Richts anders, als daß sich ihr Geist, Mit Worten ja so künstlich weist, Als wie, mit Fäden, ihre Hand, So daß von ihr mit höchstem Rechte, Man recht zum Wunder sagen möchte: Jhr ganzes Wesen sey Verstand.
Ob nun gleich beydes Verwunderung genug verursa- chet: So zwingt doch letzteres mir noch diese Gedanken ab:
Es schrieb bishero noch kein einzigs mal Ein Mensch, mit schwarzer Schrift und einem klugen Kiel, Zu seinem Ruhm, so viel, Als sie, mit einem kiel vom Stal, Mit weisser Schrift, und trocknen Zügen schreibet, Und ihren Ruhm dadurch bis auf die Nachwelt treibet.
Wie die Blumen eins von denen liebsten Vorwürfen mei- ner wenigen Dichtkunst von je her gewesen: So wird ein jeder um desto leichter glauben, wie sehr Dero überkünst- liche aus Zwirn erzeugte Blumen, Ranken, und Kräuter- Werk mich müsse vergnüget haben.
Jch habe, voller Dankbegier, Mich, an der Wunder-vollen Zier Gewachsner Blumen, oft ergetzet: Doch haben deine Blumen hier Mich gar fast aus mir selbst gesetzet, Da sie so wohl, als jene, mir, Jm leiblichen, was geistigs weisen. Sie geben uns, wie sie, Gelegenheit, Durch geist-und leibliche Vortrefflichkeit, Der Geist-und Körper Quell zu preisen.
Noch
in Merſeburg.
Richts anders, als daß ſich ihr Geiſt, Mit Worten ja ſo kuͤnſtlich weiſt, Als wie, mit Faͤden, ihre Hand, So daß von ihr mit hoͤchſtem Rechte, Man recht zum Wunder ſagen moͤchte: Jhr ganzes Weſen ſey Verſtand.
Ob nun gleich beydes Verwunderung genug verurſa- chet: So zwingt doch letzteres mir noch dieſe Gedanken ab:
Es ſchrieb bishero noch kein einzigs mal Ein Menſch, mit ſchwarzer Schrift und einem klugen Kiel, Zu ſeinem Ruhm, ſo viel, Als ſie, mit einem kiel vom Stal, Mit weiſſer Schrift, und trocknen Zuͤgen ſchreibet, Und ihren Ruhm dadurch bis auf die Nachwelt treibet.
Wie die Blumen eins von denen liebſten Vorwuͤrfen mei- ner wenigen Dichtkunſt von je her geweſen: So wird ein jeder um deſto leichter glauben, wie ſehr Dero uͤberkuͤnſt- liche aus Zwirn erzeugte Blumen, Ranken, und Kraͤuter- Werk mich muͤſſe vergnuͤget haben.
Jch habe, voller Dankbegier, Mich, an der Wunder-vollen Zier Gewachſner Blumen, oft ergetzet: Doch haben deine Blumen hier Mich gar faſt aus mir ſelbſt geſetzet, Da ſie ſo wohl, als jene, mir, Jm leiblichen, was geiſtigs weiſen. Sie geben uns, wie ſie, Gelegenheit, Durch geiſt-und leibliche Vortrefflichkeit, Der Geiſt-und Koͤrper Quell zu preiſen.
Noch
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in Merſeburg.
Richts anders, als daß ſich ihr Geiſt,
Mit Worten ja ſo kuͤnſtlich weiſt,
Als wie, mit Faͤden, ihre Hand,
So daß von ihr mit hoͤchſtem Rechte,
Man recht zum Wunder ſagen moͤchte:
Jhr ganzes Weſen ſey Verſtand.
Ob nun gleich beydes Verwunderung genug verurſa-
chet: So zwingt doch letzteres mir noch dieſe Gedanken ab:
Es ſchrieb bishero noch kein einzigs mal
Ein Menſch, mit ſchwarzer Schrift und einem klugen Kiel,
Zu ſeinem Ruhm, ſo viel,
Als ſie, mit einem kiel vom Stal,
Mit weiſſer Schrift, und trocknen Zuͤgen ſchreibet,
Und ihren Ruhm dadurch bis auf die Nachwelt treibet.
Wie die Blumen eins von denen liebſten Vorwuͤrfen mei-
ner wenigen Dichtkunſt von je her geweſen: So wird ein
jeder um deſto leichter glauben, wie ſehr Dero uͤberkuͤnſt-
liche aus Zwirn erzeugte Blumen, Ranken, und Kraͤuter-
Werk mich muͤſſe vergnuͤget haben.
Jch habe, voller Dankbegier,
Mich, an der Wunder-vollen Zier
Gewachſner Blumen, oft ergetzet:
Doch haben deine Blumen hier
Mich gar faſt aus mir ſelbſt geſetzet,
Da ſie ſo wohl, als jene, mir,
Jm leiblichen, was geiſtigs weiſen.
Sie geben uns, wie ſie, Gelegenheit,
Durch geiſt-und leibliche Vortrefflichkeit,
Der Geiſt-und Koͤrper Quell zu preiſen.
Noch
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 539. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/563>, abgerufen am 22.11.2024.
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