"Da Richey seiner Charitinen, ein solches Ehrenmaal errichtet, "Daß weder Zeit, noch Neid versehrt, zernagt, zertrümmert, noch vernichtet, "So scheint, ob wäre für Belisen kein würdig Lob fast überblieben. Daher ich, einen andern Trost dir anzutragen, übernehm, Der, wenn er deinen bittern Gram, nicht völlig ist geschickt, zu lindern, Doch, wo du ihn nur recht erwegst, vielleicht mehr, als es scheint, bequehm, Geschickt und fähig, deinen Schmerz, in etwas wenigstens, zu mindern.
Du mußt dich selbst mit Fleiß bemühn, statt ihre Tugend zu erwegen, (Zumal dieselbe sonst bereits vorhero schon, in Stadt und Land, Durch dich so wohl, als andre mehr, am meisten durch sich selbst, bekannt,) Dir, von der trefflichen Belise, die schwache Seite vor- zulegen, So zur Verkleinerung von ihr jedennoch nicht gereichen kann; Denn ihre schwache Seite selbst zeigt dennoch etwas großes an.
Es ist fast aller Menschen Art, daß der Verlust das Gute besser, Als es vorher war, scheinen macht, wodurch er aber selber größer, Empfindlicher und herber wird. Da wirst du nun ja selbst gestehn, Daß, bey so viel Vollkommenheiten, die wir mit Lust an ihr gesehn,
Bey
Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
„Da Richey ſeiner Charitinen, ein ſolches Ehrenmaal errichtet, „Daß weder Zeit, noch Neid verſehrt, zernagt, zertruͤmmert, noch vernichtet, „So ſcheint, ob waͤre fuͤr Beliſen kein wuͤrdig Lob faſt uͤberblieben. Daher ich, einen andern Troſt dir anzutragen, uͤbernehm, Der, wenn er deinen bittern Gram, nicht voͤllig iſt geſchickt, zu lindern, Doch, wo du ihn nur recht erwegſt, vielleicht mehr, als es ſcheint, bequehm, Geſchickt und faͤhig, deinen Schmerz, in etwas wenigſtens, zu mindern.
Du mußt dich ſelbſt mit Fleiß bemuͤhn, ſtatt ihre Tugend zu erwegen, (Zumal dieſelbe ſonſt bereits vorhero ſchon, in Stadt und Land, Durch dich ſo wohl, als andre mehr, am meiſten durch ſich ſelbſt, bekannt,) Dir, von der trefflichen Beliſe, die ſchwache Seite vor- zulegen, So zur Verkleinerung von ihr jedennoch nicht gereichen kann; Denn ihre ſchwache Seite ſelbſt zeigt dennoch etwas großes an.
Es iſt faſt aller Menſchen Art, daß der Verluſt das Gute beſſer, Als es vorher war, ſcheinen macht, wodurch er aber ſelber groͤßer, Empfindlicher und herber wird. Da wirſt du nun ja ſelbſt geſtehn, Daß, bey ſo viel Vollkommenheiten, die wir mit Luſt an ihr geſehn,
Bey
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Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
„Da Richey ſeiner Charitinen, ein ſolches Ehrenmaal
errichtet,
„Daß weder Zeit, noch Neid verſehrt, zernagt, zertruͤmmert,
noch vernichtet,
„So ſcheint, ob waͤre fuͤr Beliſen kein wuͤrdig Lob faſt
uͤberblieben.
Daher ich, einen andern Troſt dir anzutragen, uͤbernehm,
Der, wenn er deinen bittern Gram, nicht voͤllig iſt geſchickt,
zu lindern,
Doch, wo du ihn nur recht erwegſt, vielleicht mehr, als es
ſcheint, bequehm,
Geſchickt und faͤhig, deinen Schmerz, in etwas wenigſtens, zu
mindern.
Du mußt dich ſelbſt mit Fleiß bemuͤhn, ſtatt ihre Tugend
zu erwegen,
(Zumal dieſelbe ſonſt bereits vorhero ſchon, in Stadt und
Land,
Durch dich ſo wohl, als andre mehr, am meiſten durch ſich
ſelbſt, bekannt,)
Dir, von der trefflichen Beliſe, die ſchwache Seite vor-
zulegen,
So zur Verkleinerung von ihr jedennoch nicht gereichen kann;
Denn ihre ſchwache Seite ſelbſt zeigt dennoch etwas großes an.
Es iſt faſt aller Menſchen Art, daß der Verluſt das Gute
beſſer,
Als es vorher war, ſcheinen macht, wodurch er aber ſelber
groͤßer,
Empfindlicher und herber wird. Da wirſt du nun ja ſelbſt
geſtehn,
Daß, bey ſo viel Vollkommenheiten, die wir mit Luſt an ihr
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/597>, abgerufen am 22.11.2024.
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