Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite
Nachtheiliges Unterstehen
Nachtheiliges Unterstehen, gött-
liches Wesen zu begreifen, samt der nütz-
lichen Pflicht, solches in seinen Wer-
ken zu bewundern.
Durch unsre vorigen Jdee, vom alten Mann, von einer
Erde,

Scheint, daß kaum Gott so sehr verkleinert, als wie der Mensch
vergrössert werde.

Was Wunder denn, daß stolze Geister, mit allen Kräften, sich
bestreben,

Von ihrer selbst erhabnen Höh, durchaus sich nicht herab zu
geben,

Und daß sie lieber einen Mensch-Gott für ein unendlich All
erkennen,

Als ein unendlich wirklich All, das wir allein verehren sollen,
Mit ihrer Selbstverkleinerung, so daß sie sich kaum finden
können,

Wie Himmel, Welt, Natur und alles sie doch belehrt, verehren
wollen.
Sie spreizen sich, die würdge Meynung, daß göttliche Un-
endlichkeit,

Die sich in seiner Creaturen Unzählbarkeit, Vollkommenheit,
Jn ungezählten Millionen von Sonnen und von Welten, zeiget,
Und die ihr vorigs grosses Nichts auf solche Weise übersteiget,
Daß kein Vergleichen übrig bleibt, durch Stolz verführet, an-
zunehmen,

Und wollen, (welches doch vermuthlich zu unsers Schöpfers
Preis und Ehr
Am
Nachtheiliges Unterſtehen
Nachtheiliges Unterſtehen, goͤtt-
liches Weſen zu begreifen, ſamt der nuͤtz-
lichen Pflicht, ſolches in ſeinen Wer-
ken zu bewundern.
Durch unſre vorigen Jdee, vom alten Mann, von einer
Erde,

Scheint, daß kaum Gott ſo ſehr verkleinert, als wie der Menſch
vergroͤſſert werde.

Was Wunder denn, daß ſtolze Geiſter, mit allen Kraͤften, ſich
beſtreben,

Von ihrer ſelbſt erhabnen Hoͤh, durchaus ſich nicht herab zu
geben,

Und daß ſie lieber einen Menſch-Gott fuͤr ein unendlich All
erkennen,

Als ein unendlich wirklich All, das wir allein verehren ſollen,
Mit ihrer Selbſtverkleinerung, ſo daß ſie ſich kaum finden
koͤnnen,

Wie Himmel, Welt, Natur und alles ſie doch belehrt, verehren
wollen.
Sie ſpreizen ſich, die wuͤrdge Meynung, daß goͤttliche Un-
endlichkeit,

Die ſich in ſeiner Creaturen Unzaͤhlbarkeit, Vollkommenheit,
Jn ungezaͤhlten Millionen von Sonnen und von Welten, zeiget,
Und die ihr vorigs groſſes Nichts auf ſolche Weiſe uͤberſteiget,
Daß kein Vergleichen uͤbrig bleibt, durch Stolz verfuͤhret, an-
zunehmen,

Und wollen, (welches doch vermuthlich zu unſers Schoͤpfers
Preis und Ehr
Am
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0626" n="602"/>
        <fw place="top" type="header">Nachtheiliges Unter&#x017F;tehen</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Nachtheiliges Unter&#x017F;tehen, go&#x0364;tt-<lb/>
liches We&#x017F;en zu begreifen, &#x017F;amt der nu&#x0364;tz-<lb/>
lichen Pflicht, &#x017F;olches in &#x017F;einen Wer-<lb/>
ken zu bewundern.</hi> </head><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>urch un&#x017F;re vorigen Jdee, vom alten Mann, von einer<lb/><hi rendition="#et">Erde,</hi></l><lb/>
            <l>Scheint, daß kaum Gott &#x017F;o &#x017F;ehr verkleinert, als wie der Men&#x017F;ch<lb/><hi rendition="#et">vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ert werde.</hi></l><lb/>
            <l>Was Wunder denn, daß &#x017F;tolze Gei&#x017F;ter, mit allen Kra&#x0364;ften, &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">be&#x017F;treben,</hi></l><lb/>
            <l>Von ihrer &#x017F;elb&#x017F;t erhabnen Ho&#x0364;h, durchaus &#x017F;ich nicht herab zu<lb/><hi rendition="#et">geben,</hi></l><lb/>
            <l>Und daß &#x017F;ie lieber einen Men&#x017F;ch-Gott fu&#x0364;r ein unendlich All<lb/><hi rendition="#et">erkennen,</hi></l><lb/>
            <l>Als ein unendlich wirklich All, das wir allein verehren &#x017F;ollen,</l><lb/>
            <l>Mit ihrer Selb&#x017F;tverkleinerung, &#x017F;o daß &#x017F;ie &#x017F;ich kaum finden<lb/><hi rendition="#et">ko&#x0364;nnen,</hi></l><lb/>
            <l>Wie Himmel, Welt, Natur und alles &#x017F;ie doch belehrt, verehren<lb/><hi rendition="#et">wollen.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Sie &#x017F;preizen &#x017F;ich, die wu&#x0364;rdge Meynung, daß go&#x0364;ttliche Un-<lb/><hi rendition="#et">endlichkeit,</hi></l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich in &#x017F;einer Creaturen Unza&#x0364;hlbarkeit, Vollkommenheit,</l><lb/>
            <l>Jn ungeza&#x0364;hlten Millionen von Sonnen und von Welten, zeiget,</l><lb/>
            <l>Und die ihr vorigs gro&#x017F;&#x017F;es Nichts auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e u&#x0364;ber&#x017F;teiget,</l><lb/>
            <l>Daß kein Vergleichen u&#x0364;brig bleibt, durch Stolz verfu&#x0364;hret, an-<lb/><hi rendition="#et">zunehmen,</hi></l><lb/>
            <l>Und wollen, (welches doch vermuthlich zu un&#x017F;ers Scho&#x0364;pfers<lb/><hi rendition="#et">Preis und Ehr</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Am</fw><lb/></l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[602/0626] Nachtheiliges Unterſtehen Nachtheiliges Unterſtehen, goͤtt- liches Weſen zu begreifen, ſamt der nuͤtz- lichen Pflicht, ſolches in ſeinen Wer- ken zu bewundern. Durch unſre vorigen Jdee, vom alten Mann, von einer Erde, Scheint, daß kaum Gott ſo ſehr verkleinert, als wie der Menſch vergroͤſſert werde. Was Wunder denn, daß ſtolze Geiſter, mit allen Kraͤften, ſich beſtreben, Von ihrer ſelbſt erhabnen Hoͤh, durchaus ſich nicht herab zu geben, Und daß ſie lieber einen Menſch-Gott fuͤr ein unendlich All erkennen, Als ein unendlich wirklich All, das wir allein verehren ſollen, Mit ihrer Selbſtverkleinerung, ſo daß ſie ſich kaum finden koͤnnen, Wie Himmel, Welt, Natur und alles ſie doch belehrt, verehren wollen. Sie ſpreizen ſich, die wuͤrdge Meynung, daß goͤttliche Un- endlichkeit, Die ſich in ſeiner Creaturen Unzaͤhlbarkeit, Vollkommenheit, Jn ungezaͤhlten Millionen von Sonnen und von Welten, zeiget, Und die ihr vorigs groſſes Nichts auf ſolche Weiſe uͤberſteiget, Daß kein Vergleichen uͤbrig bleibt, durch Stolz verfuͤhret, an- zunehmen, Und wollen, (welches doch vermuthlich zu unſers Schoͤpfers Preis und Ehr Am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/626
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/626>, abgerufen am 22.11.2024.