"Ja, mich deucht, daß dieser Gränzen eigene Beschaffenheiten "Uns zum Ursprung und zum End aller Ding am klärsten leiten, "Und das Nichts ins All versenken. Aber, wie mich deucht, ich höre Dich hier diesen Einwurf machen: Ob denn nicht die Bibel lehre: Daß die Welt aus Nichts erschaffen? Ja. Doch höre meinen Schluß, Welcher dich, mit deinem Einwurf, hoffentlich vergnügen muß.
Dieß Nichts, und was unerschaffnes, zeigt sich, daß es einerley, Und in ihrer Wirklichkeit gar nicht unterschieden sey; Sondern es gehören beyd' eigentlich in einen Orden.
Nichts hat eigentlich die Absicht, auf was, so erschaffen worden, Daß es nemlich nichts von dem. Erd und Himmel sind gemacht, Heißts, aus Nichts. Nichts so erschaffen, sie sind all her- vorgebracht, Aus dem unerschaffnen bloß und, wie alles, was vorhanden, Aus erschaffnem Nichts, das ist, Unerschaffenen entstanden: So hat alles, was durch Gott und sein mächtig Wort entstund, Von dem, was erschaffen worden, auch auf Nichts noch sei- nen Grund, Das heißt auf dem unerschaffnen. Aber, dieß nun ausgesetzet, "(Sprichst du) ist denn deine Meynung? Wird von dir vor wahr geschätzet, "Daß da, wo die Monades oder die Simplicia, "Welche keine Theile haben, aufgehöret, eben da
"Sich
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in der Betrachtung vom Nichts.
„Ja, mich deucht, daß dieſer Graͤnzen eigene Beſchaffenheiten „Uns zum Urſprung und zum End aller Ding am klaͤrſten leiten, „Und das Nichts ins All verſenken. Aber, wie mich deucht, ich hoͤre Dich hier dieſen Einwurf machen: Ob denn nicht die Bibel lehre: Daß die Welt aus Nichts erſchaffen? Ja. Doch hoͤre meinen Schluß, Welcher dich, mit deinem Einwurf, hoffentlich vergnuͤgen muß.
Dieß Nichts, und was unerſchaffnes, zeigt ſich, daß es einerley, Und in ihrer Wirklichkeit gar nicht unterſchieden ſey; Sondern es gehoͤren beyd’ eigentlich in einen Orden.
Nichts hat eigentlich die Abſicht, auf was, ſo erſchaffen worden, Daß es nemlich nichts von dem. Erd und Himmel ſind gemacht, Heißts, aus Nichts. Nichts ſo erſchaffen, ſie ſind all her- vorgebracht, Aus dem unerſchaffnen bloß und, wie alles, was vorhanden, Aus erſchaffnem Nichts, das iſt, Unerſchaffenen entſtanden: So hat alles, was durch Gott und ſein maͤchtig Wort entſtund, Von dem, was erſchaffen worden, auch auf Nichts noch ſei- nen Grund, Das heißt auf dem unerſchaffnen. Aber, dieß nun ausgeſetzet, „(Sprichſt du) iſt denn deine Meynung? Wird von dir vor wahr geſchaͤtzet, „Daß da, wo die Monades oder die Simplicia, „Welche keine Theile haben, aufgehoͤret, eben da
„Sich
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in der Betrachtung vom Nichts.
„Ja, mich deucht, daß dieſer Graͤnzen eigene Beſchaffenheiten
„Uns zum Urſprung und zum End aller Ding am klaͤrſten
leiten,
„Und das Nichts ins All verſenken. Aber, wie mich deucht,
ich hoͤre
Dich hier dieſen Einwurf machen: Ob denn nicht die
Bibel lehre:
Daß die Welt aus Nichts erſchaffen? Ja. Doch hoͤre
meinen Schluß,
Welcher dich, mit deinem Einwurf, hoffentlich vergnuͤgen muß.
Dieß Nichts, und was unerſchaffnes, zeigt ſich, daß es
einerley,
Und in ihrer Wirklichkeit gar nicht unterſchieden ſey;
Sondern es gehoͤren beyd’ eigentlich in einen Orden.
Nichts hat eigentlich die Abſicht, auf was, ſo erſchaffen
worden,
Daß es nemlich nichts von dem. Erd und Himmel ſind
gemacht,
Heißts, aus Nichts. Nichts ſo erſchaffen, ſie ſind all her-
vorgebracht,
Aus dem unerſchaffnen bloß und, wie alles, was vorhanden,
Aus erſchaffnem Nichts, das iſt, Unerſchaffenen entſtanden:
So hat alles, was durch Gott und ſein maͤchtig Wort entſtund,
Von dem, was erſchaffen worden, auch auf Nichts noch ſei-
nen Grund,
Das heißt auf dem unerſchaffnen. Aber, dieß nun ausgeſetzet,
„(Sprichſt du) iſt denn deine Meynung? Wird von dir vor
wahr geſchaͤtzet,
„Daß da, wo die Monades oder die Simplicia,
„Welche keine Theile haben, aufgehoͤret, eben da
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/703>, abgerufen am 24.11.2024.
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