Vor Unmuth fing ich an zu sprechen: "Hier seh ich abermal die Spur, "Wie doch die menschliche Natur "So voller Schwachheit und Gebrechen.
Doch war die Klage bald verschwunden, Da ihre Quell sich gleich verlohr. Die Tugend hub ihr Haupt empor, Gleich war die Scheelsucht überwunden.
Jch legte mich mit Lust zum Ziele, Und rief: Wie sehr bin ich vergnügt, Daß mich ein solcher Feind besiegt, Bey dessen Sieg ich gern verspiele!
Ja, da, nebst unsers Schöpfers Ehre, Durch dein vortrefflich Buch, die Welt Ein unvergleichlich Gut erhält, Von Andacht, Beyspiel, Lust und Lehre:
So müßt es eine böse Seele, Ja die selbstständge Bosheit seyn, Die wünschen sollte, daß der Schein, Von solchem Licht, der Erden fehle.
Ein Licht, in welchem ich erfahre, Daß unser Gott, zu seiner Ehr, Jn seinem Werk je mehr und mehr Sich überall uns offenbare.
Jch laß denn mich und alles schwinden; Es läßt mein Gott-ergebner Blick So gar den Preis und Ruhm zurück, Die in der Schrift für mich sich finden.
Aus
Ueber D. Trillers IIten Theil,
Vor Unmuth fing ich an zu ſprechen: „Hier ſeh ich abermal die Spur, „Wie doch die menſchliche Natur „So voller Schwachheit und Gebrechen.
Doch war die Klage bald verſchwunden, Da ihre Quell ſich gleich verlohr. Die Tugend hub ihr Haupt empor, Gleich war die Scheelſucht uͤberwunden.
Jch legte mich mit Luſt zum Ziele, Und rief: Wie ſehr bin ich vergnuͤgt, Daß mich ein ſolcher Feind beſiegt, Bey deſſen Sieg ich gern verſpiele!
Ja, da, nebſt unſers Schoͤpfers Ehre, Durch dein vortrefflich Buch, die Welt Ein unvergleichlich Gut erhaͤlt, Von Andacht, Beyſpiel, Luſt und Lehre:
So muͤßt es eine boͤſe Seele, Ja die ſelbſtſtaͤndge Bosheit ſeyn, Die wuͤnſchen ſollte, daß der Schein, Von ſolchem Licht, der Erden fehle.
Ein Licht, in welchem ich erfahre, Daß unſer Gott, zu ſeiner Ehr, Jn ſeinem Werk je mehr und mehr Sich uͤberall uns offenbare.
Jch laß denn mich und alles ſchwinden; Es laͤßt mein Gott-ergebner Blick So gar den Preis und Ruhm zuruͤck, Die in der Schrift fuͤr mich ſich finden.
Aus
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0530"n="506"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ueber <hirendition="#aq">D.</hi> Trillers <hirendition="#aq">II</hi>ten Theil,</hi></fw><lb/><lgn="16"><l>Vor Unmuth fing ich an zu ſprechen:</l><lb/><l>„Hier ſeh ich abermal die Spur,</l><lb/><l>„Wie doch die menſchliche Natur</l><lb/><l>„So voller Schwachheit und Gebrechen.</l></lg><lb/><lgn="17"><l>Doch war die Klage bald verſchwunden,</l><lb/><l>Da ihre Quell ſich gleich verlohr.</l><lb/><l>Die Tugend hub ihr Haupt empor,</l><lb/><l>Gleich war die Scheelſucht uͤberwunden.</l></lg><lb/><lgn="18"><l>Jch legte mich mit Luſt zum Ziele,</l><lb/><l>Und rief: Wie ſehr bin ich vergnuͤgt,</l><lb/><l>Daß mich ein ſolcher Feind beſiegt,</l><lb/><l>Bey deſſen Sieg ich gern verſpiele!</l></lg><lb/><lgn="19"><l>Ja, da, nebſt unſers Schoͤpfers Ehre,</l><lb/><l>Durch dein vortrefflich Buch, die Welt</l><lb/><l>Ein unvergleichlich Gut erhaͤlt,</l><lb/><l>Von Andacht, Beyſpiel, Luſt und Lehre:</l></lg><lb/><lgn="20"><l>So muͤßt es eine boͤſe Seele,</l><lb/><l>Ja die ſelbſtſtaͤndge Bosheit ſeyn,</l><lb/><l>Die wuͤnſchen ſollte, daß der Schein,</l><lb/><l>Von ſolchem Licht, der Erden fehle.</l></lg><lb/><lgn="21"><l>Ein Licht, in welchem ich erfahre,</l><lb/><l>Daß unſer Gott, zu ſeiner Ehr,</l><lb/><l>Jn ſeinem Werk je mehr und mehr</l><lb/><l>Sich uͤberall uns offenbare.</l></lg><lb/><lgn="22"><l>Jch laß denn mich und alles ſchwinden;</l><lb/><l>Es laͤßt mein Gott-ergebner Blick</l><lb/><l>So gar den Preis und Ruhm zuruͤck,</l><lb/><l>Die in der Schrift fuͤr mich ſich finden.</l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Aus</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[506/0530]
Ueber D. Trillers IIten Theil,
Vor Unmuth fing ich an zu ſprechen:
„Hier ſeh ich abermal die Spur,
„Wie doch die menſchliche Natur
„So voller Schwachheit und Gebrechen.
Doch war die Klage bald verſchwunden,
Da ihre Quell ſich gleich verlohr.
Die Tugend hub ihr Haupt empor,
Gleich war die Scheelſucht uͤberwunden.
Jch legte mich mit Luſt zum Ziele,
Und rief: Wie ſehr bin ich vergnuͤgt,
Daß mich ein ſolcher Feind beſiegt,
Bey deſſen Sieg ich gern verſpiele!
Ja, da, nebſt unſers Schoͤpfers Ehre,
Durch dein vortrefflich Buch, die Welt
Ein unvergleichlich Gut erhaͤlt,
Von Andacht, Beyſpiel, Luſt und Lehre:
So muͤßt es eine boͤſe Seele,
Ja die ſelbſtſtaͤndge Bosheit ſeyn,
Die wuͤnſchen ſollte, daß der Schein,
Von ſolchem Licht, der Erden fehle.
Ein Licht, in welchem ich erfahre,
Daß unſer Gott, zu ſeiner Ehr,
Jn ſeinem Werk je mehr und mehr
Sich uͤberall uns offenbare.
Jch laß denn mich und alles ſchwinden;
Es laͤßt mein Gott-ergebner Blick
So gar den Preis und Ruhm zuruͤck,
Die in der Schrift fuͤr mich ſich finden.
Aus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/530>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.