und seine natürliche Schönheit, durch Trennung und Zusammenfügung, noch mehr zu erheben. Der gütige Schöpfer hat uns zu Statthaltern und Aus- legern seiner Creatur gemacht; wir, die wir Ver- nunft haben, sollen ihre stumme Sprache erklären, und durch unsern Mund denjenigen Tribut des Lo- bes und der Erkenntlichkeit zollen, welchen sie dem Gott schuldig ist, der sie zu Seinem Ruhme gemacht hat. Steine können ihn nicht loben, und unver- nünftige Thiere kennen die Hand nicht, die sie klei- det und ernähret: Allein der Mensch, das besonde- re Meisterstück der göttlichen Weisheit, ist einer Regung des Lobes und der Erkenntlichkeit fähig. Schweiget er; so ist die ganze Natur stumm.
Aber leider, wie wenige erfüllen ihre Pflichten, und wie wenige bedienen sich der reichen Schätze und Vortheile, welche ihnen die höchste Liebe an- bietet! Wozu nützt es, daß dieser Erdkreis so herr- lich geschmücket und zu unserm Nutze bebauet ist? Wozu nützt es, daß alle Gegenden der Welt, und alles, was um und neben dem Menschen ist, Gott als den Urheber beweisen und anzeigen, wenn der Mensch es nicht erkennet, und wenn ein verborge- ner Feind, eine unglückselige Unempfindlichkeit, ihm den Genuß raubet und die vernünftige Creatur ver- stellet?
Jch
Vorbericht.
und ſeine natuͤrliche Schoͤnheit, durch Trennung und Zuſammenfuͤgung, noch mehr zu erheben. Der guͤtige Schoͤpfer hat uns zu Statthaltern und Aus- legern ſeiner Creatur gemacht; wir, die wir Ver- nunft haben, ſollen ihre ſtumme Sprache erklaͤren, und durch unſern Mund denjenigen Tribut des Lo- bes und der Erkenntlichkeit zollen, welchen ſie dem Gott ſchuldig iſt, der ſie zu Seinem Ruhme gemacht hat. Steine koͤnnen ihn nicht loben, und unver- nuͤnftige Thiere kennen die Hand nicht, die ſie klei- det und ernaͤhret: Allein der Menſch, das beſonde- re Meiſterſtuͤck der goͤttlichen Weisheit, iſt einer Regung des Lobes und der Erkenntlichkeit faͤhig. Schweiget er; ſo iſt die ganze Natur ſtumm.
Aber leider, wie wenige erfuͤllen ihre Pflichten, und wie wenige bedienen ſich der reichen Schaͤtze und Vortheile, welche ihnen die hoͤchſte Liebe an- bietet! Wozu nuͤtzt es, daß dieſer Erdkreis ſo herr- lich geſchmuͤcket und zu unſerm Nutze bebauet iſt? Wozu nuͤtzt es, daß alle Gegenden der Welt, und alles, was um und neben dem Menſchen iſt, Gott als den Urheber beweiſen und anzeigen, wenn der Menſch es nicht erkennet, und wenn ein verborge- ner Feind, eine ungluͤckſelige Unempfindlichkeit, ihm den Genuß raubet und die vernuͤnftige Creatur ver- ſtellet?
Jch
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[0010]
Vorbericht.
und ſeine natuͤrliche Schoͤnheit, durch Trennung
und Zuſammenfuͤgung, noch mehr zu erheben. Der
guͤtige Schoͤpfer hat uns zu Statthaltern und Aus-
legern ſeiner Creatur gemacht; wir, die wir Ver-
nunft haben, ſollen ihre ſtumme Sprache erklaͤren,
und durch unſern Mund denjenigen Tribut des Lo-
bes und der Erkenntlichkeit zollen, welchen ſie dem
Gott ſchuldig iſt, der ſie zu Seinem Ruhme gemacht
hat. Steine koͤnnen ihn nicht loben, und unver-
nuͤnftige Thiere kennen die Hand nicht, die ſie klei-
det und ernaͤhret: Allein der Menſch, das beſonde-
re Meiſterſtuͤck der goͤttlichen Weisheit, iſt einer
Regung des Lobes und der Erkenntlichkeit faͤhig.
Schweiget er; ſo iſt die ganze Natur ſtumm.
Aber leider, wie wenige erfuͤllen ihre Pflichten,
und wie wenige bedienen ſich der reichen Schaͤtze
und Vortheile, welche ihnen die hoͤchſte Liebe an-
bietet! Wozu nuͤtzt es, daß dieſer Erdkreis ſo herr-
lich geſchmuͤcket und zu unſerm Nutze bebauet iſt?
Wozu nuͤtzt es, daß alle Gegenden der Welt, und
alles, was um und neben dem Menſchen iſt, Gott
als den Urheber beweiſen und anzeigen, wenn der
Menſch es nicht erkennet, und wenn ein verborge-
ner Feind, eine ungluͤckſelige Unempfindlichkeit, ihm
den Genuß raubet und die vernuͤnftige Creatur ver-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/10>, abgerufen am 21.11.2024.
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