Jch seh', durch alle Pracht gerührt, die Frucht, die GOtt mir schenket, an, Zumahlen den gemähten Weizen, den man nicht besser wünschen kann, Von Unkraut, Brand und Dresp so rein, daß, sonder einen kleinen Neid, Der Landmann meine Frucht nicht rühmte. Gerührt durch diese Fruchtbarkeit Der reichen mir verliehnen Erndt', bewundert' ich die schwehren Aehren Derselben, und der Körner Grösse. Jch raufte, mit be- gier'ger Hand, Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er- staunet fand, Daß mir die sechs, drey hundert Körner, so, daß nicht ei- ner fehlt, gewährt. Ob dieses, da der grosse Geber solch einen Segen mir be- schehrt, Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be- wunderns wehrt, Wird kein Vernünft'ger leugnen dürfen. Jch danke denn, in meiner Lust, Die aus dem Schmecken Deiner Lieb', o GOtt, in meiner frohen Brust, Jndem ich es erweg', entstehet, Dir, Der Du aller guten Gaben, Die uns ergetzen, nähren, tränken, erhalten, kleiden, speisen, laben, Der einz'ge Born und Ursprung bist. Schau, ew'ge Brunnquell aller Güte, Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge- rührt Gemühte,
Mit
Q 2
Gedanken zur Erndte-Zeit.
Jch ſeh’, durch alle Pracht geruͤhrt, die Frucht, die GOtt mir ſchenket, an, Zumahlen den gemaͤhten Weizen, den man nicht beſſer wuͤnſchen kann, Von Unkraut, Brand und Dresp ſo rein, daß, ſonder einen kleinen Neid, Der Landmann meine Frucht nicht ruͤhmte. Geruͤhrt durch dieſe Fruchtbarkeit Der reichen mir verliehnen Erndt’, bewundert’ ich die ſchwehren Aehren Derſelben, und der Koͤrner Groͤſſe. Jch raufte, mit be- gier’ger Hand, Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er- ſtaunet fand, Daß mir die ſechs, drey hundert Koͤrner, ſo, daß nicht ei- ner fehlt, gewaͤhrt. Ob dieſes, da der groſſe Geber ſolch einen Segen mir be- ſchehrt, Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be- wunderns wehrt, Wird kein Vernuͤnft’ger leugnen duͤrfen. Jch danke denn, in meiner Luſt, Die aus dem Schmecken Deiner Lieb’, o GOtt, in meiner frohen Bruſt, Jndem ich es erweg’, entſtehet, Dir, Der Du aller guten Gaben, Die uns ergetzen, naͤhren, traͤnken, erhalten, kleiden, ſpeiſen, laben, Der einz’ge Born und Urſprung biſt. Schau, ew’ge Brunnquell aller Guͤte, Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge- ruͤhrt Gemuͤhte,
Mit
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Gedanken zur Erndte-Zeit.
Jch ſeh’, durch alle Pracht geruͤhrt, die Frucht, die GOtt
mir ſchenket, an,
Zumahlen den gemaͤhten Weizen, den man nicht beſſer
wuͤnſchen kann,
Von Unkraut, Brand und Dresp ſo rein, daß, ſonder
einen kleinen Neid,
Der Landmann meine Frucht nicht ruͤhmte. Geruͤhrt
durch dieſe Fruchtbarkeit
Der reichen mir verliehnen Erndt’, bewundert’ ich die
ſchwehren Aehren
Derſelben, und der Koͤrner Groͤſſe. Jch raufte, mit be-
gier’ger Hand,
Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er-
ſtaunet fand,
Daß mir die ſechs, drey hundert Koͤrner, ſo, daß nicht ei-
ner fehlt, gewaͤhrt.
Ob dieſes, da der groſſe Geber ſolch einen Segen mir be-
ſchehrt,
Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be-
wunderns wehrt,
Wird kein Vernuͤnft’ger leugnen duͤrfen. Jch danke denn,
in meiner Luſt,
Die aus dem Schmecken Deiner Lieb’, o GOtt, in meiner
frohen Bruſt,
Jndem ich es erweg’, entſtehet, Dir, Der Du aller guten
Gaben,
Die uns ergetzen, naͤhren, traͤnken, erhalten, kleiden,
ſpeiſen, laben,
Der einz’ge Born und Urſprung biſt. Schau, ew’ge
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Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/261>, abgerufen am 24.11.2024.
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