Besondre Wirkungen entstehn, die jedem Stoff vor sich nicht eigen, Wie solches nemlich Büchsen-Pulver, das Saur und Alcali uns zeigen. Man mache Saur und Alcali für sich alleine noch so klein, Jmgleichen Gras, Salpeter, Schwefel, so wird aus ihnen nimmermehr, Und zwar so wenig das entstehn, was sie durch die Vermi- schung seyn, Als aus dem körperlichen Kleinen ein Geist entsteht, nach deiner Lehr.
Dieß aber scheinet nicht zu hindern, daß, durch Vermi- schungen, nicht sollten Auch geistge Kräft entstehen können, wenn wir nur billig schliessen wollten. Man sieht zu Milch, zu Fleisch und Blut, das rohe Gras und Kraut der Erden, Nicht durch Verkleinerung der Theile, durch Mischung an- drer Säfte, werden. Der Abstand nun zum Fleisch vom Gras, vom Fleisch zu thierschen Geistigkeiten, Scheint ja vermuthlich nicht viel kleiner, als die von den Be- schaffenheiten Der thierschen Geistigkeit zum Geist.
Zudem hat diese Lehre nichts, das etwan könnte Anstoß geben, Des Schöpfers Weisheit, Macht und Liebe zu schmälern; sie gereicht vielmehr, Wenn man es redlich untersuchet, desselben Lob und Ruhm und Ehr, Auf eine ganz besondre Weise um desto mehr noch zu erheben.
Es
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Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Beſondre Wirkungen entſtehn, die jedem Stoff vor ſich nicht eigen, Wie ſolches nemlich Buͤchſen-Pulver, das Saur und Alcali uns zeigen. Man mache Saur und Alcali fuͤr ſich alleine noch ſo klein, Jmgleichen Gras, Salpeter, Schwefel, ſo wird aus ihnen nimmermehr, Und zwar ſo wenig das entſtehn, was ſie durch die Vermi- ſchung ſeyn, Als aus dem koͤrperlichen Kleinen ein Geiſt entſteht, nach deiner Lehr.
Dieß aber ſcheinet nicht zu hindern, daß, durch Vermi- ſchungen, nicht ſollten Auch geiſtge Kraͤft entſtehen koͤnnen, wenn wir nur billig ſchlieſſen wollten. Man ſieht zu Milch, zu Fleiſch und Blut, das rohe Gras und Kraut der Erden, Nicht durch Verkleinerung der Theile, durch Miſchung an- drer Saͤfte, werden. Der Abſtand nun zum Fleiſch vom Gras, vom Fleiſch zu thierſchen Geiſtigkeiten, Scheint ja vermuthlich nicht viel kleiner, als die von den Be- ſchaffenheiten Der thierſchen Geiſtigkeit zum Geiſt.
Zudem hat dieſe Lehre nichts, das etwan koͤnnte Anſtoß geben, Des Schoͤpfers Weisheit, Macht und Liebe zu ſchmaͤlern; ſie gereicht vielmehr, Wenn man es redlich unterſuchet, deſſelben Lob und Ruhm und Ehr, Auf eine ganz beſondre Weiſe um deſto mehr noch zu erheben.
Es
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Verſuch einer gewiſſen Lehre.
Beſondre Wirkungen entſtehn, die jedem Stoff vor ſich nicht
eigen,
Wie ſolches nemlich Buͤchſen-Pulver, das Saur und Alcali
uns zeigen.
Man mache Saur und Alcali fuͤr ſich alleine noch ſo klein,
Jmgleichen Gras, Salpeter, Schwefel, ſo wird aus ihnen
nimmermehr,
Und zwar ſo wenig das entſtehn, was ſie durch die Vermi-
ſchung ſeyn,
Als aus dem koͤrperlichen Kleinen ein Geiſt entſteht, nach
deiner Lehr.
Dieß aber ſcheinet nicht zu hindern, daß, durch Vermi-
ſchungen, nicht ſollten
Auch geiſtge Kraͤft entſtehen koͤnnen, wenn wir nur billig
ſchlieſſen wollten.
Man ſieht zu Milch, zu Fleiſch und Blut, das rohe Gras
und Kraut der Erden,
Nicht durch Verkleinerung der Theile, durch Miſchung an-
drer Saͤfte, werden.
Der Abſtand nun zum Fleiſch vom Gras, vom Fleiſch zu
thierſchen Geiſtigkeiten,
Scheint ja vermuthlich nicht viel kleiner, als die von den Be-
ſchaffenheiten
Der thierſchen Geiſtigkeit zum Geiſt.
Zudem hat dieſe Lehre nichts, das etwan koͤnnte Anſtoß
geben,
Des Schoͤpfers Weisheit, Macht und Liebe zu ſchmaͤlern;
ſie gereicht vielmehr,
Wenn man es redlich unterſuchet, deſſelben Lob und Ruhm
und Ehr,
Auf eine ganz beſondre Weiſe um deſto mehr noch zu erheben.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/635>, abgerufen am 22.11.2024.
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