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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Das unsichtbare Licht.
Daß uns auf eine gleiche Weise, wie hier, in unsrer Lebens-
zeit,
Ein von uns nicht gesehnes Licht, manch ungespürte Herr-
lichkeit

Uns so, wie mich des Mondes Glanz, auch ungesehen könn'
umgeben,

Voll Schimmer gegenwärtig seyn, und unvermerket um uns
schweben,

Von dessen Herrlichkeit, so lang in uns die Lebens-Kerze brennt,
Durchs nahe Sonnenlicht behindert, man den vorhandnen
Glanz nicht kennt.

Wann aber Sonn und Hinderniß für uns verlöschen wird,
und schwinden:

Wird man, mit einem hellern Glanz, vermuthlich sich umge-
ben finden;

Weil ja weit näher und gewisser, als wie bey uns des Mon-
des Schein,

Des Schöpfers Herrlichkeit und Allmacht muß überall zuge-
gen seyn,

Die licht-und heller, wie die Sonne (so bloß nur zum Ge-
brauch der Welt,

Zum Nutzen schwacher Creaturen, und denen ganz unmöglich
fällt,

Das Licht der Gottheit zu ertragen) uns auf der Erden dar-
gestellt.
Wenn wir zu einem andern Stande, nach unserm Abschied
von der Erden,

Von unserm schwachen Fleisch getrennt, nun fähig und ge-
schickter werden,
Ein

Das unſichtbare Licht.
Daß uns auf eine gleiche Weiſe, wie hier, in unſrer Lebens-
zeit,
Ein von uns nicht geſehnes Licht, manch ungeſpuͤrte Herr-
lichkeit

Uns ſo, wie mich des Mondes Glanz, auch ungeſehen koͤnn’
umgeben,

Voll Schimmer gegenwaͤrtig ſeyn, und unvermerket um uns
ſchweben,

Von deſſen Herrlichkeit, ſo lang in uns die Lebens-Kerze brennt,
Durchs nahe Sonnenlicht behindert, man den vorhandnen
Glanz nicht kennt.

Wann aber Sonn und Hinderniß fuͤr uns verloͤſchen wird,
und ſchwinden:

Wird man, mit einem hellern Glanz, vermuthlich ſich umge-
ben finden;

Weil ja weit naͤher und gewiſſer, als wie bey uns des Mon-
des Schein,

Des Schoͤpfers Herrlichkeit und Allmacht muß uͤberall zuge-
gen ſeyn,

Die licht-und heller, wie die Sonne (ſo bloß nur zum Ge-
brauch der Welt,

Zum Nutzen ſchwacher Creaturen, und denen ganz unmoͤglich
faͤllt,

Das Licht der Gottheit zu ertragen) uns auf der Erden dar-
geſtellt.
Wenn wir zu einem andern Stande, nach unſerm Abſchied
von der Erden,

Von unſerm ſchwachen Fleiſch getrennt, nun faͤhig und ge-
ſchickter werden,
Ein
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[284/0308] Das unſichtbare Licht. Daß uns auf eine gleiche Weiſe, wie hier, in unſrer Lebens- zeit, Ein von uns nicht geſehnes Licht, manch ungeſpuͤrte Herr- lichkeit Uns ſo, wie mich des Mondes Glanz, auch ungeſehen koͤnn’ umgeben, Voll Schimmer gegenwaͤrtig ſeyn, und unvermerket um uns ſchweben, Von deſſen Herrlichkeit, ſo lang in uns die Lebens-Kerze brennt, Durchs nahe Sonnenlicht behindert, man den vorhandnen Glanz nicht kennt. Wann aber Sonn und Hinderniß fuͤr uns verloͤſchen wird, und ſchwinden: Wird man, mit einem hellern Glanz, vermuthlich ſich umge- ben finden; Weil ja weit naͤher und gewiſſer, als wie bey uns des Mon- des Schein, Des Schoͤpfers Herrlichkeit und Allmacht muß uͤberall zuge- gen ſeyn, Die licht-und heller, wie die Sonne (ſo bloß nur zum Ge- brauch der Welt, Zum Nutzen ſchwacher Creaturen, und denen ganz unmoͤglich faͤllt, Das Licht der Gottheit zu ertragen) uns auf der Erden dar- geſtellt. Wenn wir zu einem andern Stande, nach unſerm Abſchied von der Erden, Von unſerm ſchwachen Fleiſch getrennt, nun faͤhig und ge- ſchickter werden, Ein

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/308>, abgerufen am 17.07.2024.