Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Der bekannte und unbekannte GOtt. Die dunklen dick-verwachsnen Wälder, erfüllt mit einem heilgen Grauen, Und kurz: Was in der schönen Welt so schön, so angenehm, beschauen! Jndem wir aber diese Schönheit, die endlich, mit Ver- nunft besehn; Was hindert uns, daß solche Wunder sich unsrer Seelen nicht bemeistern? Warum läst unser Geist sich nicht, durch aller Geister Geist, begeistern, Der aller Wunder Quell und Ursprung? Ein All-befassend Wesen ist Das Wesen, das die Wesen schuff, die Macht, die diese Welt formiret, Die sie hervorgebracht, geschmückt, belebt, in Ordnung hält, regieret, Den Grund derselben in sich hegt, die Absicht und die Daur ermißt. Durch Den die Ordnung aus dem Chaos, das Seyn von al- lem, was vorhanden, Die Harmonie in der Natur, ja selber die Natur, entstanden. So laß denn selbst von der Natur ein allgemeines Lied erklingen, Laß sie, in süsser Harmonie, die Quell der Harmonie besingen. Dem Ewig-seelgen, Unbegränzten, und All-erfüllenden Verstand Sind alle Tiefen, alle Höhen, Zeit, Ewigkeit und Raum bekannt. Aus Seinem Wollen blos entstehn der Engel und der Men- schen Wesen, Samt der Geschöpfe Heer, so hier zu so verschiednem Rang erlesen. Es A 5
Der bekannte und unbekannte GOtt. Die dunklen dick-verwachsnen Waͤlder, erfuͤllt mit einem heilgen Grauen, Und kurz: Was in der ſchoͤnen Welt ſo ſchoͤn, ſo angenehm, beſchauen! Jndem wir aber dieſe Schoͤnheit, die endlich, mit Ver- nunft beſehn; Was hindert uns, daß ſolche Wunder ſich unſrer Seelen nicht bemeiſtern? Warum laͤſt unſer Geiſt ſich nicht, durch aller Geiſter Geiſt, begeiſtern, Der aller Wunder Quell und Urſprung? Ein All-befaſſend Weſen iſt Das Weſen, das die Weſen ſchuff, die Macht, die dieſe Welt formiret, Die ſie hervorgebracht, geſchmuͤckt, belebt, in Ordnung haͤlt, regieret, Den Grund derſelben in ſich hegt, die Abſicht und die Daur ermißt. Durch Den die Ordnung aus dem Chaos, das Seyn von al- lem, was vorhanden, Die Harmonie in der Natur, ja ſelber die Natur, entſtanden. So laß denn ſelbſt von der Natur ein allgemeines Lied erklingen, Laß ſie, in ſuͤſſer Harmonie, die Quell der Harmonie beſingen. Dem Ewig-ſeelgen, Unbegraͤnzten, und All-erfuͤllenden Verſtand Sind alle Tiefen, alle Hoͤhen, Zeit, Ewigkeit und Raum bekannt. Aus Seinem Wollen blos entſtehn der Engel und der Men- ſchen Weſen, Samt der Geſchoͤpfe Heer, ſo hier zu ſo verſchiednem Rang erleſen. Es A 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0027" n="9"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der bekannte und unbekannte GOtt.</hi> </fw><lb/> <lg n="2"> <l>Die dunklen dick-verwachsnen Waͤlder, erfuͤllt mit einem</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">heilgen Grauen,</hi> </l><lb/> <l>Und kurz: Was in der ſchoͤnen Welt ſo ſchoͤn, ſo angenehm,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">beſchauen!</hi> </l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Jndem wir aber dieſe Schoͤnheit, die endlich, mit Ver-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nunft beſehn;</hi> </l><lb/> <l>Was hindert uns, daß ſolche Wunder ſich unſrer Seelen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nicht bemeiſtern?</hi> </l><lb/> <l>Warum laͤſt unſer Geiſt ſich nicht, durch aller Geiſter Geiſt,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">begeiſtern,</hi> </l><lb/> <l>Der aller Wunder Quell und Urſprung? Ein All-befaſſend</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Weſen iſt</hi> </l><lb/> <l>Das Weſen, das die Weſen ſchuff, die Macht, die dieſe</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Welt formiret,</hi> </l><lb/> <l>Die ſie hervorgebracht, geſchmuͤckt, belebt, in Ordnung haͤlt,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">regieret,</hi> </l><lb/> <l>Den Grund derſelben in ſich hegt, die Abſicht und die Daur</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ermißt.</hi> </l><lb/> <l>Durch Den die Ordnung aus dem Chaos, das Seyn von al-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">lem, was vorhanden,</hi> </l><lb/> <l>Die Harmonie in der Natur, ja ſelber die Natur, entſtanden.</l><lb/> <l>So laß denn ſelbſt von der Natur ein allgemeines Lied</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">erklingen,</hi> </l><lb/> <l>Laß ſie, in ſuͤſſer Harmonie, die Quell der Harmonie beſingen.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Dem Ewig-ſeelgen, Unbegraͤnzten, und All-erfuͤllenden</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Verſtand</hi> </l><lb/> <l>Sind alle Tiefen, alle Hoͤhen, Zeit, Ewigkeit und Raum</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">bekannt.</hi> </l><lb/> <l>Aus Seinem Wollen blos entſtehn der Engel und der Men-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchen Weſen,</hi> </l><lb/> <l>Samt der Geſchoͤpfe Heer, ſo hier zu ſo verſchiednem Rang</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">erleſen.</hi> </l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0027]
Der bekannte und unbekannte GOtt.
Die dunklen dick-verwachsnen Waͤlder, erfuͤllt mit einem
heilgen Grauen,
Und kurz: Was in der ſchoͤnen Welt ſo ſchoͤn, ſo angenehm,
beſchauen!
Jndem wir aber dieſe Schoͤnheit, die endlich, mit Ver-
nunft beſehn;
Was hindert uns, daß ſolche Wunder ſich unſrer Seelen
nicht bemeiſtern?
Warum laͤſt unſer Geiſt ſich nicht, durch aller Geiſter Geiſt,
begeiſtern,
Der aller Wunder Quell und Urſprung? Ein All-befaſſend
Weſen iſt
Das Weſen, das die Weſen ſchuff, die Macht, die dieſe
Welt formiret,
Die ſie hervorgebracht, geſchmuͤckt, belebt, in Ordnung haͤlt,
regieret,
Den Grund derſelben in ſich hegt, die Abſicht und die Daur
ermißt.
Durch Den die Ordnung aus dem Chaos, das Seyn von al-
lem, was vorhanden,
Die Harmonie in der Natur, ja ſelber die Natur, entſtanden.
So laß denn ſelbſt von der Natur ein allgemeines Lied
erklingen,
Laß ſie, in ſuͤſſer Harmonie, die Quell der Harmonie beſingen.
Dem Ewig-ſeelgen, Unbegraͤnzten, und All-erfuͤllenden
Verſtand
Sind alle Tiefen, alle Hoͤhen, Zeit, Ewigkeit und Raum
bekannt.
Aus Seinem Wollen blos entſtehn der Engel und der Men-
ſchen Weſen,
Samt der Geſchoͤpfe Heer, ſo hier zu ſo verſchiednem Rang
erleſen.
Es
A 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |