Es wird gewiß kein Widerspruch, aus diesem Satz, heraus- gebracht, Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Kör- per macht, Die Körper immer zu verbessern; und, weil der Körper Gren- zen nicht Unendlich sich verbessern lassen, Er selbige so zugericht, Und ihnen dieses große Gut, nach seiner Güte, wollen gönnen, Daß sie, auf unbekannte Weise, verkläret, geistig werden können.
Vielmehr scheint dieses uns von Gott, in mehren, ja in allen Dingen, Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen. Dereinst, von ihm erschaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu vergrößern, Und alles ins unendliche, zu seinen Ehren, zu verbessern.
Du sprichst vielleicht: Dieß kann nicht seyn. Ein Wider- spruch ist offenbar, Was leiblich ist, besteht aus Theilen, ein geistiges hingegen nicht, Als welches einfach. Aber hör! ist es unwidersprechlich wahr, Daß Geister müssen einfach seyn? Jch nehme deinen Un- terricht, Daß Körper stets gefüget seyn, so wie du es verlangest, an. Allein ich füge nur hinzu: Aus Theilen, welche kör- perlich. Hieraus nun folget, daß man auch von Geistern füglich sa- gen kann, Daß sie nicht weniger gefüget. Jedoch, mein Freund, verste- he mich,
Aus
Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Es wird gewiß kein Widerſpruch, aus dieſem Satz, heraus- gebracht, Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Koͤr- per macht, Die Koͤrper immer zu verbeſſern; und, weil der Koͤrper Gren- zen nicht Unendlich ſich verbeſſern laſſen, Er ſelbige ſo zugericht, Und ihnen dieſes große Gut, nach ſeiner Guͤte, wollen goͤnnen, Daß ſie, auf unbekannte Weiſe, verklaͤret, geiſtig werden koͤnnen.
Vielmehr ſcheint dieſes uns von Gott, in mehren, ja in allen Dingen, Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen. Dereinſt, von ihm erſchaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu vergroͤßern, Und alles ins unendliche, zu ſeinen Ehren, zu verbeſſern.
Du ſprichſt vielleicht: Dieß kann nicht ſeyn. Ein Wider- ſpruch iſt offenbar, Was leiblich iſt, beſteht aus Theilen, ein geiſtiges hingegen nicht, Als welches einfach. Aber hoͤr! iſt es unwiderſprechlich wahr, Daß Geiſter muͤſſen einfach ſeyn? Jch nehme deinen Un- terricht, Daß Koͤrper ſtets gefuͤget ſeyn, ſo wie du es verlangeſt, an. Allein ich fuͤge nur hinzu: Aus Theilen, welche koͤr- perlich. Hieraus nun folget, daß man auch von Geiſtern fuͤglich ſa- gen kann, Daß ſie nicht weniger gefuͤget. Jedoch, mein Freund, verſte- he mich,
Aus
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Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Es wird gewiß kein Widerſpruch, aus dieſem Satz, heraus-
gebracht,
Zu glauben, daß es Gott gefallen, wie er aus nichts die Koͤr-
per macht,
Die Koͤrper immer zu verbeſſern; und, weil der Koͤrper Gren-
zen nicht
Unendlich ſich verbeſſern laſſen, Er ſelbige ſo zugericht,
Und ihnen dieſes große Gut, nach ſeiner Guͤte, wollen goͤnnen,
Daß ſie, auf unbekannte Weiſe, verklaͤret, geiſtig werden koͤnnen.
Vielmehr ſcheint dieſes uns von Gott, in mehren, ja in allen
Dingen,
Uns eine herrliche Jdee, von Lieb und Allmacht, beyzubringen.
Dereinſt, von ihm erſchaffnen Sachen, Vollkommenheiten zu
vergroͤßern,
Und alles ins unendliche, zu ſeinen Ehren, zu verbeſſern.
Du ſprichſt vielleicht: Dieß kann nicht ſeyn. Ein Wider-
ſpruch iſt offenbar,
Was leiblich iſt, beſteht aus Theilen, ein geiſtiges hingegen
nicht,
Als welches einfach. Aber hoͤr! iſt es unwiderſprechlich
wahr,
Daß Geiſter muͤſſen einfach ſeyn? Jch nehme deinen Un-
terricht,
Daß Koͤrper ſtets gefuͤget ſeyn, ſo wie du es verlangeſt, an.
Allein ich fuͤge nur hinzu: Aus Theilen, welche koͤr-
perlich.
Hieraus nun folget, daß man auch von Geiſtern fuͤglich ſa-
gen kann,
Daß ſie nicht weniger gefuͤget. Jedoch, mein Freund, verſte-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/636>, abgerufen am 22.11.2024.
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