Bey so viel Leibes- und Gemüths-, vor andern ganz besondern, Gaben, Wir oft ein fast zu ernsthaft Wesen, an ihr auch wahrgenom- men haben, Daß sie, wenn sie allein, betrübt, daß sie auch in Gesellschaft gar, Von einer stillen Traurigkeit, nur selten aufzumuntern war, Daß sie, durch ein beständig Bethen, behindert war, an denen Schätzen, Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank sich zu ergetzen, Wie gern sie auch zuweilen wollte. Daß sie an dem, was Gott uns gönnte, Und zwar in solchem Ueberfluß, sehr selten sich vergnügen könnte.
B.
So fremd, geliebter Agathander, dein Trost auch ist; so sonderlich, Und unerwartet er mir kömmt: Gesteh ich dir; er rühret mich. Jch find ihn nach des Menschen Geists Natur und Wesen ein- gerichtet, Und mich daher, so viel mein Leid es mir erlauben will, verpflichtet, Den Schlüssen weiter nach zu denken, und sie zu brauchen, um so mehr, Als ich darin zu meinem Trost, zugleich auch zu Belisen Ehr, Daß, wie im Leben, durch ihr Beyspiel, sie auch annoch im Tode lehr; Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch sie denn, in meinem Singen,
Zwar
Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Bey ſo viel Leibes- und Gemuͤths-, vor andern ganz beſondern, Gaben, Wir oft ein faſt zu ernſthaft Weſen, an ihr auch wahrgenom- men haben, Daß ſie, wenn ſie allein, betruͤbt, daß ſie auch in Geſellſchaft gar, Von einer ſtillen Traurigkeit, nur ſelten aufzumuntern war, Daß ſie, durch ein beſtaͤndig Bethen, behindert war, an denen Schaͤtzen, Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank ſich zu ergetzen, Wie gern ſie auch zuweilen wollte. Daß ſie an dem, was Gott uns goͤnnte, Und zwar in ſolchem Ueberfluß, ſehr ſelten ſich vergnuͤgen koͤnnte.
B.
So fremd, geliebter Agathander, dein Troſt auch iſt; ſo ſonderlich, Und unerwartet er mir koͤmmt: Geſteh ich dir; er ruͤhret mich. Jch find ihn nach des Menſchen Geiſts Natur und Weſen ein- gerichtet, Und mich daher, ſo viel mein Leid es mir erlauben will, verpflichtet, Den Schluͤſſen weiter nach zu denken, und ſie zu brauchen, um ſo mehr, Als ich darin zu meinem Troſt, zugleich auch zu Beliſen Ehr, Daß, wie im Leben, durch ihr Beyſpiel, ſie auch annoch im Tode lehr; Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch ſie denn, in meinem Singen,
Zwar
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Gedanken uͤber den Tod der Beliſe.
Bey ſo viel Leibes- und Gemuͤths-, vor andern ganz beſondern,
Gaben,
Wir oft ein faſt zu ernſthaft Weſen, an ihr auch wahrgenom-
men haben,
Daß ſie, wenn ſie allein, betruͤbt, daß ſie auch in Geſellſchaft
gar,
Von einer ſtillen Traurigkeit, nur ſelten aufzumuntern war,
Daß ſie, durch ein beſtaͤndig Bethen, behindert war, an denen
Schaͤtzen,
Die Gott, durch die Natur, uns beut, im frohen Dank ſich
zu ergetzen,
Wie gern ſie auch zuweilen wollte. Daß ſie an dem, was Gott
uns goͤnnte,
Und zwar in ſolchem Ueberfluß, ſehr ſelten ſich vergnuͤgen
koͤnnte.
B.
So fremd, geliebter Agathander, dein Troſt auch iſt;
ſo ſonderlich,
Und unerwartet er mir koͤmmt: Geſteh ich dir; er ruͤhret mich.
Jch find ihn nach des Menſchen Geiſts Natur und Weſen ein-
gerichtet,
Und mich daher, ſo viel mein Leid es mir erlauben will,
verpflichtet,
Den Schluͤſſen weiter nach zu denken, und ſie zu brauchen,
um ſo mehr,
Als ich darin zu meinem Troſt, zugleich auch zu Beliſen Ehr,
Daß, wie im Leben, durch ihr Beyſpiel, ſie auch annoch im
Tode lehr;
Jn ihnen zu entdecken glaube. Wodurch ſie denn, in meinem
Singen,
Zwar
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/598>, abgerufen am 22.11.2024.
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