Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.der Menschen gegen Gott. Wer ihre Tugenden gekannt, wer ihren Wandel angesehn, Wer ihre Gottesfurcht bewundert, wird, wär es auch mein Feind, gestehn, Daß mein Verlust fast unersetzlich, u. daß ich folglichmich zufassen, Und in Gelassenheit zu dulden, was Gott mir überkommen lassen, Mir eben nicht gar leicht gefallen, ja daß es von mir selber nicht, Aufs wenigst in der rechten Maaße, und in vollkommner Zuversicht, Mir hätte können möglich seyn. Wie ich denn willig auch gestehe, Daß viele Fehler vorgefallen, die ich bereits schon jetzo sehe. Doch hab ich, Herr, durch deine Gnade mich doch nach Möglich- keit bemüht, Mich selber zu beruhigen. Jch nahm Vernunft und Pflicht zusammen, Jch fing, um mich zu trösten, an, die fast erloschnen Dichter- Flammen Aufs neu, durch Seufzer, anzufachen, um durch ein sanftes Trauerlied Die Trauer zu besänftigen, wobey ich eines Trosts genoß, Als mir, zu ihrem Ruhm, beym Schluß, die Grabschrist aus der Feder floß: Grabschrift. Von einem Geist, der in der Zeit, Durch Bethen, oft den Schöpfer priese, Der von Geduld und Frömmigkeit, Von Andacht und Gelassenheit, Ein unnachahmbar Muster wiese, Der sich, von uns, zum Paradiese, Das Gott aus Gnaden ihm geschenkt, Voll brünstger Zuversicht gelenkt, Kurz, von der redlichen Belise, Sind hier die Schaalen eingesenkt. Ver- Br. VI. Th. U u
der Menſchen gegen Gott. Wer ihre Tugenden gekannt, wer ihren Wandel angeſehn, Wer ihre Gottesfurcht bewundert, wird, waͤr es auch mein Feind, geſtehn, Daß mein Verluſt faſt unerſetzlich, u. daß ich folglichmich zufaſſen, Und in Gelaſſenheit zu dulden, was Gott mir uͤberkommen laſſen, Mir eben nicht gar leicht gefallen, ja daß es von mir ſelber nicht, Aufs wenigſt in der rechten Maaße, und in vollkom̃ner Zuverſicht, Mir haͤtte koͤnnen moͤglich ſeyn. Wie ich denn willig auch geſtehe, Daß viele Fehler vorgefallen, die ich bereits ſchon jetzo ſehe. Doch hab ich, Herr, durch deine Gnade mich doch nach Moͤglich- keit bemuͤht, Mich ſelber zu beruhigen. Jch nahm Vernunft und Pflicht zuſammen, Jch fing, um mich zu troͤſten, an, die faſt erloſchnen Dichter- Flammen Aufs neu, durch Seufzer, anzufachen, um durch ein ſanftes Trauerlied Die Trauer zu beſaͤnftigen, wobey ich eines Troſts genoß, Als mir, zu ihrem Ruhm, beym Schluß, die Grabſchriſt aus der Feder floß: Grabſchrift. Von einem Geiſt, der in der Zeit, Durch Bethen, oft den Schoͤpfer prieſe, Der von Geduld und Froͤmmigkeit, Von Andacht und Gelaſſenheit, Ein unnachahmbar Muſter wieſe, Der ſich, von uns, zum Paradieſe, Das Gott aus Gnaden ihm geſchenkt, Voll bruͤnſtger Zuverſicht gelenkt, Kurz, von der redlichen Beliſe, Sind hier die Schaalen eingeſenkt. Ver- Br. VI. Th. U u
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0697" n="673"/> <fw place="top" type="header">der Menſchen gegen Gott.</fw><lb/> <lg n="5"> <l>Wer ihre Tugenden gekannt, wer ihren Wandel angeſehn,</l><lb/> <l>Wer ihre Gottesfurcht bewundert, wird, waͤr es auch mein<lb/><hi rendition="#et">Feind, geſtehn,</hi></l><lb/> <l>Daß mein Verluſt faſt unerſetzlich, u. daß ich folglichmich zufaſſen,</l><lb/> <l>Und in Gelaſſenheit zu dulden, was Gott mir uͤberkommen laſſen,</l><lb/> <l>Mir eben nicht gar leicht gefallen, ja daß es von mir ſelber nicht,</l><lb/> <l>Aufs wenigſt in der rechten Maaße, und in vollkom̃ner Zuverſicht,</l><lb/> <l>Mir haͤtte koͤnnen moͤglich ſeyn. Wie ich denn willig auch geſtehe,</l><lb/> <l>Daß viele Fehler vorgefallen, die ich bereits ſchon jetzo ſehe.</l><lb/> <l>Doch hab ich, Herr, durch deine Gnade mich doch nach Moͤglich-<lb/><hi rendition="#et">keit bemuͤht,</hi></l><lb/> <l>Mich ſelber zu beruhigen. Jch nahm Vernunft und Pflicht<lb/><hi rendition="#et">zuſammen,</hi></l><lb/> <l>Jch fing, um mich zu troͤſten, an, die faſt erloſchnen Dichter-<lb/><hi rendition="#et">Flammen</hi></l><lb/> <l>Aufs neu, durch Seufzer, anzufachen, um durch ein ſanftes<lb/><hi rendition="#et">Trauerlied</hi></l><lb/> <l>Die Trauer zu beſaͤnftigen, wobey ich eines Troſts genoß,</l><lb/> <l>Als mir, zu ihrem Ruhm, beym Schluß, die Grabſchriſt aus<lb/><hi rendition="#et">der Feder floß:</hi></l> </lg> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">Grabſchrift.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>on einem Geiſt, der in der Zeit,</l><lb/> <l>Durch Bethen, oft den Schoͤpfer prieſe,</l><lb/> <l>Der von Geduld und Froͤmmigkeit,</l><lb/> <l>Von Andacht und Gelaſſenheit,</l><lb/> <l>Ein unnachahmbar Muſter wieſe,</l><lb/> <l>Der ſich, von uns, zum Paradieſe,</l><lb/> <l>Das Gott aus Gnaden ihm geſchenkt,</l><lb/> <l>Voll bruͤnſtger Zuverſicht gelenkt,</l><lb/> <l>Kurz, von der redlichen Beliſe,</l><lb/> <l>Sind hier die Schaalen eingeſenkt.</l> </lg> </div> </div><lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Br.</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#fr">Th.</hi> U u</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [673/0697]
der Menſchen gegen Gott.
Wer ihre Tugenden gekannt, wer ihren Wandel angeſehn,
Wer ihre Gottesfurcht bewundert, wird, waͤr es auch mein
Feind, geſtehn,
Daß mein Verluſt faſt unerſetzlich, u. daß ich folglichmich zufaſſen,
Und in Gelaſſenheit zu dulden, was Gott mir uͤberkommen laſſen,
Mir eben nicht gar leicht gefallen, ja daß es von mir ſelber nicht,
Aufs wenigſt in der rechten Maaße, und in vollkom̃ner Zuverſicht,
Mir haͤtte koͤnnen moͤglich ſeyn. Wie ich denn willig auch geſtehe,
Daß viele Fehler vorgefallen, die ich bereits ſchon jetzo ſehe.
Doch hab ich, Herr, durch deine Gnade mich doch nach Moͤglich-
keit bemuͤht,
Mich ſelber zu beruhigen. Jch nahm Vernunft und Pflicht
zuſammen,
Jch fing, um mich zu troͤſten, an, die faſt erloſchnen Dichter-
Flammen
Aufs neu, durch Seufzer, anzufachen, um durch ein ſanftes
Trauerlied
Die Trauer zu beſaͤnftigen, wobey ich eines Troſts genoß,
Als mir, zu ihrem Ruhm, beym Schluß, die Grabſchriſt aus
der Feder floß:
Grabſchrift.
Von einem Geiſt, der in der Zeit,
Durch Bethen, oft den Schoͤpfer prieſe,
Der von Geduld und Froͤmmigkeit,
Von Andacht und Gelaſſenheit,
Ein unnachahmbar Muſter wieſe,
Der ſich, von uns, zum Paradieſe,
Das Gott aus Gnaden ihm geſchenkt,
Voll bruͤnſtger Zuverſicht gelenkt,
Kurz, von der redlichen Beliſe,
Sind hier die Schaalen eingeſenkt.
Ver-
Br. VI. Th. U u
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |