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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740.

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Versuch der Kraft unsers Geistes,
"Sich unmittelbar die Gottheit, mit demselbigen verbinde?
"Und daß man derselben Gränzen eben in der Gottheit finde?
"Oder, da du von den Geistern, daß auch diese einfach seyn,
"Wie du mir gesaget, glaubest; stimmst du darin überein,
"Daß, wo Monades zu Ende, etwas geistiges vorhanden?
"Und wird etwan, durch die Meynung, dieß vielleicht von dir
verstanden,

"Daß, auf welche Weis ein Geist in die Körper wirke, man
"Auf die Weise deutlicher, als sonst nicht, erweisen kann?
"Denn ein Simplex würde besser in ein anders wirken
können,

"Als in das, was wir verbunden, einen groben Körper nennen.

Hiervon kann ich dir so leicht, was ich davon zugesteh,
Nicht erklären, aber doch deucht mich, daß ich so viel seh,
Wie dieß letzte nicht so dunkel und so unbegreiflich scheinet,
Als, von der praestabilita Harmonia, man vermeynet,
Da dieselbe, wie es glaublich, zu dem Endzweck bloß allein,
Mit so vieler Müh, als Feinheit, ausersonnen scheint zu seyn,
Um die großen Schwierigkeiten, welche Geist und Körper
geben,

Da sie nicht vereinbar scheinen, und es dennoch sind, zu heben.
Denn, wer weis, auf diese Weise, ob es nicht viel min-
der schwer,

Wie ein Simplex in das andre wirke, zu begreifen wär.
Sprichst du: Läßt sich eine Seele wohl in Monades ver-
theilen?

Sag ich: Darum darfst du dich nicht im Urtheil übereilen,
Denn es dürft, im Geistigen, eine Monas ja nur seyn,
Die in viele wirken könnte. Hierinn stimm ich überein:
Daß, an einer geistgen Monas, mehr und andre Eigenschaften,
Als an vielen körperlichen, sonder allen Zweifel, haften,
Und

Verſuch der Kraft unſers Geiſtes,
„Sich unmittelbar die Gottheit, mit demſelbigen verbinde?
„Und daß man derſelben Graͤnzen eben in der Gottheit finde?
„Oder, da du von den Geiſtern, daß auch dieſe einfach ſeyn,
„Wie du mir geſaget, glaubeſt; ſtimmſt du darin uͤberein,
„Daß, wo Monades zu Ende, etwas geiſtiges vorhanden?
„Und wird etwan, durch die Meynung, dieß vielleicht von dir
verſtanden,

„Daß, auf welche Weis ein Geiſt in die Koͤrper wirke, man
„Auf die Weiſe deutlicher, als ſonſt nicht, erweiſen kann?
„Denn ein Simplex wuͤrde beſſer in ein anders wirken
koͤnnen,

„Als in das, was wir verbunden, einen groben Koͤrper nennen.

Hiervon kann ich dir ſo leicht, was ich davon zugeſteh,
Nicht erklaͤren, aber doch deucht mich, daß ich ſo viel ſeh,
Wie dieß letzte nicht ſo dunkel und ſo unbegreiflich ſcheinet,
Als, von der praeſtabilita Harmoniâ, man vermeynet,
Da dieſelbe, wie es glaublich, zu dem Endzweck bloß allein,
Mit ſo vieler Muͤh, als Feinheit, auserſonnen ſcheint zu ſeyn,
Um die großen Schwierigkeiten, welche Geiſt und Koͤrper
geben,

Da ſie nicht vereinbar ſcheinen, und es dennoch ſind, zu heben.
Denn, wer weis, auf dieſe Weiſe, ob es nicht viel min-
der ſchwer,

Wie ein Simplex in das andre wirke, zu begreifen waͤr.
Sprichſt du: Laͤßt ſich eine Seele wohl in Monades ver-
theilen?

Sag ich: Darum darfſt du dich nicht im Urtheil uͤbereilen,
Denn es duͤrft, im Geiſtigen, eine Monas ja nur ſeyn,
Die in viele wirken koͤnnte. Hierinn ſtimm ich uͤberein:
Daß, an einer geiſtgen Monas, mehr und andre Eigenſchaften,
Als an vielen koͤrperlichen, ſonder allen Zweifel, haften,
Und
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[680/0704] Verſuch der Kraft unſers Geiſtes, „Sich unmittelbar die Gottheit, mit demſelbigen verbinde? „Und daß man derſelben Graͤnzen eben in der Gottheit finde? „Oder, da du von den Geiſtern, daß auch dieſe einfach ſeyn, „Wie du mir geſaget, glaubeſt; ſtimmſt du darin uͤberein, „Daß, wo Monades zu Ende, etwas geiſtiges vorhanden? „Und wird etwan, durch die Meynung, dieß vielleicht von dir verſtanden, „Daß, auf welche Weis ein Geiſt in die Koͤrper wirke, man „Auf die Weiſe deutlicher, als ſonſt nicht, erweiſen kann? „Denn ein Simplex wuͤrde beſſer in ein anders wirken koͤnnen, „Als in das, was wir verbunden, einen groben Koͤrper nennen. Hiervon kann ich dir ſo leicht, was ich davon zugeſteh, Nicht erklaͤren, aber doch deucht mich, daß ich ſo viel ſeh, Wie dieß letzte nicht ſo dunkel und ſo unbegreiflich ſcheinet, Als, von der praeſtabilita Harmoniâ, man vermeynet, Da dieſelbe, wie es glaublich, zu dem Endzweck bloß allein, Mit ſo vieler Muͤh, als Feinheit, auserſonnen ſcheint zu ſeyn, Um die großen Schwierigkeiten, welche Geiſt und Koͤrper geben, Da ſie nicht vereinbar ſcheinen, und es dennoch ſind, zu heben. Denn, wer weis, auf dieſe Weiſe, ob es nicht viel min- der ſchwer, Wie ein Simplex in das andre wirke, zu begreifen waͤr. Sprichſt du: Laͤßt ſich eine Seele wohl in Monades ver- theilen? Sag ich: Darum darfſt du dich nicht im Urtheil uͤbereilen, Denn es duͤrft, im Geiſtigen, eine Monas ja nur ſeyn, Die in viele wirken koͤnnte. Hierinn ſtimm ich uͤberein: Daß, an einer geiſtgen Monas, mehr und andre Eigenſchaften, Als an vielen koͤrperlichen, ſonder allen Zweifel, haften, Und

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 6. Hamburg, 1740, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen06_1740/704>, abgerufen am 14.06.2024.