Die Anmuhtige Wasser-Fahrt in einer schönen Sommer-Nacht.
"Willkommen, schöner Wiederschein von dem entfern- ten Sonnen-Licht! "Dein schwacher zwar, doch sanfter Schimmer, der wieder- prallend aus dir bricht, "Fällt, mit so vieler Lust als Glanz, bey dunkler Nacht, mir ins Gesicht, "Und machts in meiner Seelen helle, wie deine reine Sil- ber-Pracht, "Auch mitten in dem dunklen Schatten, Luft, Erd' und Wasser helle macht.
So dacht ich jüngst in Ritzebüttel, wie ich in stiller Abend-Zeit Den Mond so herrlich funkeln sah, und in so reiner Hei- terkeit, Als ich ihn lange nicht gesehn. Sein ganz entwölkter Schimmer schien Durch hoher Bäume dunkle Wipfel, durch deren itzt nicht grünes Grün Sein Licht annoch vermehret ward, und fiel, mit seiner weissen Gluht, Jn meines Schlosses Wasser-Graben, so, daß desselben dunkle Fluht, Worauf, von nah gelegnen Bäumen, womit der Grabe sich bekränzte,
Ein
O 2
Die Anmuhtige Waſſer-Fahrt in einer ſchoͤnen Sommer-Nacht.
“Willkommen, ſchoͤner Wiederſchein von dem entfern- ten Sonnen-Licht! „Dein ſchwacher zwar, doch ſanfter Schimmer, der wieder- prallend aus dir bricht, „Faͤllt, mit ſo vieler Luſt als Glanz, bey dunkler Nacht, mir ins Geſicht, „Und machts in meiner Seelen helle, wie deine reine Sil- ber-Pracht, „Auch mitten in dem dunklen Schatten, Luft, Erd’ und Waſſer helle macht.
So dacht ich juͤngſt in Ritzebuͤttel, wie ich in ſtiller Abend-Zeit Den Mond ſo herrlich funkeln ſah, und in ſo reiner Hei- terkeit, Als ich ihn lange nicht geſehn. Sein ganz entwoͤlkter Schimmer ſchien Durch hoher Baͤume dunkle Wipfel, durch deren itzt nicht gruͤnes Gruͤn Sein Licht annoch vermehret ward, und fiel, mit ſeiner weiſſen Gluht, Jn meines Schloſſes Waſſer-Graben, ſo, daß deſſelben dunkle Fluht, Worauf, von nah gelegnen Baͤumen, womit der Grabe ſich bekraͤnzte,
Ein
O 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0229"n="211"/><divn="3"><head><hirendition="#b">Die<lb/>
Anmuhtige Waſſer-Fahrt</hi><lb/>
in einer<lb/><hirendition="#b">ſchoͤnen Sommer-Nacht.</hi></head><lb/><lgtype="poem"><lgn="1"><l>“<hirendition="#in">W</hi>illkommen, ſchoͤner Wiederſchein von dem entfern-</l><lb/><l><hirendition="#et">ten Sonnen-Licht!</hi></l><lb/><l>„Dein ſchwacher zwar, doch ſanfter Schimmer, der wieder-</l><lb/><l><hirendition="#et">prallend aus dir bricht,</hi></l><lb/><l>„Faͤllt, mit ſo vieler Luſt als Glanz, bey dunkler Nacht,</l><lb/><l><hirendition="#et">mir ins Geſicht,</hi></l><lb/><l>„Und machts in meiner Seelen helle, wie deine reine Sil-</l><lb/><l><hirendition="#et">ber-Pracht,</hi></l><lb/><l>„Auch mitten in dem dunklen Schatten, Luft, Erd’ und</l><lb/><l><hirendition="#et">Waſſer helle macht.</hi></l></lg><lb/><lgn="2"><l>So dacht ich juͤngſt in Ritzebuͤttel, wie ich in ſtiller</l><lb/><l><hirendition="#et">Abend-Zeit</hi></l><lb/><l>Den Mond ſo herrlich funkeln ſah, und in ſo reiner Hei-</l><lb/><l><hirendition="#et">terkeit,</hi></l><lb/><l>Als ich ihn lange nicht geſehn. Sein ganz entwoͤlkter</l><lb/><l><hirendition="#et">Schimmer ſchien</hi></l><lb/><l>Durch hoher Baͤume dunkle Wipfel, durch deren itzt nicht</l><lb/><l><hirendition="#et">gruͤnes Gruͤn</hi></l><lb/><l>Sein Licht annoch vermehret ward, und fiel, mit ſeiner</l><lb/><l><hirendition="#et">weiſſen Gluht,</hi></l><lb/><l>Jn meines Schloſſes Waſſer-Graben, ſo, daß deſſelben</l><lb/><l><hirendition="#et">dunkle Fluht,</hi></l><lb/><l>Worauf, von nah gelegnen Baͤumen, womit der Grabe</l><lb/><l><hirendition="#et">ſich bekraͤnzte,</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="sig">O 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Ein</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[211/0229]
Die
Anmuhtige Waſſer-Fahrt
in einer
ſchoͤnen Sommer-Nacht.
“Willkommen, ſchoͤner Wiederſchein von dem entfern-
ten Sonnen-Licht!
„Dein ſchwacher zwar, doch ſanfter Schimmer, der wieder-
prallend aus dir bricht,
„Faͤllt, mit ſo vieler Luſt als Glanz, bey dunkler Nacht,
mir ins Geſicht,
„Und machts in meiner Seelen helle, wie deine reine Sil-
ber-Pracht,
„Auch mitten in dem dunklen Schatten, Luft, Erd’ und
Waſſer helle macht.
So dacht ich juͤngſt in Ritzebuͤttel, wie ich in ſtiller
Abend-Zeit
Den Mond ſo herrlich funkeln ſah, und in ſo reiner Hei-
terkeit,
Als ich ihn lange nicht geſehn. Sein ganz entwoͤlkter
Schimmer ſchien
Durch hoher Baͤume dunkle Wipfel, durch deren itzt nicht
gruͤnes Gruͤn
Sein Licht annoch vermehret ward, und fiel, mit ſeiner
weiſſen Gluht,
Jn meines Schloſſes Waſſer-Graben, ſo, daß deſſelben
dunkle Fluht,
Worauf, von nah gelegnen Baͤumen, womit der Grabe
ſich bekraͤnzte,
Ein
O 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/229>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.