Das Heer der weiß beschäumten Wellen erhebet, wallet, bäumet sich, Es macht ihr Weiß die dunkle Fläche des Meers noch eins so fürchterlich. Die Stoß- und Wirbel-Winde rasen, der strenge West, den rauhe Nord Zerbrechen auch den stärksten Mast, ja reissen ganze Schiffe fort. Dann ruft er, aus der innern Seelen, der Wind und Wel- len Herrscher an. Die Allmacht spricht. Jm Augenblick ist es mit ihrer Wut gethan. Es bebt das Heer der wilden Winde, der Stürme Schaa- ren hören Jhn. Sein Wollen treibt sie aus einander, die Luft wird hell, die Wolken fliehn, Da denn so gleich, durch GOtt gezähmt, die stolzen Wellen schnell sich lenken, Und, ohne Brausen, Zorn und Schaum in ihre vor'ge Tiefen senken.
Jn diesen Wundern ganz vertieft, in den Betrachtungen versenkt, Werd ich von neuen überführt, daß man nie würdiger ge- denkt Von Gott, nach Sein- und unserm Wesen, als daß wir hier in Seinen Werken, Ohn alles Grüblen und Verketzern, Sein Daseyn, in Bewundrung, merken. Ein mehrers ist uns hier verborgen, ein mehrers scheint uns nicht erlaubt, Als daß man das Vollkommenste von Jhm in Lieb und Ehrfurcht glaubt.
Es
Der bekannte und unbekannte GOtt.
Das Heer der weiß beſchaͤumten Wellen erhebet, wallet, baͤumet ſich, Es macht ihr Weiß die dunkle Flaͤche des Meers noch eins ſo fuͤrchterlich. Die Stoß- und Wirbel-Winde raſen, der ſtrenge Weſt, den rauhe Nord Zerbrechen auch den ſtaͤrkſten Maſt, ja reiſſen ganze Schiffe fort. Dann ruft er, aus der innern Seelen, der Wind und Wel- len Herrſcher an. Die Allmacht ſpricht. Jm Augenblick iſt es mit ihrer Wut gethan. Es bebt das Heer der wilden Winde, der Stuͤrme Schaa- ren hoͤren Jhn. Sein Wollen treibt ſie aus einander, die Luft wird hell, die Wolken fliehn, Da denn ſo gleich, durch GOtt gezaͤhmt, die ſtolzen Wellen ſchnell ſich lenken, Und, ohne Brauſen, Zorn und Schaum in ihre vor’ge Tiefen ſenken.
Jn dieſen Wundern ganz vertieft, in den Betrachtungen verſenkt, Werd ich von neuen uͤberfuͤhrt, daß man nie wuͤrdiger ge- denkt Von Gott, nach Sein- und unſerm Weſen, als daß wir hier in Seinen Werken, Ohn alles Gruͤblen und Verketzern, Sein Daſeyn, in Bewundrung, merken. Ein mehrers iſt uns hier verborgen, ein mehrers ſcheint uns nicht erlaubt, Als daß man das Vollkommenſte von Jhm in Lieb und Ehrfurcht glaubt.
Es
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Der bekannte und unbekannte GOtt.
Das Heer der weiß beſchaͤumten Wellen erhebet, wallet,
baͤumet ſich,
Es macht ihr Weiß die dunkle Flaͤche des Meers noch eins
ſo fuͤrchterlich.
Die Stoß- und Wirbel-Winde raſen, der ſtrenge Weſt, den
rauhe Nord
Zerbrechen auch den ſtaͤrkſten Maſt, ja reiſſen ganze Schiffe
fort.
Dann ruft er, aus der innern Seelen, der Wind und Wel-
len Herrſcher an.
Die Allmacht ſpricht. Jm Augenblick iſt es mit ihrer Wut
gethan.
Es bebt das Heer der wilden Winde, der Stuͤrme Schaa-
ren hoͤren Jhn.
Sein Wollen treibt ſie aus einander, die Luft wird hell, die
Wolken fliehn,
Da denn ſo gleich, durch GOtt gezaͤhmt, die ſtolzen Wellen
ſchnell ſich lenken,
Und, ohne Brauſen, Zorn und Schaum in ihre vor’ge Tiefen
ſenken.
Jn dieſen Wundern ganz vertieft, in den Betrachtungen
verſenkt,
Werd ich von neuen uͤberfuͤhrt, daß man nie wuͤrdiger ge-
denkt
Von Gott, nach Sein- und unſerm Weſen, als daß wir
hier in Seinen Werken,
Ohn alles Gruͤblen und Verketzern, Sein Daſeyn, in
Bewundrung, merken.
Ein mehrers iſt uns hier verborgen, ein mehrers ſcheint
uns nicht erlaubt,
Als daß man das Vollkommenſte von Jhm in Lieb und
Ehrfurcht glaubt.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/30>, abgerufen am 21.11.2024.
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