"Daß andre Menschenblut, wie Wasser, saufen, "Und Menschenfleisch, auf offnem Mark, verkaufen; * "Daß andre nur darum den Feind zu fangen trachten, "Um bloß zu ihren Gastereyen, "Nach tausend Martern, ihn zu schlachten; "Daß andere so weit, "Durch Aberglauben, sich vergehn, "Daß, wenn die Kinder nicht zu einer guten Zeit, "Der Pfaffen Meynung nach, das Licht des Tages sehn, "Sie selbige sobald des Tageslichts berauben, "So, daß auf diese Weis (es fällt was schwer zu glauben,) "Auf hunderttausend wohl in einem Jahr allein, "Ermordet worden seyn? **
"Wenn eine Zahl, fast ohne Zahl "Von Christen, nach erlittner Qual, "Die sonder Grausen nicht zu lesen, "Jn Japan umgebracht gewesen, "Und daß derselbigen Verfolgung sich, "Wie die Geschicht uns eigentlich, "Der menschlichen Natur zur Schand, entdecket, "Auf sechs und zwanzig Jahr erstrecket.
"Sind in den Kreuzeszügen nicht, "Von Schwerdt und Hunger aufgerieben, "Drey Millionen Christen blieben?
"Wenn in der Christenheit sogar, "Mit Martern, Sengen, Brennen, Morden, "Solch eine große Christen-Schaar "Zerfleischt und hingerichtet worden,
So,
* Ansicuni, unweit von ihnen in Monsol.
** Madagascar.
Zweifelmuth.
„Daß andre Menſchenblut, wie Waſſer, ſaufen, „Und Menſchenfleiſch, auf offnem Mark, verkaufen; * „Daß andre nur darum den Feind zu fangen trachten, „Um bloß zu ihren Gaſtereyen, „Nach tauſend Martern, ihn zu ſchlachten; „Daß andere ſo weit, „Durch Aberglauben, ſich vergehn, „Daß, wenn die Kinder nicht zu einer guten Zeit, „Der Pfaffen Meynung nach, das Licht des Tages ſehn, „Sie ſelbige ſobald des Tageslichts berauben, „So, daß auf dieſe Weiſ (es faͤllt was ſchwer zu glauben,) „Auf hunderttauſend wohl in einem Jahr allein, „Ermordet worden ſeyn? **
„Wenn eine Zahl, faſt ohne Zahl „Von Chriſten, nach erlittner Qual, „Die ſonder Grauſen nicht zu leſen, „Jn Japan umgebracht geweſen, „Und daß derſelbigen Verfolgung ſich, „Wie die Geſchicht uns eigentlich, „Der menſchlichen Natur zur Schand, entdecket, „Auf ſechs und zwanzig Jahr erſtrecket.
„Sind in den Kreuzeszuͤgen nicht, „Von Schwerdt und Hunger aufgerieben, „Drey Millionen Chriſten blieben?
„Wenn in der Chriſtenheit ſogar, „Mit Martern, Sengen, Brennen, Morden, „Solch eine große Chriſten-Schaar „Zerfleiſcht und hingerichtet worden,
So,
* Anſicuni, unweit von ihnen in Monſol.
** Madagaſcar.
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Zweifelmuth.
„Daß andre Menſchenblut, wie Waſſer, ſaufen,
„Und Menſchenfleiſch, auf offnem Mark, verkaufen; *
„Daß andre nur darum den Feind zu fangen trachten,
„Um bloß zu ihren Gaſtereyen,
„Nach tauſend Martern, ihn zu ſchlachten;
„Daß andere ſo weit,
„Durch Aberglauben, ſich vergehn,
„Daß, wenn die Kinder nicht zu einer guten Zeit,
„Der Pfaffen Meynung nach, das Licht des Tages ſehn,
„Sie ſelbige ſobald des Tageslichts berauben,
„So, daß auf dieſe Weiſ (es faͤllt was ſchwer zu glauben,)
„Auf hunderttauſend wohl in einem Jahr allein,
„Ermordet worden ſeyn? **
„Wenn eine Zahl, faſt ohne Zahl
„Von Chriſten, nach erlittner Qual,
„Die ſonder Grauſen nicht zu leſen,
„Jn Japan umgebracht geweſen,
„Und daß derſelbigen Verfolgung ſich,
„Wie die Geſchicht uns eigentlich,
„Der menſchlichen Natur zur Schand, entdecket,
„Auf ſechs und zwanzig Jahr erſtrecket.
„Sind in den Kreuzeszuͤgen nicht,
„Von Schwerdt und Hunger aufgerieben,
„Drey Millionen Chriſten blieben?
„Wenn in der Chriſtenheit ſogar,
„Mit Martern, Sengen, Brennen, Morden,
„Solch eine große Chriſten-Schaar
„Zerfleiſcht und hingerichtet worden,
So,
* Anſicuni, unweit von ihnen in Monſol.
** Madagaſcar.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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