Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 7. Hamburg, 1743.Der Apfel-Baum. Als wenn der Baum, beschwehrt von seiner Kinder Last, Mir, durch jedweden Zweig, durch jeden krummen Ast, Zu sagen schien: Erleichtre mich, Jch trug die Bürde nun schon lange gnug für dich. Es wurden denn so gleich viel' Körb' herbeygebracht, Der Gärtner kletterte den Baum hinauf, Die Kinder stunden allzuhauf, Mit über sich gekehrtem Blick, bedacht, Den baldigen gehofften süssen Regen Mit vieler Emsigkeit zu sammlen, wie sie pflegen, Und oft die schönsten sich einander abzutauschen. Kaum hieß es nun: nur zu; als ein gewaltig Rauschen Jm Wipfel erst entstand, Und gleich fast auf einmahl Ein starker Apfel-Sturm von oben in den Sand Herab stürzt, deren grosse Zahl, Nach ihrer Schwehre Grad, ein starkes Prasseln machte, Die grossen trafen früh, die kleinen spät den Grund, Viel' Blätter, die theils grün, theils bunt, So auch das Schütteln mit herunter brachte, Gelangten, weil sie leicht, am spätsten erst herab, Und cirkelten sich in der Luft umher, Vergrösserten dadurch die Lust um desto mehr, Weil es ein frohes Anseh'n gab, Durch ihr sich wirbelndes und sinkendes Bewegen, Von einem bunt-gefärbten Regen. Jch stand, und sahe dieß, mit Lust und Andacht, an, Und dachte, recht gerührt, als ich mich recht besann: "Was erstlich dem Gesicht allein- "Muß itzt ein holder Vorwurf seyn Auch
Der Apfel-Baum. Als wenn der Baum, beſchwehrt von ſeiner Kinder Laſt, Mir, durch jedweden Zweig, durch jeden krummen Aſt, Zu ſagen ſchien: Erleichtre mich, Jch trug die Buͤrde nun ſchon lange gnug fuͤr dich. Es wurden denn ſo gleich viel’ Koͤrb’ herbeygebracht, Der Gaͤrtner kletterte den Baum hinauf, Die Kinder ſtunden allzuhauf, Mit uͤber ſich gekehrtem Blick, bedacht, Den baldigen gehofften ſuͤſſen Regen Mit vieler Emſigkeit zu ſammlen, wie ſie pflegen, Und oft die ſchoͤnſten ſich einander abzutauſchen. Kaum hieß es nun: nur zu; als ein gewaltig Rauſchen Jm Wipfel erſt entſtand, Und gleich faſt auf einmahl Ein ſtarker Apfel-Sturm von oben in den Sand Herab ſtuͤrzt, deren groſſe Zahl, Nach ihrer Schwehre Grad, ein ſtarkes Praſſeln machte, Die groſſen trafen fruͤh, die kleinen ſpaͤt den Grund, Viel’ Blaͤtter, die theils gruͤn, theils bunt, So auch das Schuͤtteln mit herunter brachte, Gelangten, weil ſie leicht, am ſpaͤtſten erſt herab, Und cirkelten ſich in der Luft umher, Vergroͤſſerten dadurch die Luſt um deſto mehr, Weil es ein frohes Anſeh’n gab, Durch ihr ſich wirbelndes und ſinkendes Bewegen, Von einem bunt-gefaͤrbten Regen. Jch ſtand, und ſahe dieß, mit Luſt und Andacht, an, Und dachte, recht geruͤhrt, als ich mich recht beſann: “Was erſtlich dem Geſicht allein- „Muß itzt ein holder Vorwurf ſeyn Auch
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Der Apfel-Baum.
Als wenn der Baum, beſchwehrt von ſeiner Kinder Laſt,
Mir, durch jedweden Zweig, durch jeden krummen Aſt,
Zu ſagen ſchien: Erleichtre mich,
Jch trug die Buͤrde nun ſchon lange gnug fuͤr dich.
Es wurden denn ſo gleich viel’ Koͤrb’ herbeygebracht,
Der Gaͤrtner kletterte den Baum hinauf,
Die Kinder ſtunden allzuhauf,
Mit uͤber ſich gekehrtem Blick, bedacht,
Den baldigen gehofften ſuͤſſen Regen
Mit vieler Emſigkeit zu ſammlen, wie ſie pflegen,
Und oft die ſchoͤnſten ſich einander abzutauſchen.
Kaum hieß es nun: nur zu; als ein gewaltig Rauſchen
Jm Wipfel erſt entſtand,
Und gleich faſt auf einmahl
Ein ſtarker Apfel-Sturm von oben in den Sand
Herab ſtuͤrzt, deren groſſe Zahl,
Nach ihrer Schwehre Grad, ein ſtarkes Praſſeln machte,
Die groſſen trafen fruͤh, die kleinen ſpaͤt den Grund,
Viel’ Blaͤtter, die theils gruͤn, theils bunt,
So auch das Schuͤtteln mit herunter brachte,
Gelangten, weil ſie leicht, am ſpaͤtſten erſt herab,
Und cirkelten ſich in der Luft umher,
Vergroͤſſerten dadurch die Luſt um deſto mehr,
Weil es ein frohes Anſeh’n gab,
Durch ihr ſich wirbelndes und ſinkendes Bewegen,
Von einem bunt-gefaͤrbten Regen.
Jch ſtand, und ſahe dieß, mit Luſt und Andacht, an,
Und dachte, recht geruͤhrt, als ich mich recht beſann:
“Was erſtlich dem Geſicht allein-
„Muß itzt ein holder Vorwurf ſeyn
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