Die Luft läßt, wie der Mond, die Stralen rückwerts prallen, Die von der Sonnen auf sie fallen.
Weil wir nun aber dieß befinden, Daß nordenwerts die Dämmrung länger steht, Ja überall fast nicht vergeht: So scheints, wenn wir hievon die Ursach recht ergründen, Unstreitig wahr zu seyn, daß dort die Luft erhöht, Ja dicht und dicker sey, damit daran Der Sonnen Licht beständig fallen kann.
Dem tritt noch bey, daß aller Frost die Luft Zusammenpreßt, verdicket, und den Duft Dadurch geschickter macht, die Stralen aufzufangen, Die von der Sonnen Licht zu ihnen hingelangen.
Mir zeigt sich noch ein Grund, woher Vermuthlich in dem Theil der Erden, Die Lüfte dick- und höher werden. Die neue Weltweisheit glaubt, daß ein wahres Meer, Von Luft sich in der Erden Gründen, Und um den Mittelpunkt * sich soll befinden, Das aus den Polis allemal Hervorbricht, überwerts sich in die Luft ergießet, Und überall den Kreis der Welt befliesset. Wodurch sich denn die Kraft so in Magneten stecket, Wenn er sich nordwerts dreht, zugleich auch zieht, entdecket.
Hiedurch nun scheint der Grund, woher die Lüfte steigen, Beym Norder-Pol, sich klar zu zeigen, Und weil sich denn daran, der Stral der Sonnen bricht, So zeuget sich daraus von selbst das Norder-Licht. Wann aber auch, in schnell-und langen Zügen, Zuweilen rege Stralen fliegen,
Aus
*Oceanus aurae centralis.
Unterſuchung des Norder-Lichts
Die Luft laͤßt, wie der Mond, die Stralen ruͤckwerts prallen, Die von der Sonnen auf ſie fallen.
Weil wir nun aber dieß befinden, Daß nordenwerts die Daͤmmrung laͤnger ſteht, Ja uͤberall faſt nicht vergeht: So ſcheints, wenn wir hievon die Urſach recht ergruͤnden, Unſtreitig wahr zu ſeyn, daß dort die Luft erhoͤht, Ja dicht und dicker ſey, damit daran Der Sonnen Licht beſtaͤndig fallen kann.
Dem tritt noch bey, daß aller Froſt die Luft Zuſammenpreßt, verdicket, und den Duft Dadurch geſchickter macht, die Stralen aufzufangen, Die von der Sonnen Licht zu ihnen hingelangen.
Mir zeigt ſich noch ein Grund, woher Vermuthlich in dem Theil der Erden, Die Luͤfte dick- und hoͤher werden. Die neue Weltweisheit glaubt, daß ein wahres Meer, Von Luft ſich in der Erden Gruͤnden, Und um den Mittelpunkt * ſich ſoll befinden, Das aus den Polis allemal Hervorbricht, uͤberwerts ſich in die Luft ergießet, Und uͤberall den Kreis der Welt beflieſſet. Wodurch ſich denn die Kraft ſo in Magneten ſtecket, Wenn er ſich nordwerts dreht, zugleich auch zieht, entdecket.
Hiedurch nun ſcheint der Grund, woher die Luͤfte ſteigen, Beym Norder-Pol, ſich klar zu zeigen, Und weil ſich denn daran, der Stral der Sonnen bricht, So zeuget ſich daraus von ſelbſt das Norder-Licht. Wann aber auch, in ſchnell-und langen Zuͤgen, Zuweilen rege Stralen fliegen,
Aus
*Oceanus aurae centralis.
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Unterſuchung des Norder-Lichts
Die Luft laͤßt, wie der Mond, die Stralen ruͤckwerts prallen,
Die von der Sonnen auf ſie fallen.
Weil wir nun aber dieß befinden,
Daß nordenwerts die Daͤmmrung laͤnger ſteht,
Ja uͤberall faſt nicht vergeht:
So ſcheints, wenn wir hievon die Urſach recht ergruͤnden,
Unſtreitig wahr zu ſeyn, daß dort die Luft erhoͤht,
Ja dicht und dicker ſey, damit daran
Der Sonnen Licht beſtaͤndig fallen kann.
Dem tritt noch bey, daß aller Froſt die Luft
Zuſammenpreßt, verdicket, und den Duft
Dadurch geſchickter macht, die Stralen aufzufangen,
Die von der Sonnen Licht zu ihnen hingelangen.
Mir zeigt ſich noch ein Grund, woher
Vermuthlich in dem Theil der Erden,
Die Luͤfte dick- und hoͤher werden.
Die neue Weltweisheit glaubt, daß ein wahres Meer,
Von Luft ſich in der Erden Gruͤnden,
Und um den Mittelpunkt * ſich ſoll befinden,
Das aus den Polis allemal
Hervorbricht, uͤberwerts ſich in die Luft ergießet,
Und uͤberall den Kreis der Welt beflieſſet.
Wodurch ſich denn die Kraft ſo in Magneten ſtecket,
Wenn er ſich nordwerts dreht, zugleich auch zieht, entdecket.
Hiedurch nun ſcheint der Grund, woher die Luͤfte ſteigen,
Beym Norder-Pol, ſich klar zu zeigen,
Und weil ſich denn daran, der Stral der Sonnen bricht,
So zeuget ſich daraus von ſelbſt das Norder-Licht.
Wann aber auch, in ſchnell-und langen Zuͤgen,
Zuweilen rege Stralen fliegen,
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* Oceanus aurae centralis.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/614>, abgerufen am 22.11.2024.
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