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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.

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Der Schwahn.
Es ist nicht etwas leicht so schön,
Als wenn auf einer klaren Fluht,
Bestrahlet von der Sonnen-Gluht,
Die zwischen Schilf und Büschen glimmet,
Ein glänzend Heer von Schwahnen schwimmet.
So prächtig ist der Schwahn, daß seiner Glieder Pracht
Zum Schau-Gericht ihn oft gemacht.
Stellt man ihn denn nun todt, zur Pracht, uns vor die Augen;
Soll er denn, da ihn in der Welt
Der Schöpfer uns zur Schau gestellt,
Jm Leben noch vielmehr, zu seines Schöpfers Ehren,
Nicht unsre Lust, in der Betrachtung, mehren,
Und uns sein Schmuck nicht zu vergnügen taugen?
Mich rühret wenigstens von diesem schönen Thier
Der Anstand, seine Pracht und Zier,
Da ich es hier aufmerksam in der Nähe,
Und im beschilften Lust-Revier,
Mit einiger Erwegung, sehe.
Es läßt der Schwahn, im Reiche der Natur,
Durch seiner Glieder Bau, uns eine neue Spur
Von einer weisen Macht, die ihn formieret, sehn.
Könnt' eine solche Richtigkeit
Der unbeschreiblich schön gefügten Glieder,
Die reizende Beschaffenheit
Von seinen Wendungen, sein glänzendes Gefieder
Wohl von sich selbst, von ohngefehr, entstehn?
Der Unschuld weisser Schmuck, in welchen er sich kleidet,
Verschränkt in ihm auch einen sanften Geist,
Da er kein anders Thier, wie die Erfahrung weist,
Verletzet noch beneidet;
Ja, da er uns nicht nur ergötzet,
Und stets, wenn man ihn sieht, uns in Verwundrung setzet;
Nein,
Der Schwahn.
Es iſt nicht etwas leicht ſo ſchoͤn,
Als wenn auf einer klaren Fluht,
Beſtrahlet von der Sonnen-Gluht,
Die zwiſchen Schilf und Buͤſchen glimmet,
Ein glaͤnzend Heer von Schwahnen ſchwimmet.
So praͤchtig iſt der Schwahn, daß ſeiner Glieder Pracht
Zum Schau-Gericht ihn oft gemacht.
Stellt man ihn denn nun todt, zur Pracht, uns vor die Augen;
Soll er denn, da ihn in der Welt
Der Schoͤpfer uns zur Schau geſtellt,
Jm Leben noch vielmehr, zu ſeines Schoͤpfers Ehren,
Nicht unſre Luſt, in der Betrachtung, mehren,
Und uns ſein Schmuck nicht zu vergnuͤgen taugen?
Mich ruͤhret wenigſtens von dieſem ſchoͤnen Thier
Der Anſtand, ſeine Pracht und Zier,
Da ich es hier aufmerkſam in der Naͤhe,
Und im beſchilften Luſt-Revier,
Mit einiger Erwegung, ſehe.
Es laͤßt der Schwahn, im Reiche der Natur,
Durch ſeiner Glieder Bau, uns eine neue Spur
Von einer weiſen Macht, die ihn formieret, ſehn.
Koͤnnt’ eine ſolche Richtigkeit
Der unbeſchreiblich ſchoͤn gefuͤgten Glieder,
Die reizende Beſchaffenheit
Von ſeinen Wendungen, ſein glaͤnzendes Gefieder
Wohl von ſich ſelbſt, von ohngefehr, entſtehn?
Der Unſchuld weiſſer Schmuck, in welchen er ſich kleidet,
Verſchraͤnkt in ihm auch einen ſanften Geiſt,
Da er kein anders Thier, wie die Erfahrung weiſt,
Verletzet noch beneidet;
Ja, da er uns nicht nur ergoͤtzet,
Und ſtets, wenn man ihn ſieht, uns in Verwundrung ſetzet;
Nein,
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[397/0415] Der Schwahn. Es iſt nicht etwas leicht ſo ſchoͤn, Als wenn auf einer klaren Fluht, Beſtrahlet von der Sonnen-Gluht, Die zwiſchen Schilf und Buͤſchen glimmet, Ein glaͤnzend Heer von Schwahnen ſchwimmet. So praͤchtig iſt der Schwahn, daß ſeiner Glieder Pracht Zum Schau-Gericht ihn oft gemacht. Stellt man ihn denn nun todt, zur Pracht, uns vor die Augen; Soll er denn, da ihn in der Welt Der Schoͤpfer uns zur Schau geſtellt, Jm Leben noch vielmehr, zu ſeines Schoͤpfers Ehren, Nicht unſre Luſt, in der Betrachtung, mehren, Und uns ſein Schmuck nicht zu vergnuͤgen taugen? Mich ruͤhret wenigſtens von dieſem ſchoͤnen Thier Der Anſtand, ſeine Pracht und Zier, Da ich es hier aufmerkſam in der Naͤhe, Und im beſchilften Luſt-Revier, Mit einiger Erwegung, ſehe. Es laͤßt der Schwahn, im Reiche der Natur, Durch ſeiner Glieder Bau, uns eine neue Spur Von einer weiſen Macht, die ihn formieret, ſehn. Koͤnnt’ eine ſolche Richtigkeit Der unbeſchreiblich ſchoͤn gefuͤgten Glieder, Die reizende Beſchaffenheit Von ſeinen Wendungen, ſein glaͤnzendes Gefieder Wohl von ſich ſelbſt, von ohngefehr, entſtehn? Der Unſchuld weiſſer Schmuck, in welchen er ſich kleidet, Verſchraͤnkt in ihm auch einen ſanften Geiſt, Da er kein anders Thier, wie die Erfahrung weiſt, Verletzet noch beneidet; Ja, da er uns nicht nur ergoͤtzet, Und ſtets, wenn man ihn ſieht, uns in Verwundrung ſetzet; Nein,

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen07_1743/415>, abgerufen am 16.07.2024.