">hagen.</hi></l><lb/>
            <l>Hieru&#x0364;ber fielen mir nun ein&#x017F;t die tro&#x0364;&#x017F;tlichen Gedanken bey:</l><lb/>
            <l>Daß die&#x017F;es Thierchens liebreich We&#x017F;en uns ein erbauend Bey-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;piel &#x017F;ey.</hi></l><lb/>
            <l>Da wir, in uns, durch ein Vertrauen zu uns, ein&#x2019; Art von<lb/><hi rendition="#et">Anmuth &#x017F;pu&#x0364;ren;</hi></l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ollt ein kindliches Vertrauen nicht den, der uns er&#x017F;chaf-<lb/><hi rendition="#et">fen, ru&#x0364;hren.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Wo etwas an der Men&#x017F;chen Seele dem ewgen Vater kann<lb/><hi rendition="#et">gefallen,</hi></l><lb/>
            <l>Muß es ein ga&#x0364;nzliches Vertrauen, (indem man dadurch ihm<lb/><hi rendition="#et">allein,</hi></l><lb/>
            <l>Sich gleich&#x017F;am in die Arme wirft; ihn u&#x0364;ber alles &#x017F;cha&#x0364;tzet) &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>Dieß i&#x017F;t ein ihm gefa&#x0364;llig Opfer, das &#x017F;ein erbarmend Herz,<lb/><hi rendition="#et">vor allen,</hi></l><lb/>
            <l>Was wir ihm geben ko&#x0364;nnen, ru&#x0364;hrt. Lieb, Andacht, Demuth,<lb/><hi rendition="#et">Zuver&#x017F;icht,</hi></l><lb/>
            <l>Sind un&#x017F;rer Seelen be&#x017F;te Kra&#x0364;fte, wodurch &#x017F;ein Vaterherze bricht.</l><lb/>
            <l>Mich deucht, ich &#x017F;eh, in &#x017F;einem We&#x017F;en, die Tiefen &#x017F;einer Liebe<lb/><hi rendition="#et">wallen:</hi></l><lb/>
            <l>Er &#x017F;ehnet &#x017F;ich, uns wohl zu thun. Wir du&#x0364;rfen uns nur ihm<lb/><hi rendition="#et">ergeben;</hi></l><lb/>
            <l>Wodurch wir, neben &#x017F;einer Liebe, auch &#x017F;eine wei&#x017F;e Macht erheben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>So hat denn heut ein Vo&#x0364;gelein, durch &#x017F;ein Betragen, uns<lb/><hi rendition="#et">gelehrt:</hi></l><lb/>
            <l>Es &#x017F;ey der be&#x017F;te Gottesdien&#x017F;t, wenn wir auf &#x017F;eine Gu&#x0364;te bauen,</l><lb/>
            <l>Und daß man Gott, im kindlichen und zuver&#x017F;ichtlichen Vertrauen,</l><lb/>
            <l>Am aller&#x017F;icher&#x017F;ten gefa&#x0364;llt, am allerwu&#x0364;rdig&#x017F;ten verehrt.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0278] Der lehrende Vogel. Jch trug an ſein ſo freundlich Weſen, und ſein vertrauli- ches Betragen, Ein’ ihm gewogne Gegen-Neigung, und recht ein inniges Be- hagen. Hieruͤber fielen mir nun einſt die troͤſtlichen Gedanken bey: Daß dieſes Thierchens liebreich Weſen uns ein erbauend Bey- ſpiel ſey. Da wir, in uns, durch ein Vertrauen zu uns, ein’ Art von Anmuth ſpuͤren; Wie ſollt ein kindliches Vertrauen nicht den, der uns erſchaf- fen, ruͤhren. Wo etwas an der Menſchen Seele dem ewgen Vater kann gefallen, Muß es ein gaͤnzliches Vertrauen, (indem man dadurch ihm allein, Sich gleichſam in die Arme wirft; ihn uͤber alles ſchaͤtzet) ſeyn. Dieß iſt ein ihm gefaͤllig Opfer, das ſein erbarmend Herz, vor allen, Was wir ihm geben koͤnnen, ruͤhrt. Lieb, Andacht, Demuth, Zuverſicht, Sind unſrer Seelen beſte Kraͤfte, wodurch ſein Vaterherze bricht. Mich deucht, ich ſeh, in ſeinem Weſen, die Tiefen ſeiner Liebe wallen: Er ſehnet ſich, uns wohl zu thun. Wir duͤrfen uns nur ihm ergeben; Wodurch wir, neben ſeiner Liebe, auch ſeine weiſe Macht erheben. So hat denn heut ein Voͤgelein, durch ſein Betragen, uns gelehrt: Es ſey der beſte Gottesdienſt, wenn wir auf ſeine Guͤte bauen, Und daß man Gott, im kindlichen und zuverſichtlichen Vertrauen, Am allerſicherſten gefaͤllt, am allerwuͤrdigſten verehrt. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/278
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/278>, abgerufen am 14.06.2024.