Primus in orbe Deos fecit timor. L. Primus in orbe Atheos fecit timor. B.
Es lehren alle Creaturen, uns lehrt der Himmel und die Erde, Derselben Regel-recht Bewegen, Erhaltung, Schönheit, Ordnung, Pracht, Es lehren unsre Sinnen uns, daß alles einer weisen Macht Sein Wesen bloß zu danken hab, erhalten und regieret werde.
Bey so viel überzeuglichen, unwidersprechlich wahren Grün- den, Die wir: Es sey gewiß ein Gott, in allen Creaturen finden, Hab ich oft bey mir nachgedacht, und voll Betrübniß überlegt: Was, bey so hellem Licht der Wahrheit, den Atheisten doch be- wegt, Daß er, am Wesen einer Gottheit, so Schrecken-reichen Zwei- fel hegt. Denn mehr als zweifeln kann er nicht, und wo er noch ein Mensch will seyn, Muß seinen Satz der Widerspruch der Menschheit, der fast all- gemein, Jhm wenigstens verdächtig machen. Da ich denn überzeug- lich sehe, Daß all sein trotzigs Widersprechen, aus einer bloßen Furcht, geschehe. Es heisset zwar: Es wären Götter zu allererst durch Furcht erdacht, Doch ists erweislich, daß die Furcht die meisten Atheisten macht.
Wenn
Der Atheiſt.
Der Atheiſt.
Primus in orbe Deos fecit timor. L. Primus in orbe Atheos fecit timor. B.
Es lehren alle Creaturen, uns lehrt der Himmel und die Erde, Derſelben Regel-recht Bewegen, Erhaltung, Schoͤnheit, Ordnung, Pracht, Es lehren unſre Sinnen uns, daß alles einer weiſen Macht Sein Weſen bloß zu danken hab, erhalten und regieret werde.
Bey ſo viel uͤberzeuglichen, unwiderſprechlich wahren Gruͤn- den, Die wir: Es ſey gewiß ein Gott, in allen Creaturen finden, Hab ich oft bey mir nachgedacht, und voll Betruͤbniß uͤberlegt: Was, bey ſo hellem Licht der Wahrheit, den Atheiſten doch be- wegt, Daß er, am Weſen einer Gottheit, ſo Schrecken-reichen Zwei- fel hegt. Denn mehr als zweifeln kann er nicht, und wo er noch ein Menſch will ſeyn, Muß ſeinen Satz der Widerſpruch der Menſchheit, der faſt all- gemein, Jhm wenigſtens verdaͤchtig machen. Da ich denn uͤberzeug- lich ſehe, Daß all ſein trotzigs Widerſprechen, aus einer bloßen Furcht, geſchehe. Es heiſſet zwar: Es waͤren Goͤtter zu allererſt durch Furcht erdacht, Doch iſts erweislich, daß die Furcht die meiſten Atheiſten macht.
Wenn
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0396"n="372"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Atheiſt.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Der Atheiſt.</hi></head><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">Primus <hirendition="#i">in orbe Deos</hi> fecit timor. L.<lb/>
Primus in orbe Atheos fecit timor. B.</hi></quote><bibl/></cit><lb/><lgn="4"><l><hirendition="#in">E</hi>s lehren alle Creaturen, uns lehrt der Himmel und die Erde,</l><lb/><l>Derſelben Regel-recht Bewegen, Erhaltung, Schoͤnheit,<lb/><hirendition="#et">Ordnung, Pracht,</hi></l><lb/><l>Es lehren unſre Sinnen uns, daß alles einer weiſen Macht</l><lb/><l>Sein Weſen bloß zu danken hab, erhalten und regieret werde.</l></lg><lb/><lgn="5"><l>Bey ſo viel uͤberzeuglichen, unwiderſprechlich wahren Gruͤn-<lb/><hirendition="#et">den,</hi></l><lb/><l>Die wir: <hirendition="#fr">Es ſey gewiß ein Gott</hi>, in allen Creaturen<lb/><hirendition="#et">finden,</hi></l><lb/><l>Hab ich oft bey mir nachgedacht, und voll Betruͤbniß uͤberlegt:</l><lb/><l>Was, bey ſo hellem Licht der Wahrheit, den Atheiſten doch be-<lb/><hirendition="#et">wegt,</hi></l><lb/><l>Daß er, am Weſen einer Gottheit, ſo Schrecken-reichen Zwei-<lb/><hirendition="#et">fel hegt.</hi></l><lb/><l>Denn mehr als zweifeln kann er nicht, und wo er noch ein<lb/><hirendition="#et">Menſch will ſeyn,</hi></l><lb/><l>Muß ſeinen Satz der Widerſpruch der Menſchheit, der faſt all-<lb/><hirendition="#et">gemein,</hi></l><lb/><l>Jhm wenigſtens verdaͤchtig machen. Da ich denn uͤberzeug-<lb/><hirendition="#et">lich ſehe,</hi></l><lb/><l>Daß all ſein trotzigs Widerſprechen, aus einer bloßen <hirendition="#fr">Furcht</hi>,<lb/><hirendition="#et">geſchehe.</hi></l><lb/><l>Es heiſſet zwar: <hirendition="#fr">Es waͤren Goͤtter zu allererſt durch<lb/><hirendition="#et">Furcht erdacht,</hi></hi></l><lb/><l>Doch iſts erweislich, daß die Furcht die meiſten Atheiſten macht.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wenn</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[372/0396]
Der Atheiſt.
Der Atheiſt.
Primus in orbe Deos fecit timor. L.
Primus in orbe Atheos fecit timor. B.
Es lehren alle Creaturen, uns lehrt der Himmel und die Erde,
Derſelben Regel-recht Bewegen, Erhaltung, Schoͤnheit,
Ordnung, Pracht,
Es lehren unſre Sinnen uns, daß alles einer weiſen Macht
Sein Weſen bloß zu danken hab, erhalten und regieret werde.
Bey ſo viel uͤberzeuglichen, unwiderſprechlich wahren Gruͤn-
den,
Die wir: Es ſey gewiß ein Gott, in allen Creaturen
finden,
Hab ich oft bey mir nachgedacht, und voll Betruͤbniß uͤberlegt:
Was, bey ſo hellem Licht der Wahrheit, den Atheiſten doch be-
wegt,
Daß er, am Weſen einer Gottheit, ſo Schrecken-reichen Zwei-
fel hegt.
Denn mehr als zweifeln kann er nicht, und wo er noch ein
Menſch will ſeyn,
Muß ſeinen Satz der Widerſpruch der Menſchheit, der faſt all-
gemein,
Jhm wenigſtens verdaͤchtig machen. Da ich denn uͤberzeug-
lich ſehe,
Daß all ſein trotzigs Widerſprechen, aus einer bloßen Furcht,
geſchehe.
Es heiſſet zwar: Es waͤren Goͤtter zu allererſt durch
Furcht erdacht,
Doch iſts erweislich, daß die Furcht die meiſten Atheiſten macht.
Wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/396>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.