Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Gedanken zur Erndte-Zeit.
Jch seh', durch alle Pracht gerührt, die Frucht, die GOtt
mir schenket, an,
Zumahlen den gemähten Weizen, den man nicht besser
wünschen kann,
Von Unkraut, Brand und Dresp so rein, daß, sonder
einen kleinen Neid,
Der Landmann meine Frucht nicht rühmte. Gerührt
durch diese Fruchtbarkeit
Der reichen mir verliehnen Erndt', bewundert' ich die
schwehren Aehren
Derselben, und der Körner Grösse. Jch raufte, mit be-
gier'ger Hand,
Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er-
staunet fand,
Daß mir die sechs, drey hundert Körner, so, daß nicht ei-
ner fehlt, gewährt.
Ob dieses, da der grosse Geber solch einen Segen mir be-
schehrt,
Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be-
wunderns wehrt,
Wird kein Vernünft'ger leugnen dürfen. Jch danke denn,
in meiner Lust,
Die aus dem Schmecken Deiner Lieb', o GOtt, in meiner
frohen Brust,
Jndem ich es erweg', entstehet, Dir, Der Du aller guten
Gaben,
Die uns ergetzen, nähren, tränken, erhalten, kleiden,
speisen, laben,
Der einz'ge Born und Ursprung bist. Schau, ew'ge
Brunnquell aller Güte,
Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge-
rührt Gemühte,
Mit
Q 2
Gedanken zur Erndte-Zeit.
Jch ſeh’, durch alle Pracht geruͤhrt, die Frucht, die GOtt
mir ſchenket, an,
Zumahlen den gemaͤhten Weizen, den man nicht beſſer
wuͤnſchen kann,
Von Unkraut, Brand und Dresp ſo rein, daß, ſonder
einen kleinen Neid,
Der Landmann meine Frucht nicht ruͤhmte. Geruͤhrt
durch dieſe Fruchtbarkeit
Der reichen mir verliehnen Erndt’, bewundert’ ich die
ſchwehren Aehren
Derſelben, und der Koͤrner Groͤſſe. Jch raufte, mit be-
gier’ger Hand,
Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er-
ſtaunet fand,
Daß mir die ſechs, drey hundert Koͤrner, ſo, daß nicht ei-
ner fehlt, gewaͤhrt.
Ob dieſes, da der groſſe Geber ſolch einen Segen mir be-
ſchehrt,
Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be-
wunderns wehrt,
Wird kein Vernuͤnft’ger leugnen duͤrfen. Jch danke denn,
in meiner Luſt,
Die aus dem Schmecken Deiner Lieb’, o GOtt, in meiner
frohen Bruſt,
Jndem ich es erweg’, entſtehet, Dir, Der Du aller guten
Gaben,
Die uns ergetzen, naͤhren, traͤnken, erhalten, kleiden,
ſpeiſen, laben,
Der einz’ge Born und Urſprung biſt. Schau, ew’ge
Brunnquell aller Guͤte,
Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge-
ruͤhrt Gemuͤhte,
Mit
Q 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0261" n="243"/>
              <fw place="top" type="header">Gedanken zur Erndte-Zeit.</fw><lb/>
              <l>Jch &#x017F;eh&#x2019;, durch alle Pracht geru&#x0364;hrt, die Frucht, die GOtt</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">mir &#x017F;chenket, an,</hi> </l><lb/>
              <l>Zumahlen den gema&#x0364;hten Weizen, den man nicht be&#x017F;&#x017F;er</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">wu&#x0364;n&#x017F;chen kann,</hi> </l><lb/>
              <l>Von Unkraut, Brand und <hi rendition="#fr">Dresp</hi> &#x017F;o rein, daß, &#x017F;onder</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">einen kleinen Neid,</hi> </l><lb/>
              <l>Der Landmann meine Frucht nicht ru&#x0364;hmte. Geru&#x0364;hrt</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">durch die&#x017F;e Fruchtbarkeit</hi> </l><lb/>
              <l>Der reichen mir verliehnen Erndt&#x2019;, bewundert&#x2019; ich die</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwehren Aehren</hi> </l><lb/>
              <l>Der&#x017F;elben, und der Ko&#x0364;rner Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jch raufte, mit be-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">gier&#x2019;ger Hand,</hi> </l><lb/>
              <l>Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;taunet fand,</hi> </l><lb/>
              <l>Daß mir die &#x017F;echs, drey hundert Ko&#x0364;rner, &#x017F;o, daß nicht ei-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ner fehlt, gewa&#x0364;hrt.</hi> </l><lb/>
              <l>Ob die&#x017F;es, da der gro&#x017F;&#x017F;e Geber &#x017F;olch einen Segen mir be-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chehrt,</hi> </l><lb/>
              <l>Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">wunderns wehrt,</hi> </l><lb/>
              <l>Wird kein Vernu&#x0364;nft&#x2019;ger leugnen du&#x0364;rfen. Jch danke denn,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">in meiner Lu&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
              <l>Die aus dem Schmecken Deiner Lieb&#x2019;, o GOtt, in meiner</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">frohen Bru&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
              <l>Jndem ich es erweg&#x2019;, ent&#x017F;tehet, Dir, Der Du aller guten</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Gaben,</hi> </l><lb/>
              <l>Die uns ergetzen, na&#x0364;hren, tra&#x0364;nken, erhalten, kleiden,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;pei&#x017F;en, laben,</hi> </l><lb/>
              <l>Der einz&#x2019;ge Born und Ur&#x017F;prung bi&#x017F;t. Schau, ew&#x2019;ge</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Brunnquell aller Gu&#x0364;te,</hi> </l><lb/>
              <l>Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ru&#x0364;hrt Gemu&#x0364;hte,</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">Q 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0261] Gedanken zur Erndte-Zeit. Jch ſeh’, durch alle Pracht geruͤhrt, die Frucht, die GOtt mir ſchenket, an, Zumahlen den gemaͤhten Weizen, den man nicht beſſer wuͤnſchen kann, Von Unkraut, Brand und Dresp ſo rein, daß, ſonder einen kleinen Neid, Der Landmann meine Frucht nicht ruͤhmte. Geruͤhrt durch dieſe Fruchtbarkeit Der reichen mir verliehnen Erndt’, bewundert’ ich die ſchwehren Aehren Derſelben, und der Koͤrner Groͤſſe. Jch raufte, mit be- gier’ger Hand, Von ihnen ein halb Dutzend aus, da ich denn halb er- ſtaunet fand, Daß mir die ſechs, drey hundert Koͤrner, ſo, daß nicht ei- ner fehlt, gewaͤhrt. Ob dieſes, da der groſſe Geber ſolch einen Segen mir be- ſchehrt, Nicht einer inniglichen Freude, nicht Dankens und Be- wunderns wehrt, Wird kein Vernuͤnft’ger leugnen duͤrfen. Jch danke denn, in meiner Luſt, Die aus dem Schmecken Deiner Lieb’, o GOtt, in meiner frohen Bruſt, Jndem ich es erweg’, entſtehet, Dir, Der Du aller guten Gaben, Die uns ergetzen, naͤhren, traͤnken, erhalten, kleiden, ſpeiſen, laben, Der einz’ge Born und Urſprung biſt. Schau, ew’ge Brunnquell aller Guͤte, Mein durch die Ordnung der Natur recht inniglich ge- ruͤhrt Gemuͤhte, Mit Q 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/261
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/261>, abgerufen am 15.06.2024.