Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Zum Walde.
La Solitaire.
Ein vergnüglich holder Schauer, den man meist in
Grotten kennet,
Dessen kühlen Druck man fühlen, aber nicht beschreiben
kann,
Tritt, beym Eintritt in die Laube, die man Solitaire nennet,
Und an dunkler Einsamkeit sich den Grotten gleicht, uns
an.
Der verwachs'nen Zweige Menge zeugt hier eine grüne
Nacht,
Welche der geschloßne Bogen dunkler und doch schöner
macht.
Wenn wir hier mit, durch die Schatten recht gestärkten,
Augen sitzen,
Und durch die verschränkte Dicke der belaubten Bäume
seh'n,
Wie zuweilen kleine Strahlen an bemooßte Stämme blitzen,
Alle dunkle Schatten trennen, und, durch sie, noch einst
so schön,
Durch den Gegensatz erhaben, recht wie kleine Lichter
steh'n;
Wird es in der Seelen helle. Dieser schönen Lichter
Schein
Senkt sich in das Jnnerste der gerührten Brust hinein,
Und erleuchtet so den Geist, daß er sich zum Schöpfer
lenket,
Jn nur Jhm ergebner Ehrfurcht: Daß nur Er uns alles
schenket,
Daß Er aller Schönheit Quelle, voller Dank-Begierde,
denket,
Welches
Z 3
Zum Walde.
La Solitaire.
Ein vergnuͤglich holder Schauer, den man meiſt in
Grotten kennet,
Deſſen kuͤhlen Druck man fuͤhlen, aber nicht beſchreiben
kann,
Tritt, beym Eintritt in die Laube, die man Solitaire nennet,
Und an dunkler Einſamkeit ſich den Grotten gleicht, uns
an.
Der verwachſ’nen Zweige Menge zeugt hier eine gruͤne
Nacht,
Welche der geſchloßne Bogen dunkler und doch ſchoͤner
macht.
Wenn wir hier mit, durch die Schatten recht geſtaͤrkten,
Augen ſitzen,
Und durch die verſchraͤnkte Dicke der belaubten Baͤume
ſeh’n,
Wie zuweilen kleine Strahlen an bemooßte Staͤmme blitzen,
Alle dunkle Schatten trennen, und, durch ſie, noch einſt
ſo ſchoͤn,
Durch den Gegenſatz erhaben, recht wie kleine Lichter
ſteh’n;
Wird es in der Seelen helle. Dieſer ſchoͤnen Lichter
Schein
Senkt ſich in das Jnnerſte der geruͤhrten Bruſt hinein,
Und erleuchtet ſo den Geiſt, daß er ſich zum Schoͤpfer
lenket,
Jn nur Jhm ergebner Ehrfurcht: Daß nur Er uns alles
ſchenket,
Daß Er aller Schoͤnheit Quelle, voller Dank-Begierde,
denket,
Welches
Z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0375" n="357"/>
              <fw place="top" type="header">Zum Walde.</fw><lb/>
              <lg type="poem">
                <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#aq">La Solitaire.</hi> </hi> </head><lb/>
                <l>Ein vergnu&#x0364;glich holder Schauer, den man mei&#x017F;t in</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Grotten kennet,</hi> </l><lb/>
                <l>De&#x017F;&#x017F;en ku&#x0364;hlen Druck man fu&#x0364;hlen, aber nicht be&#x017F;chreiben</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">kann,</hi> </l><lb/>
                <l>Tritt, beym Eintritt in die Laube, die man <hi rendition="#aq">Solitaire</hi> nennet,</l><lb/>
                <l>Und an dunkler Ein&#x017F;amkeit &#x017F;ich den Grotten gleicht, uns</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">an.</hi> </l><lb/>
                <l>Der verwach&#x017F;&#x2019;nen Zweige Menge zeugt hier eine gru&#x0364;ne</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Nacht,</hi> </l><lb/>
                <l>Welche der ge&#x017F;chloßne Bogen dunkler und doch &#x017F;cho&#x0364;ner</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">macht.</hi> </l><lb/>
                <l>Wenn wir hier mit, durch die Schatten recht ge&#x017F;ta&#x0364;rkten,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Augen &#x017F;itzen,</hi> </l><lb/>
                <l>Und durch die ver&#x017F;chra&#x0364;nkte Dicke der belaubten Ba&#x0364;ume</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;eh&#x2019;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Wie zuweilen kleine Strahlen an bemooßte Sta&#x0364;mme blitzen,</l><lb/>
                <l>Alle dunkle Schatten trennen, und, durch &#x017F;ie, noch ein&#x017F;t</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n,</hi> </l><lb/>
                <l>Durch den Gegen&#x017F;atz erhaben, recht wie kleine Lichter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;teh&#x2019;n;</hi> </l><lb/>
                <l>Wird es in der Seelen helle. Die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen Lichter</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">Schein</hi> </l><lb/>
                <l>Senkt &#x017F;ich in das Jnner&#x017F;te der geru&#x0364;hrten Bru&#x017F;t hinein,</l><lb/>
                <l>Und erleuchtet &#x017F;o den Gei&#x017F;t, daß er &#x017F;ich zum Scho&#x0364;pfer</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">lenket,</hi> </l><lb/>
                <l>Jn nur Jhm ergebner Ehrfurcht: Daß nur Er uns alles</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chenket,</hi> </l><lb/>
                <l>Daß Er aller Scho&#x0364;nheit Quelle, voller Dank-Begierde,</l><lb/>
                <l> <hi rendition="#et">denket,</hi> </l><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig">Z 3</fw>
                <fw place="bottom" type="catch">Welches</fw><lb/>
              </lg>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[357/0375] Zum Walde. La Solitaire. Ein vergnuͤglich holder Schauer, den man meiſt in Grotten kennet, Deſſen kuͤhlen Druck man fuͤhlen, aber nicht beſchreiben kann, Tritt, beym Eintritt in die Laube, die man Solitaire nennet, Und an dunkler Einſamkeit ſich den Grotten gleicht, uns an. Der verwachſ’nen Zweige Menge zeugt hier eine gruͤne Nacht, Welche der geſchloßne Bogen dunkler und doch ſchoͤner macht. Wenn wir hier mit, durch die Schatten recht geſtaͤrkten, Augen ſitzen, Und durch die verſchraͤnkte Dicke der belaubten Baͤume ſeh’n, Wie zuweilen kleine Strahlen an bemooßte Staͤmme blitzen, Alle dunkle Schatten trennen, und, durch ſie, noch einſt ſo ſchoͤn, Durch den Gegenſatz erhaben, recht wie kleine Lichter ſteh’n; Wird es in der Seelen helle. Dieſer ſchoͤnen Lichter Schein Senkt ſich in das Jnnerſte der geruͤhrten Bruſt hinein, Und erleuchtet ſo den Geiſt, daß er ſich zum Schoͤpfer lenket, Jn nur Jhm ergebner Ehrfurcht: Daß nur Er uns alles ſchenket, Daß Er aller Schoͤnheit Quelle, voller Dank-Begierde, denket, Welches Z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/375
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/375>, abgerufen am 01.06.2024.