Daß wenn wir, mit Gewalt und List, uns über andre zu erheben, Vernünftiger als sie zu scheinen, mit allen Kräften, uns be- streben, Wir anders nichts erhalten können, als daß wir unser ganzes Leben Uns selbst verbittern; da wir doch zu einem andern Zweck auf Erden, Jm Nächsten, nemlich Gott und uns zu lieben, und beglückt zu seyn, (Denn der Natur und Gottes Ordnung ist einzeln nicht; ist allgemein,) Bey so viel uns geschenkten Gaben gemeinschaftlich gebohren werden.
Wenn, sag ich, dieß erwiesen würde; vielleicht, daß noch von denen viele, Die dieses nicht begriffen haben, sich zu dem vorgesetzten Ziele, Durch eignes Bestes, leiten liessen. Die Wahrheit ist zu of- fenbar, Daß es ihr eignes Wohl erfordre, und Gottes Will ist gleich- falls klar.
Was Christus von der Nächstenlieb, im Testament der neu- en Zeit, Mit so viel Lieb und Sanftmuth lehrt, hat das Gesetz vom alten Bunde, Und, in demselben, unser Bestes, in heilsamer Geselligkeit, Durch Demuth, durch Verträglichkeit und Friede, ebenfalls zum Grunde.
Mor-
Das liebreiche Geſetz.
Daß wenn wir, mit Gewalt und Liſt, uns uͤber andre zu erheben, Vernuͤnftiger als ſie zu ſcheinen, mit allen Kraͤften, uns be- ſtreben, Wir anders nichts erhalten koͤnnen, als daß wir unſer ganzes Leben Uns ſelbſt verbittern; da wir doch zu einem andern Zweck auf Erden, Jm Naͤchſten, nemlich Gott und uns zu lieben, und begluͤckt zu ſeyn, (Denn der Natur und Gottes Ordnung iſt einzeln nicht; iſt allgemein,) Bey ſo viel uns geſchenkten Gaben gemeinſchaftlich gebohren werden.
Wenn, ſag ich, dieß erwieſen wuͤrde; vielleicht, daß noch von denen viele, Die dieſes nicht begriffen haben, ſich zu dem vorgeſetzten Ziele, Durch eignes Beſtes, leiten lieſſen. Die Wahrheit iſt zu of- fenbar, Daß es ihr eignes Wohl erfordre, und Gottes Will iſt gleich- falls klar.
Was Chriſtus von der Naͤchſtenlieb, im Teſtament der neu- en Zeit, Mit ſo viel Lieb und Sanftmuth lehrt, hat das Geſetz vom alten Bunde, Und, in demſelben, unſer Beſtes, in heilſamer Geſelligkeit, Durch Demuth, durch Vertraͤglichkeit und Friede, ebenfalls zum Grunde.
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Das liebreiche Geſetz.
Daß wenn wir, mit Gewalt und Liſt, uns uͤber andre zu erheben,
Vernuͤnftiger als ſie zu ſcheinen, mit allen Kraͤften, uns be-
ſtreben,
Wir anders nichts erhalten koͤnnen, als daß wir unſer ganzes
Leben
Uns ſelbſt verbittern; da wir doch zu einem andern Zweck
auf Erden,
Jm Naͤchſten, nemlich Gott und uns zu lieben, und begluͤckt zu
ſeyn,
(Denn der Natur und Gottes Ordnung iſt einzeln nicht; iſt
allgemein,)
Bey ſo viel uns geſchenkten Gaben gemeinſchaftlich gebohren
werden.
Wenn, ſag ich, dieß erwieſen wuͤrde; vielleicht, daß noch
von denen viele,
Die dieſes nicht begriffen haben, ſich zu dem vorgeſetzten Ziele,
Durch eignes Beſtes, leiten lieſſen. Die Wahrheit iſt zu of-
fenbar,
Daß es ihr eignes Wohl erfordre, und Gottes Will iſt gleich-
falls klar.
Was Chriſtus von der Naͤchſtenlieb, im Teſtament der neu-
en Zeit,
Mit ſo viel Lieb und Sanftmuth lehrt, hat das Geſetz vom
alten Bunde,
Und, in demſelben, unſer Beſtes, in heilſamer Geſelligkeit,
Durch Demuth, durch Vertraͤglichkeit und Friede, ebenfalls
zum Grunde.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/640>, abgerufen am 22.11.2024.
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