Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Vier besondere Wunder Jn stiller Majestät vorbey, mit sanftem Zug vorübe[r] fliessen, Und sich nicht fern von diesem Ort ins unbegrenzte Mee[r] ergiessen; Bald aber, menschlicher Vernunft zum Wunder, wieder rückwerts gehn, Und, durch den strengen Drang der Fluht, sich wieder aus der Tief' erhöhn, Um gleichsam, so von West- als Osten, von tausend, tau- send raren Dingen Die Schätze der entlegnen Reiche, o wehrtes Hamburg! dir zu bringen; Die ich denn, von der Luft gefärbt, bald klar und lieblich dunkel-blau, Bald, von der Sonnen Glanz beschienen, als wie ein flies- send Silber schau. Wenn ich vom grossen Wasser-Cörper, so die nicht abzu- sehnde Breite, Als auch nicht abzusehnde Länge, so kaum zu zählnde Mei- len lang, Den prächtig- majestätisch- sanften beständig- unbeständ- gen Gang, Desselben Tiefen, seine Bürger, die uns ernähren, samt der Weite, Mit menschlichen, nicht viehschen, Augen betracht', erweg' und überseh; Erheb ich billig aus der Tiefe den Geist, voll Ehrfurcht, in die Höh, Und opfre Dem, Der alles schuff, ein Herz, das von Ver- wundrung voll, Ja, durch der Wunder Größ' und Menge, von Lust und Ehrfurcht so erfüllt, Daß
Vier beſondere Wunder Jn ſtiller Majeſtaͤt vorbey, mit ſanftem Zug voruͤbe[r] flieſſen, Und ſich nicht fern von dieſem Ort ins unbegrenzte Mee[r] ergieſſen; Bald aber, menſchlicher Vernunft zum Wunder, wieder ruͤckwerts gehn, Und, durch den ſtrengen Drang der Fluht, ſich wieder aus der Tief’ erhoͤhn, Um gleichſam, ſo von Weſt- als Oſten, von tauſend, tau- ſend raren Dingen Die Schaͤtze der entlegnen Reiche, o wehrtes Hamburg! dir zu bringen; Die ich denn, von der Luft gefaͤrbt, bald klar und lieblich dunkel-blau, Bald, von der Sonnen Glanz beſchienen, als wie ein flieſ- ſend Silber ſchau. Wenn ich vom groſſen Waſſer-Coͤrper, ſo die nicht abzu- ſehnde Breite, Als auch nicht abzuſehnde Laͤnge, ſo kaum zu zaͤhlnde Mei- len lang, Den praͤchtig- majeſtaͤtiſch- ſanften beſtaͤndig- unbeſtaͤnd- gen Gang, Deſſelben Tiefen, ſeine Buͤrger, die uns ernaͤhren, ſamt der Weite, Mit menſchlichen, nicht viehſchen, Augen betracht’, erweg’ und uͤberſeh; Erheb ich billig aus der Tiefe den Geiſt, voll Ehrfurcht, in die Hoͤh, Und opfre Dem, Der alles ſchuff, ein Herz, das von Ver- wundrung voll, Ja, durch der Wunder Groͤß’ und Menge, von Luſt und Ehrfurcht ſo erfuͤllt, Daß
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Vier beſondere Wunder
Jn ſtiller Majeſtaͤt vorbey, mit ſanftem Zug voruͤber
flieſſen,
Und ſich nicht fern von dieſem Ort ins unbegrenzte Meer
ergieſſen;
Bald aber, menſchlicher Vernunft zum Wunder, wieder
ruͤckwerts gehn,
Und, durch den ſtrengen Drang der Fluht, ſich wieder aus
der Tief’ erhoͤhn,
Um gleichſam, ſo von Weſt- als Oſten, von tauſend, tau-
ſend raren Dingen
Die Schaͤtze der entlegnen Reiche, o wehrtes Hamburg!
dir zu bringen;
Die ich denn, von der Luft gefaͤrbt, bald klar und lieblich
dunkel-blau,
Bald, von der Sonnen Glanz beſchienen, als wie ein flieſ-
ſend Silber ſchau.
Wenn ich vom groſſen Waſſer-Coͤrper, ſo die nicht abzu-
ſehnde Breite,
Als auch nicht abzuſehnde Laͤnge, ſo kaum zu zaͤhlnde Mei-
len lang,
Den praͤchtig- majeſtaͤtiſch- ſanften beſtaͤndig- unbeſtaͤnd-
gen Gang,
Deſſelben Tiefen, ſeine Buͤrger, die uns ernaͤhren, ſamt
der Weite,
Mit menſchlichen, nicht viehſchen, Augen betracht’, erweg’
und uͤberſeh;
Erheb ich billig aus der Tiefe den Geiſt, voll Ehrfurcht,
in die Hoͤh,
Und opfre Dem, Der alles ſchuff, ein Herz, das von Ver-
wundrung voll,
Ja, durch der Wunder Groͤß’ und Menge, von Luſt und
Ehrfurcht ſo erfuͤllt,
Daß
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