Da denn anstatt vorher empfundner Qual und Pein, Die alle, wenn sie weg, nicht mehr empfunden seyn, Die Gottheit ja, nach dieser Zeit, Jn einer seelgen Ewigkeit, Nach einem bald zu nichts gewordnen Leiden, Mit unaussprechlich-süssen Freuden, Sie zu erquicken weis, die er, nach seiner Liebe, Macht und Gerechtigkeit, nach diesem würdig findet, Sie zu beseeligen. Weil er allein ergründet, Nach seiner Liebe, Macht und ewgen Weisheit Licht, Wer seiner Gnade werth, und welcher etwan nicht.
Vergleichet man die Dauer dieser Zeit, Von einer noch so herben Pein, (Und wär sie noch so lang,) mit der Unendlichkeit: So wirst du leicht zu überführen seyn, Daß alles das, was endlich, was vergehet, Jm Gegenhalt mit dem, was ewiglich bestehet, So gut, als wär es nie gewesen. Bedenke doch, ein Leiden, das vorbey, Wie wenig es dir jetzo fühlbar sey. Der Frost, der gestern noch die starre Glieder drückte, Die Hitze, welche dich noch gestern fast erstickte, Die Wunden, die geheilt, sogar die wilde Qual, So auf der Marterbank ein Körper ausgestanden, Die sind ein wirklich Nichts, wenn sie nicht mehr vorhanden. Ja, die Erinnerung, da sie uns noch einmal Jm Denken quälen könnt, dient, wenn wirs recht erwegen, Zur Unlust nicht, zum Trost. Ein Uebel, das vergangen, Vermehret noch die gegenwärtge Lust, Absonderlich, wenn uns gewiß bewußt, Daß wir, statt jener Pein, ein ewig Gut empfangen.
Er-
Br.VI.Th. C c
Zweifelmuth.
Da denn anſtatt vorher empfundner Qual und Pein, Die alle, wenn ſie weg, nicht mehr empfunden ſeyn, Die Gottheit ja, nach dieſer Zeit, Jn einer ſeelgen Ewigkeit, Nach einem bald zu nichts gewordnen Leiden, Mit unausſprechlich-ſuͤſſen Freuden, Sie zu erquicken weis, die er, nach ſeiner Liebe, Macht und Gerechtigkeit, nach dieſem wuͤrdig findet, Sie zu beſeeligen. Weil er allein ergruͤndet, Nach ſeiner Liebe, Macht und ewgen Weisheit Licht, Wer ſeiner Gnade werth, und welcher etwan nicht.
Vergleichet man die Dauer dieſer Zeit, Von einer noch ſo herben Pein, (Und waͤr ſie noch ſo lang,) mit der Unendlichkeit: So wirſt du leicht zu uͤberfuͤhren ſeyn, Daß alles das, was endlich, was vergehet, Jm Gegenhalt mit dem, was ewiglich beſtehet, So gut, als waͤr es nie geweſen. Bedenke doch, ein Leiden, das vorbey, Wie wenig es dir jetzo fuͤhlbar ſey. Der Froſt, der geſtern noch die ſtarre Glieder druͤckte, Die Hitze, welche dich noch geſtern faſt erſtickte, Die Wunden, die geheilt, ſogar die wilde Qual, So auf der Marterbank ein Koͤrper ausgeſtanden, Die ſind ein wirklich Nichts, wenn ſie nicht mehr vorhanden. Ja, die Erinnerung, da ſie uns noch einmal Jm Denken quaͤlen koͤnnt, dient, wenn wirs recht erwegen, Zur Unluſt nicht, zum Troſt. Ein Uebel, das vergangen, Vermehret noch die gegenwaͤrtge Luſt, Abſonderlich, wenn uns gewiß bewußt, Daß wir, ſtatt jener Pein, ein ewig Gut empfangen.
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Da denn anſtatt vorher empfundner Qual und Pein,</l><lb/><l>Die alle, wenn ſie weg, nicht mehr empfunden ſeyn,</l><lb/><l>Die Gottheit ja, nach dieſer Zeit,</l><lb/><l>Jn einer ſeelgen Ewigkeit,</l><lb/><l>Nach einem bald zu nichts gewordnen Leiden,</l><lb/><l>Mit unausſprechlich-ſuͤſſen Freuden,</l><lb/><l>Sie zu erquicken weis, die er, nach ſeiner Liebe,</l><lb/><l>Macht und Gerechtigkeit, nach dieſem wuͤrdig findet,</l><lb/><l>Sie zu beſeeligen. Weil er allein ergruͤndet,</l><lb/><l>Nach ſeiner Liebe, Macht und ewgen Weisheit Licht,</l><lb/><l>Wer ſeiner Gnade werth, und welcher etwan nicht.</l></lg><lb/><lgn="21"><l>Vergleichet man die Dauer dieſer Zeit,</l><lb/><l>Von einer noch ſo herben Pein,</l><lb/><l>(Und waͤr ſie noch ſo lang,) mit der Unendlichkeit:</l><lb/><l>So wirſt du leicht zu uͤberfuͤhren ſeyn,</l><lb/><l>Daß alles das, was endlich, was vergehet,</l><lb/><l>Jm Gegenhalt mit dem, was ewiglich beſtehet,</l><lb/><l>So gut, als waͤr es nie geweſen.</l><lb/><l>Bedenke doch, ein Leiden, das vorbey,</l><lb/><l>Wie wenig es dir jetzo fuͤhlbar ſey.</l><lb/><l>Der Froſt, der geſtern noch die ſtarre Glieder druͤckte,</l><lb/><l>Die Hitze, welche dich noch geſtern faſt erſtickte,</l><lb/><l>Die Wunden, die geheilt, ſogar die wilde Qual,</l><lb/><l>So auf der Marterbank ein Koͤrper ausgeſtanden,</l><lb/><l>Die ſind ein wirklich Nichts, wenn ſie nicht mehr vorhanden.</l><lb/><l>Ja, die Erinnerung, da ſie uns noch einmal</l><lb/><l>Jm Denken quaͤlen koͤnnt, dient, wenn wirs recht erwegen,</l><lb/><l>Zur Unluſt nicht, zum Troſt. Ein Uebel, das vergangen,</l><lb/><l>Vermehret noch die gegenwaͤrtge Luſt,</l><lb/><l>Abſonderlich, wenn uns gewiß bewußt,</l><lb/><l>Daß wir, ſtatt jener Pein, ein ewig Gut empfangen.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Br.</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><hirendition="#fr">Th.</hi> C c</fw><fwplace="bottom"type="catch">Er-</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
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Zweifelmuth.
Da denn anſtatt vorher empfundner Qual und Pein,
Die alle, wenn ſie weg, nicht mehr empfunden ſeyn,
Die Gottheit ja, nach dieſer Zeit,
Jn einer ſeelgen Ewigkeit,
Nach einem bald zu nichts gewordnen Leiden,
Mit unausſprechlich-ſuͤſſen Freuden,
Sie zu erquicken weis, die er, nach ſeiner Liebe,
Macht und Gerechtigkeit, nach dieſem wuͤrdig findet,
Sie zu beſeeligen. Weil er allein ergruͤndet,
Nach ſeiner Liebe, Macht und ewgen Weisheit Licht,
Wer ſeiner Gnade werth, und welcher etwan nicht.
Vergleichet man die Dauer dieſer Zeit,
Von einer noch ſo herben Pein,
(Und waͤr ſie noch ſo lang,) mit der Unendlichkeit:
So wirſt du leicht zu uͤberfuͤhren ſeyn,
Daß alles das, was endlich, was vergehet,
Jm Gegenhalt mit dem, was ewiglich beſtehet,
So gut, als waͤr es nie geweſen.
Bedenke doch, ein Leiden, das vorbey,
Wie wenig es dir jetzo fuͤhlbar ſey.
Der Froſt, der geſtern noch die ſtarre Glieder druͤckte,
Die Hitze, welche dich noch geſtern faſt erſtickte,
Die Wunden, die geheilt, ſogar die wilde Qual,
So auf der Marterbank ein Koͤrper ausgeſtanden,
Die ſind ein wirklich Nichts, wenn ſie nicht mehr vorhanden.
Ja, die Erinnerung, da ſie uns noch einmal
Jm Denken quaͤlen koͤnnt, dient, wenn wirs recht erwegen,
Zur Unluſt nicht, zum Troſt. Ein Uebel, das vergangen,
Vermehret noch die gegenwaͤrtge Luſt,
Abſonderlich, wenn uns gewiß bewußt,
Daß wir, ſtatt jener Pein, ein ewig Gut empfangen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/425>, abgerufen am 22.11.2024.
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